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2394 Nichtamtlicher Theil. üt- 138, 18, Juni, um 1465 gedruckte Bibel 4 I'Ii bleuere aber 56 Zeilen in jeder Spalte, Eine ähnliche Steigerung zeigen die Donatansgaben: 27, 30,35 Zeilen, indem Schöffer'z Ausgabe (um 1487) 37zeilig ist. Zu den I454nndI455gedruckten Ablaßbriefen —NicolausV, hatte 1451 zur Unterstützung des Königreichs Cypern gegen die Türken einen allgemeinen Ablaß bewilligt — verwandte Gutenberg bereits zwei Schriftgattungen, und zwar sind von den erhaltenen 23 Exemplaren 4 mit einer großen Donattype, 19 aber mit einer kleineren in keinem anderen Werk wiedergefnndcnen Type gedruckt. In direktem Zusammenhang mit der Veranlassung des Ablaß handels steht die Erscheinung des ersten gedruckten Buches mit einer Jahreszahl: „Eyn manung der cristenheit Widder die durken" (1454), Solche Ephemeriden waren aber jedenfalls nur Neben dinge, und sie beschäftigten besonders die ersten Zöglinge in Guten- bcrg's Osficin, Ein zweites typographisches Riesenwerk, angemessen dem Genie, welches die neue Kunst erfand, ging nun seiner Vollendung entgegen: es war die 42 zeitige Bibel, ein Meisterwerk der jugendlichen Kunst, zugleich aber ihres Meisters Unglück, Man kann als sicher an nehmen, daß Gutenberg die Auflage der Bibel zu niedrig be messen und das Unternehmen daher keinen finanziell günstigen Erfolg gehabt hatte, 1455 verklagte Fust Gutenberg, ihm 2026 Gulden zu erstatten, und Gutenberg verlor den Prozeß, wo durch selbstverständlich die Geschäftsverbindung Beider ein Ende erreichte, Ihr endgültiges Abkommen ist nicht urkundlich zu er mitteln, aber aus der typographischen Bibliographie erhellt, daß seine ältesten Typen, die der 3Kzeiligen Bibel, das Eigenthum des Erfinders, daß aber die Typen der im Momente der Trennung wohl noch nicht ganz vollendeten 42zeiligen Bibel und auch der typographische Apparat der jcdensalls schon damals projectirten Aus gabe eines Psalterium im Besitze des Gläubigers Fast geblieben sind. Nach den vorliegenden Leistungen seiner großartigen Er findung konnte es Gutenberg nicht schwer fallen, für den ersten Geldschießer einen Nachfolger zu finden; cs war „der stadt Mentz psass und jurist" 0r, Hmnery, dem ebenfalls das Druckzeug als Unterpfand verschrieben wurde, Gutenberg machte ganz neue Typen und druckte damit zunächst zwei kleinere undatirte Schriften (von Ästtkasns äs Oraoovia und Tbomas äs Lguino), Außerdem aber brachte er mit den neuen Lettern in wenigen Jahren sein drittes Riesenwerk zu Stande, einen Folianten von 373 zweispaltig und eng gedruckten Blättern, Diese neue Leistung war die berühmte erste Ausgabe des Catholicon von Johannes von Balbus aus Genna, in dessen unsterblicher Schluß- schrist der Erfinder der typographischen Vervielfältigung selbst das Wort ergreift: „Unter dem Beistände des Höchsten, aus dessen Wink die Zungen der Kinder beredt werden und der oft den Kleinen offen bart, was er den Weisen verbirgt, ist dieses vortreffliche Buch »Catholicon« im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1560, in der guten Stadt Mainz rc, nicht vermittelst des Rohres, Griffels oder der Feder, sondern durch das wunderbare Zusammcnpasscn, Verhältniß und Gemeinmaß der Patronen und der Formen gedruckt und vollendet worden". Erhaben und schön. Und doch — hier zeigt sich von neuem das Tragische alles Großen der Weltgeschichte — Gutenberg, der durch seine Erfindung Goldminen entdeckt, er war nicht in der Lage, daß er sich selbst in der monumentalen Unter schrift des Catholicon ausdrücklich nennen konnte! Auch abgesehen von den uns nicht vollständig bekannten Bedingungen seines neuen Mainzer Kompagnons, denen er sich vielleicht hat fügen müssen, und von seinem Verhältniß der feindseligen Concurrenz-Firma Fnst-Schöffer gegenüber, sogar von Straßburg drohte Beschlag nahme, wenn sein Name die Produkte seiner Presse zu seinem Eigenthnm stempelte. Die landläufigen Ausreden: Gutenberg durfte als Edelmann von Geburt nicht öffentlich eine me chanische Kunst ausüben; er schwieg aus Bescheidenheit, er sah sich durch die typographischen Leistungen Schöffer's übertroffen und verdunkelt, sind bloß Kindereien, Seiner Thätigkeit in Mainz setzte die Einnahme und theil- weise Verwüstung dieser Stadt Ende October 1461 ein Ende, und er siedelte nach Eltville über, wo er zu Anfang des Jahres 1465 durch Adolf von Nassau in den Ruhestand versetzt, d, h, zum lebens länglichen Hofdienstmann angenommen wurde. Woher aber des Erfinders Ruhe, dem emsigen Betriebe der Schüler gegenüber? Die Sache ist psychologisch vollkommen ver ständlich, Bei dem Erfinder war das Zustandebringen der Erfindung Selbstzweck, Der Lösung des gestellten Problems, der Besiegung der Schwierigkeiten galt die Begeisterung, das ruhelose Ringen, das Opfer des eigenen Vermögens und der vielen Anleihen, Mitten im Siegeslauf hemmten die Schergen der Alltäglichkeit seinen Schritt, Gestört aber nicht gebrochen, machte er eine Schwenkung und erstürmte von neuem den Gipfel, Als er sein prophetisches Wort am Schlüsse des Catholicon gedruckt hatte, konnte er mit der inneren Selbstbefriedigung des Genius sagen: Es ist vollbracht! Für den Meister brauchte die Kunst nicht Gewerbe zu werden, das konnte er mit genialer Ueberlegenheit und geistaristokratischcr Vornehmheit den Schülern, den Gesellen überlassen. Den Sieg seiner folgenschweren That, — den Sieg der wundervoll zusaminen- passenden Patrizen und Matrizen über Rohr und Griffel und Feder, — Gillenberg hat ihn erlebt! Er sah nicht allein seine un mittelbaren Gehilfen wirksam in Mainz, Straßburg, Bamberg und Eltville, sondern er schaute noch die allgemeinere Verbreitung seiner Erfindung nach allen Richtungen durch die selbstverständlich weit zahlreicheren Zöglinge der betriebsamen und durchaus geschäfts mäßigen Fust-Schöffer'schen Buchdruckern, Unverheirathet und kinderlos starb der große Erfinder Anfangs 1468, Die Mainzer Patriziergeschlechter fanden fast ausnahmslos ihre Grabstätte in der Kirche des Dominikanerklosters, dessen früher bekanntes Todtenbuch 1876 von Bockenheimer wieder aufgesunden wurde. In dieser Kirche ließ die Familie Gensfleisch ihre Ange hörigen bestatten und war darum auch das Wappen der Gcnssleisch angebracht; das Grab des Erfinders befand sich unter der Kanzel und zeigte ebenfalls das Wappen der Gensfleisch, Das Kloster ging in der Nacht vom 20, aus den 21, Juli 1793, bei der Beschießung von Mainz durch die Franzosen, im Flammen aus, und die aus der gleichen Stelle errichtete Frnchthalle brannte 1875 ebenfalls ab, wodurch die Möglichkeit entstanden ist, den Platz zu ermitteln, wo die sterbliche Hülle des unsterblichen Meisters ruht. van der Linde bezeichnet cs als eine Aufgabe des neu er standenen Deutschen Reiches entweder in seiner politischen Haupt stadt Berlin, oder in seiner typographischen Hauptstadt Leipzig ein großartiges, alle Klcinkrämerei beschämendes Gutenbergmonument zu errichten; ein Denkmal aber, das verständlicher, eindringlicher und mächtiger redet, als Linde's geniales Buch wird Gutenberg nie gesetzt werden, und wir hoffen, daß der Buchhandel nicht nur mit dessen Inhalt sich aufs vollständigste vertraut machen, sondern auch für größtmögliche Verbreitung Sorge tragen wird. Hierauf hat ins besondere der kunstsinnige Verleger gerechtesten Anspruch, der nicht nur sich, sondern den ganzen deutschen Buchhandel ehrte, indem er in Drngnlin's Osficin dem Werke ein Gewand Herstellen ließ, das in jeder Weise dem gediegenen Inhalt entsprechend erscheint, 1-, Pcrsonalnachrichteii. Am 12, Juni verschied nach schweren Leiden Herr W, Beck, Theilhaber der C, H, Bcck'schen Buchhandlung in Nördlingen, im 58. Lebensjahre,