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rss, lg. November isir. Nichtamtlicher Teil. öSrs-M-,8 I. d. Lisch». S»chhalch-I. 1428S Der Verleger wirft dem Sortimenter geringe Leistungs fähigkeit und mangelndes Interesse vor und behauptet, daß er dadurch gezwungen sei, auf anderem Wege Absatz für seinen Verlag zu suchen. Das Sortiment hingegen beklagt sich über die Überproduktion des Verlages und vor allem auch über die Fabrikation von Dubletten, welche jetzt an der Tagesordnung ist, und für die eine Aufnahmefähigkeit beim Publikum fehlt. Sein Arbeitsfeld wird ihm immer mehr beschnitten. Waren häuser, Auchbuchhändler und leider auch der Verleger selbst machen ihm Konkurrenz und entfremden ihm seine Kund schaft durch tatsächliche oder scheinbare Unterbietungen, gegen die ihn auch der Börsenberein nicht schütze» kann. Eine ganz besondere Stelle nimmt hier das Angebot von Remittenden- Exeinplaren ein. Den äußere» Anlah zu meinem Referat gab ein kürz lich vom Kaufhaus des Westens in Berlin herausgegcbencr Katalog »Der elegante Leser«, welcher ein besonders krasses Beispiel für diesen Unfug bietet. Dieser Katalog enthält in der Hauptsache billige Angebote von Luxus- und Liebhaber ausgaben erster Verleger, und zwar, wie das Vorwort sagt, in sogenannten Remittcnden-Exemplaren. Er gibt somit einen schlagenden Beweis für eine leider immer mehr einreibende üble Gewohnheit einiger Verleger, die um eines augenblicklichen Vorteils willen den Glauben des Publikums an einen festen Ladenpreis im Buchhandel zer stören, den Sortimentsbuchhandel in Mißkredit bringen und zuletzt den Ruf ihrer eigenen Firmen schädigen. Um von vornherein der Erwiderung zu begegnen, daß ähnliche Angebote schon seit Jahren auch von regulären Sortimentsbuchhandlungen erfolgen, liegt es mir daran, zu nächst grundsätzlich den Unterschied zwischen Sortiments buchhandel und Warenhausbuchyandel sestzustellen. Als vor Jahren sich der Börsenverein entschloß, die Waren häuser als reguläre Buchhandlungen anzuerkennen, soweit sie sich zur Einhaltung der Satzungen verpflichten, geschah dies Wohl in der Überzeugung, daß man von zwei Übeln immer das weniger schlimme wählen soll. Als anerkannte Buch handlungen mutzten sich die Warenhäuser jedenfalls nach der Verkaufsordnung richten und reguläres Sortiment auch regu lär verkaufen. Das nicht anerkannte Warenhaus hätte nach wie vor keine Mittel gescheut, um seinen Bedarf an Büchern durch Hintermänner zu decken und ohne Rücksicht auf den Ladenpreis zum Schaden des Sortiments zu schleudern. Es würde über den Rahmen dieses Referats hinausgehen, wollte man erörtern, wer in diesem Kampf Sieger geblieben wäre. Man hatte im Börsenberein aber nicht genügend daran gedacht, daß das Buch als Marken-Artikel im kaufmännischen Sinne ganz besonders geeignet ist, die Billigkeit des Waren hauses dem Publikum vor Augen zu führen, sobald es gelingt, auf irgend eine Weise einzelne Exenchlare oder größere Posten zu erwerben, die nach der Verkaufsordnung ein billigeres An gebot zuläßt; und daß die Warenhäuser jeden Weg einschlagen würden, der sie zu dem gewünschten Ziel führte, war sicher. Nur konnte man bei der damaligen vornehmen Gesinnung des Verlagsbuchhandels nicht annehmen, daß gerade von dieser Seite den Warenhäusern Hilfe kommen würde. Solange sich die Verleger daraus beschränkten, Restauslagen von alten, wenig gangbaren Werken an die Warenhäuser zu verram schen und diese damit aus dem Buchhandel herauszuziehen, war vom rein kaufmännischen Standpunkt aus nichts dagegen einzuwendcn. Die Sachlage änderte sich aber mit dem Augen blick, wo der Verleger den Verlockungen des Warenhaus-Ein käufers nicht widerstehen konnte und Rcmitlcnden-Exemplare in größerem Matzstabe und Auflagen-Posten von Werken ver kaufte, die noch gleichzeitig zum vollen Preise durch das Sortiment vertrieben wurden. Und ganz besonders wenn BSHindtaN W dm Lmtlchm Buchhandel. 7»- gohr-aiU. er den Warenhäusern auf diesem Wege sogar Werke zuführte, deren Erscheinungsjahr nur kurze Zeit zurückliegt. An Beispielen hierfür fehlt es nicht. So enthält der vorliegende Katalog des Kaufhauses des Westens: 39 Werke aus dem Jahre 1908, 42 „ 1909, ü9 „ ,, , „ 1910, 63 „ „ „ 1911, 8 „ „ , „ 1912. Der Kunde, der erst vor wenigen Tagen bei seinem Buchhänd- ler den vollen Preis bezahlte, muß sich llbervortcilt fühlen, wenn er durch die regelmäßigen Anzeigen der Warenhäuser von dem billigen Angebot erfährt; und wenn es im günstig sten Falle dem Sortimenter gelingt, ihn von seiner Schuld- losigleit zu überzeugen, wird der Kunde in Zukunst bei Neu erscheinungen der in Frage kommenden Verleger von einem Ankauf absehen, er ist ja der Überzeugung, daß er bald tm Warenhaus vorteilhafter bedient wird. Mir ist der geschilderte Fall in meiner Praxis häufig begegnet, und ich zweifle nicht daran, daß andere Sortimenter das gleiche erzählen können. Die im Warenhaus angebotenen Exemplare weisen meist so geringe Schäden auf, daß man sie sogar zu Geschenkzwecken verwenden könnte, die Anschaffung für die eigene Bibliothek jedenfalls auch den anspruchsvollen Sammler nicht abschreckt. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, daß oft nicht die Scheu vor den Kosten der Instandsetzung durch den Buchbinder die Veranlassung war, diese Exemplare abzustoßen, bei der Häufigkeit derartiger Angebote drängte sich einem vielmehr die Überzeugung auf, daß die Möglichkeit eines Absatzes eines großen Teils der Auflage auf diesem Wege eine gewichtige Rvlle bei der Kalkulation gespielt hat. Nicht verschweigen möchte ich an dieser Stelle auch die übermäßige Produktion gewisser Firmen, für die ein Absatz zu regulären Preisen durch das Sortiment nicht zu erreichen ist. Welches aber auch die Gründe für diese Manipulation sein sollten, sie sind weder vornehm, noch kaufmännisch klug. Ein Fabrikant, der seine Abnehmer zwingt, Preise zu halten, könnte bald mit seinen Artikeln hausieren gehen, wenn er selbst die Hand zu Unterbietungen reicht. Und im Buch handel, der doch in der Zusammenarbeit von Verlag und Sortiment höhere Kulturaufgaben lösen Will, als ein Fabri- kant von Haarwasser und Putzcreme, sind derartige Zustände an der Tagesordnung. Dem Sortimenter wird häufig zum Vorwurf gemacht, daß er nicht genügend Kaufmann sei. Hier ist die Gelegenheit, dem Verleger das Gegenteil zu beweisen, indem wir geschlossen den betreffenden Herren erklären: wir wollen nichts mehr mit euch zu tun haben, es sei denn, daß ihr unsere Interessen respektiert. Ein derartig unklug han delnder Fabrikant ist sich schließlich aber nur selbst für die Folgen verantwortlich, während im Buchhandel bei Überhand- nahme dieser Unsitte der ganze Stand darunter leiden muß. Die Organisation des Buchhandels steht und fällt mit dem Ladenpreise, und jeder Standesgenosse, der diesen untergräbt, ist ein Feind nicht nur des Sortimenters, sondern auch des Verlegers. Die Ordnungen des Börsenvereins konnten sich im Kamps gegen die Schleuderet im Sortiment bewähren, da sie wir kungsvolle Mittel zu ihrer Durchführung enthalten. Der Ver leger, der sich böswillig oder aus mangelndem Verständnis für berechtigte Forderungen seiner Abnehmer abseits unserer Ordnungen stellt, ist schwerer zur Verantwortung zu ziehe». Die Ausschließung von der Benutzung des Börsenblattes trifft ihn nicht schwer, und einen hilfsbereiten Kommissionär wird er in Leipzig immer finden. Wenn es sich aber um Schädigungen handelt, die wie die hier besprochenen nicht unter die Paragraphen der Verkaufr- 1SS8