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11882 «Irl-nil-t« 8 d. DtM. Vu4r-nd^ Mchtamtlicher Teil. .G 130, r. Oktober !olr. biger Anzahl zu beziehen, sofern sic nicht Vcrkaufszwecken dienen. > Die Bücher des Verbandes werden außerdem durch den Buch handel, sowie direkt au Interessenten nach bestimmtem Adressen- material vertrieben.« Ich möchte zunächst ganz kurz darauf Hinweisen, wie schwierig die Lage des Lektorcnkomitees ist, denn es ist klar, daß auch, wenn verhältnismäßig gutes Material vorliegt, nach Maßgabe der vorhandenen Mittel nur wenige Bücher im Jahr publiziert werden können. Ob die Auswahl von den nicht Berücksichtigten immer gebilligt werden wird? Und der Bucherfolg? Für uns Einzelverleger ist es sicherlich das schwierigste Problem, unsere künstlerische Bewertung eines Buches mit seiner prosaischen Rentabilität in Einklang zu bringen. Werden die Komiteemitglieder dazu in der Lage sein? Dagegen müssen die weiteren Ausführungen scharfen Widerspruch Hervorrufen. Die Gratisabgabe an die Mitglieder ist schließlich noch eine interne Angelegenheit, obgleich es gerade bei Schriftstellern nicht mehr nötig ist, auf solche Weise den Buchpreis zu entwerten. Viel gefährlicher erscheint mir aber die Bestimmung des Vorzugspreises für sämtliche Bücher an sämtliche Mitglieder. Soweit ich im Augenblick übersehen kann, würde auch an dieser Bestimmung die Anerkennung als buchhändlerisches Unternehmen überhaupt scheitern, da die einzelnen Genossenschaftsmitglieder doch keinesfalls als Buch händler gelten können. Jedenfalls glaube ich nicht, daß der Sortimentsbuchhandel sich besonders für Verlagsobjekte inter essieren wird, die zu Hunderten verschenkt, oder zum Vorzugs preis ausgegeben sind. Wenn ich so dem Verlagsprojekt skeptisch gegenüberstehc, so möchte ich doch einem Einwand begegnen: Konkurrenz- surcht liegt mir fern. Bei den Hunderten von Verlagsbetrieben kann man den einzelnen interesselos betrachten. Aber gerade wett ich in der Grundauffassung mit den jungen Schrift stellern Hand in Hand gehe, würde ich es bedauern, wenn durch diesen Versuch Mißverständnisse zwischen Autor und Buchhändler entständen. Daß auch bei den Männern des »Sprungbretts« diese Gesinnung herrscht, dafür birgt der Name eines der unsrigen unter dem Aufruf: Friedrich Fontane. So ist zu hoffen, daß auch diese Neugründung sich in Formen vollziehen wird, die den Mitgliedern Nutzen bringt, ohne beim Gesamtbuchhandel Anstoß zu erregen. Franz Ledermann. Stuttgarter Briefe. IV. (in stehe Nr. 175.) Mit der Festschrift »Die Neuen König!. Hof-Theater zu Stuttgart. Zur Weihe und bleibenden Erinnerung. Unter Förderung Sr. Exzellenz des General-Intendanten Baron Joachim zu Putlitz, sowie unter Mitwirkung hervorragender Persönlichkeiten des Theaterlebens« möge füglich unser heu tiger Brief beginnen. Für die Einrichtung und Schristleitung zeichnen Direktor Carl Esser und Redakteur Paul Wittko, die künstlerische Ausstattung rührt von Professor I. V. Cissarz her. Erschienen ist sie im Verlag des Neuen Tagblatts, den Debit für den Buchhandel besorgt Hofbuchhändler Herm.Wildt. Es ist nicht nur ein kleines Prachtwerk, das hier für 1.50 geboten wird, sondern auch ein wertvoller literarischer Beitrag zur deutschen Theatergeschichte, frei von allem Reklamehasten (trotz Jnseratcn-Anhangs), das man bei einem von einem Zeitungsverlag herausgegebenen Werke oft vermutet, sehr schön in der Tagblatt-Druckerei zweifarbig auf Kunstdruckpapier gedruckt, mit zahlreichen Abbildungen und mit wirklich inter essantem Inhalt, an dem sich die deutsche Schriststellerwelt zahlreich beteilig! hat. Selbstverständlich auch die Leute vom Bau: Baron zu Putlitz (für den im übrigen dieses stattliche Heft zu einer warmen Anerkennung seines großzügigen, dem demokratischen süddeutschen Gedanken entsprechenden libera len Wirkens wird), Adolf Gerstmann, Max Schillings, Ludwig Kaser u. a. Von dem früheren Lektor, jetzigen Hosbibliothekar Professor K. v. Stockmayer erfahren wir, dah im Laufe eines Jahres bei einer mittleren Hosbühne mindestens 450 neue Bühnenstücke eingehen, und daß sich von 250 Stücken, die der Lektor innerhalb einer gewissen Zeit habe lesen und schriftlich begutachten müssen, 195 als gänzlich unbrauchbar erwiesen haben. »Eine kleine Anzahl davon verdiente vielleicht die Mentiou bonorablw von Buchdramen, d. h. einer für Bühnen zwecke unmöglichen Gattung der Dichtkunst, die immerhin eine literarische Kultiviertheit des Verfassers zur Voraussetzung hat.« Eine ausführliche Inhaltsangabe muß ich mir versagen, aber es ist kein Lokalpatriotismus, wenn ich dieses reizvolle Buch allen theaterfreundlichen Kollegen warm für ihre eigene Bücherei empfehle. Das Neue Tagblatt hat mit dieser Fest schrift aufs neue sein Interesse für das Theater betätigt, das schon früher in den »Briefen aus der Bretterwelt« seines ein stigen Mitbesitzers und Chefredakteurs Adolph Müller-Palm einen literarischen Niederschlag gefunden hat. Seit dem 15. Sept. haben die prächtigen beiden Häuser, bei deren Autzen- architektur die alten Griechen Pate gestanden haben, ihre Pfor ten. geöffnet. Ob die Meinung Albert Bozenhards (der einst bei einem Wohltätigkeitsabend vor den Majestäten den Sher- lock Holmes spielte), daß Stücke wie eben dieser Sherlock Hol mes im neuen Haus nicht mehr erscheinen dürften, Verwirk lichung finden wird? Weiteres über diese schönsten Bauten, die Stuttgart jetzt aufzuweisen hat, haben die Tagesblätter ja zur Genüge gebracht. An der Stätte, wo bis 1902 der hochragende Bau des alten Hoftheaters stand, erhebt sich jetzt, noch im Werden be griffen, der Neubau des Stuttgarter Kunsthauses und Kunsl- ausstellungsgebäudes. Er wird im nächsten Jahre mit einer großen Kunstausstellung eröffnet werden. Trotz des großen Namens seines Erbauers Theodor Fischer kann sich die öffent liche Meinung mit diesem Neubau nicht recht befreunden, und der Volkswitz hat sich seiner in etwas betrüblicher Weise be mächtigt: er hat ihn zu einer Autogarage, einer Feuerwache, einem Schafstall und einem Hippodrom gestempelt, ja, in einer »Unterhaltung zweier Landleute« wird er wegen des auf der Kuppel angebrachten stattlichen goldenen Hirsches als neues Gasthaus »Zum goldenen Hirsch« bezeichnet. In Anbetracht der schwebenden Wasserfrage behauptet der Volkswitz, daß die ser Hirsch nach frischem Wasser schreie. Anläßlich der kom menden Ausstellung bereitet die Deutsche Verlags-Anstalt mit Unterstützung des Staates und zahlreicher Kunstfreunde ein Werk über die Stuttgarter Kunst der Gegenwart vor, das nach Presseberichten mit etwa 40 farbigen Abbildungen und Helio gravüren und einer großen Anzahl Textillustrationen ausge stattet und zu einem sehr mäßigen Preise abgegeben werden soll. Den Text werden Max Diez, Eugen Gradmann, Gustav Keytzner, Gustav E. Pazaurek, Heinrich Weizsäcker und Julius Baum verfassen; letzterer hat die Redaktion übernommen und Fragebogen an Künstler versandt. Da hier von der Kunst die Rede ist, so sei auch von einer kleinen »Kunstirrung« berichtet, der unsere Polizei zum Opfer fiel. Dort soll ein Schreiben eiugelaufen sein: »Es ist eine Schande für ganz Stuttgart, polizeiwidrig, wie Schaller in der Marienstraßc schamlose Bilder ausstellt.« Daraufhin' er scheint bei der hochangesehenen Kunsthandlung Schaller ein Fahndungswachtmeister und stellt fest, daß es sich um Michel angelos »Adam« und Giorgiones »Schlafende Venus« han delt. So berichtet die Presse.*) *> Vgl. hierzu auch die z. T. berichtigende» Ausführungen Dobskys in »Kunst und Kunsthandel« der Nr. 225. Red.