Volltext Seite (XML)
1, 2. Januar 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 11 zu berühren oder etwa diesen oder jenen Artikel aus den Organen der hauptstädtischen Presse abzudrucken. An vielen Orten, darunter auch in St. Petersburg, wurden Druckereien geschlossen und Bücherlager versiegelt. Das in St. Petersburg seit Januar 1906 erscheinende Blatt -L^loje« (Erlebtes) hat alle Maßregeln gegen die Presse während des Jahres 1906 systematisch verzeichnet: es kommen auf den Monat 78 bis 138 und auf alle registrierten 11 Monate zusammen 1108. Obgleich sich somit die Presse im allgemeinen unter sehr schwierigen Verhältnissen befand, so darf man bei einer Ver gleichung ihrer Lage in den Jahren 1906 und 1907 mit der in der Periode vor der Revolution doch sagen, daß sie immerhin freier ge worden ist. Wenn auch das Erscheinen sozialistischer Blätter nicht möglich ist, so werden doch sozialistische Bücher ziemlich frei heraus gegeben. Fortwährend erscheinen nicht nur Werke von Marx, Engels, Kautsky u. dergl., sondern auch von Plechanow, Axelrod, Wjera Sassulitsch, Lawrow, Stepnjak. Aus den Artikeln des sozialdemokratischen Blattes (Funke), das in den Jahren 1901 bis 1905 im Auslande erschien, ist eine Samm lung unter dem Titel -Vor zwei Jahren« herausgegeben worden. Was wissenschaftliche Werke von der Art betrifft wie das -Leben Jesu- von Renan oder Strauß, die in frühern Jahren streng verboten waren, so kann von ihrem Verbot oder ihrer Verfolgung jetzt keine Rede mehr sein. Zäher als die innere Zensur hat sich die Zensur der ausländischen Bücher erwiesen. Viele Monate, nachdem Renan, Strauß, Bebel u. a. schon in voll ständigen russischen Übersetzungen erschienen waren, zeigte es sich, daß ihre Bücher in den Originalen immer noch verboten waren. Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1906 fühlte auch die aus ländische Zensur den Druck des Lebens und erlaubte die ge nannten Bücher. Aber auch jetzt noch unterzieht sie alle aus dem Auslande neu eintreffenden Bücher einer Durchsicht, wobei sie die einen erlaubt, die andern verbietet. Uber die Tätigkeit der Zensur in der früheren Zeit führt Wodowosow noch einige neue Bücher an: W. Rosenberg und P. Jakuschin, -Russische Presse. Die Zensur in der Vergangenheit und Gegenwart« (russ. Moskau 1906); M. Lemke, -Die Epoche der russischen Zensurreformen 1859—65« (russ. Petersburg 1903); derselbe,-Skizzen zur Geschichte der russischen Zensur und Journa listik des 19. Jahrhunderts« (russ-, ebd. 1904). — Die neuen Ge setze über die Presse sind offiziell noch nicht kodifiziert, aber zu sammengestellt in einer Ausgabe der -?ranäa.- (Recht): -Gesetz geberische Urkunden der Übergangszeit, 1904-05« (russ., 2. Aufl., Petersburg 1907) und in der Broschüre von W. K. From, -Neue Gesetze über die Presse- (russ., Odessa 1906). Endlich sei noch ver zeichnet: S. R. Minzlow, -14 Monate Preßfreiheit, Bemerkungen eines Bibliographen« (in -UMjs-, 1907, Nr. 3). T. Pech. Kleine Mitteilungen. Der auswärtige Reichspostverkehr und die deutschen Postanstaiteu im Ausiande. — Aus dem Reichspostgebiet sind nach dem Ausland 267 264 430 Briefpostsendungen aller Art befördert worden, während vom Ausland 244 215 370 Stück ein gegangen sind. Dies ergibt bei einem Vergleich mit den entsprechenden Zahlen für das Jahr 1905 die beträchtliche Zu nahme von 27 Millionen abgegangenen und 25 Millionen ein gegangenen Briefsendungen. Erfahrungsgemäß handelt es sich bei der Korrespondenz mit dem Ausland überwiegend um den kauf männischen Verkehr; die erhebliche Zunahme des Austausches von Briefsendungen läßt deshalb darauf schließen, daß der deutsche Handel mit dem Auslande im weitern Aufblühen begriffen ist. Von ausländischen europäischen Staaten nahmen an diesem Austausch in beiden Richtungen teil: Belgien mit rund 24'/, Mil lionen Briefsendungen, Dänemark mit 10^/g Millionen, Frankreich mit 54 Millionen, Großbritannien und Irland mit 52'/, Mil lionen, Italien mit 15 Millionen, die Niederlande mit 33 Mil lionen, Norwegen mit 5^ Millionen, Österreich - Ungarn mit 151'/z Millionen, Rumänien mit 4'/, Millionen, Rußland mit 38l/g Millionen, Schweden mit 9 Millionen, Spanien mit 4^ Mil lionen. die Türkei mit 3 Millionen Vriefsendungen. Der Austausch mit Amerika beziffert sich auf 36'/, Mil lionen, wovon allein auf die Vereinigten Staaten 27 Millionen, auf Argentinien und Brasilien je 2 Millionen entfallen, derjenige mit Australien einschließlich der deutschen Schutzgebiete in der Südsee auf 1^/, Millionen, mit Afrika auf 17^/, Millionen, woran die deutschen Schutzgebiete in Ost- und Westafrika mit 14 Millionen beteiligt sind, endlich der Austausch von Briefsendungen mit Asien auf 7'/, Millionen, darunter jener mit China und Kiautschou auf 2'/, Millionen, mit Japan auf fast 1 Million. Im Postpaketverkehr sind 1906 nach überseeischen Ländern abgegangen: nach Asien 78 141 Postpakete, nach Afrika 178 506, nach Amerika 190 767, nach Australien 7078 Stück; dagegen sind eingegangen: aus Asien 21 236, aus Afrika 47 239, aus Amerika 49 749, aus Australien 2301 Stück. Überall ist die Anzahl der aus dem Reichspostgebiet abgesandten, vorwiegend aus Proben bestehenden kleinen Pakete erheblich höher gewesen als die Stück zahl der in Deutschland eingegangenen, was auf die fort- Auslande neue Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. — Vom Post paketverkehr mit europäischen Ländern ist derjenige mit Groß britannien hervorzuheben: es sind nach Großbritannien und Ir land 601550 Postpakete abgesandt worden und von da 333 060 doppelt soviel abgegangene wie angekommene Pakete. Zur Erleichterung des deutschen Handels und der Schiffahrt im Ausland hat die Reichspostverwaltung da, wo es notwendig und angängig war, reichseigne Po st an st alten eingerichtet. Deren bestehen zurzeit 31, und zwar in Marokko (Hauptamt Tanger) 12, in der Türkei (Hauptamt Konstantinopel) 5, in China (Hauptamt Schanghai) 14. Außerdem sind aber noch in den deutschen Schutzgebieten 128 reichseigne Postanstalten in Tätigkeit, und zwar in Deutsch-Ostafrika 34, in Deutsch - Südwestafrika 39, in Kamerun 25, in Togo 5, in Deutsch-Neuguinea 7, auf den Karolinen 3, auf den Marianen 1, auf den Marshall-Jnseln 1, auf Samoa 6, in Kiau tschou (Hauptamt Tsingtau) 7. Bei allen diesen Postanstalten ist ein Fachpersonal von 91 Beamten und 17 Unterbeamten außer vielen eingeborenen Aushilfskräften beschäftigt; die kleineren Post agenturen werden von Privatpersonen im Nebenamt verwaltet. (Deutscher Reichsanzeiger nach: »Statistik der Deutschen Reichspost- und Tele graphenverwaltung für das Kalenderjahr 1906-.) * GeschästSjubiläe«. — Das Jahr 1908 ist reich an Buch- Handlungsjubiläen. Eine große Reihe von Handlungen darf auf ein hohes, zum Teil sehr hohes Alter zurückblicken. Folgende dieser ehrwürdigen Firmen seien heute hier genannt: Cl. Attenkofer'sche Buchhandlung und Buchdruckerei in Straubing, gegründet 1558 (350 Jahre); U. E. Sebald, gegründet 1. Oktober 1658 (250 Jahre); Otto Thiele. Halle a. S., gegründet 1708 (200 Jahre); gart, gegründet 1758 (150 Jahre). Auf 100 Jahre blicken 12 Handlungen zurück. Es sind: Ferd. Dümmlers Buchhandlung (Edmund Stein), Berlin, Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin, A. Dupont (vormals Sülpkesche Buchhandlung), Amsterdam, G. I. Giegler's Buchhandlung (Hans Schondorf), Schweinfurt, N. I. Gumperts Vokhandel, Gotenburg, M. Kuppitsch Wwe., Arnold Schlesinger, Wien, Mainzer Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. vormals F. Kupfer berg, Mainz, Bohdan Melichar, Königgrätz, Paul Miller, Nachf. von Colin-Weiße, Saargemünd, G. Ricordi L Co., Leipzig, G. Ricordi L Co., Mailand, Joseph Williams, Ltd., London. Deutscher Buchdrucker-Bereirr. Abänderung des Organi sations-Vertrages. — Die Zeitschrift für Deutschlands Buch drucker (Nr. 52 vom 19. Dezember 1907) bringt folgende Bekanntmachung. Die Fassung des 8 4 des zwischen dem Deutschen Buchdrucker- Verein und dem Verband der Deutschen Buchdrucker abgeschlossenen Vertrags betreffend die Tarifgemeinschaft der Deutschen Buch- drucker hat in verschiedenen Kreisen eine gänzlich falsche Beur teilung gefunden, und es ist vielfach die irrtümliche Ansicht auf getaucht, als hätten die beiden vertragschließenden Vereine die 3*