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280, 2, Oktober 1912, Künftig erscheinende Bücher, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 11705 G. Kaufmanns „Geschichte Deutschlands" in Volksausgabe Vas Werk beschäftigt sich nicht bloß mit Sen politischen Vorgängen, sonüern auch mit üer Ent wicklung öes geistigen Lebens. Ms Probe hierfür gebe ich eine Stelle saus öer Zeit nach Sem wiener Kongreß), Sie Sie Leser Sieses Slattes besonSers interessieren wirS: „Erschwert wurSen alle diese Verhältnisse üurch gewisse Mängel öer Gesetzgebung, üie in üer Sunüesvrrfassung Schutz fanöen. Schreiend traten ste hervor im Getriebe öes Suchhanöels, öer bei öer Seüeutung öes literarischen Lebens für üie nationale Entwickelung ganz besonüerer pflege beüurst hätte. Sie Gesetzgebung schützte in verschieüenen Gunüesstaaten üas schmähliche Gewerbe öes Nach- ürucks, wenn öer Raub nur an einem Auslänöer, also auch an üem Sürger eines anücren Sunüesstaates begangen war. Ms Frieörich Mnolü Srockhaus nach ungeheuren Mühen unü Opfern sein Kon versationslexikon ISIb in zweiter Auflage erschienen ließ unü nun öen Lohn seiner Arbeit zu genießen begann, druckte es Macklot in Stuttgart nicht nur nach, sondern üurste auf öen Titel setzen: „Mit König!. Württembergischer Allergnäüigster Genehmigung." Diese Tatsache charakterisiert öen rechtlosen Zustanü öes öamaligen Suchhanöels unü üie nieörige Auffassung -er üeutschen Regierungen, üie sich keineswegs öamit entschulöigcn konnten, öaß üie Zeit nun einmal so üenke. Venn üie ehrlichen Such- hänöler Württembergs urteilten auch üamals, öaß es eine Schanüe sei, von jener Erlaubnis Gebrauch zu machen, unü üie Iuristenfakultät in Halle sagte in einem Rechtsgutachten, öaß üas Nachürucken deutscher verlagswerke „zu öen unmoralischen unü ehrlosen Gewerben" gerechnet weröe, „öeren sich jeöer Wohlöenkenöe auch öa, wo ste nicht verboten oüer gar ausörücklich privilegiert stnö, enthalten soll". In üiesen Kämpfen unü in öen noch ärgerlicheren, in welche ste üie unberechenbare Willkür öer Zensur verwickelte, haben üie Männer, üie in jenen Jahrzehnten öen üeutschen Suchhanüel aus seine viel bewunderte höhe hoben, einen großen Teil ihrer Kraft verbrauchen müssen." Uber üie bisherige Ausgabe hat ein Historiker von Weltruf Heinrich ZrieSjung) rühmenS gesagt: „Ein Such, hinter üem eine markige, von lauterer Wahrheitsliebe erfüllte Persönlichkeit steht. Ieüe Zeile zeugt von üer Gesinnung öes Autors, üer als Serater unü Warner seines Volkes üessen Geschichte erzählen will . . . Seit etwa einem Menschenalter hielt sich üie freimütige, liberale Auf fassung üer Geschichte mehr in kühler, nüchterner vcrteiöigung, währenü Kaufmann wieüer auf einen Eroberungszug ausgeht unü öen gewaltigen Stoff üer üeutschen Geschichte des td. Jahrhunderts von seinem einheitlichen politischen Grunögeüanken aus aufs kräftigste gruppiert. Es war Zeit, öaß üies wieüer einmal geschah, nachdem üie konservative, Sie ultramontane unü üie sozialistische Geschichtsauf fassung so energisch von üer Historie öes Iahrhunüerts Sesitz ergriffen hatten." Ähnlich urteilte Professor Gottholü Klee in üer „Zeitschrift für Sen deutschen Unterricht": „Der Verfasser ist ein gescheiter, sochkunüiger unü grunöehrlicher, üeutschgcsinnter Mann, des halb liest man seine Darstellung mit üem behaglichen Gefühl, einem zuverlässigen Führer zu folgen, unü auch wo man sich vielleicht seiner Auffassung nicht anschließen mag, empfindet man öoch den Gewinn, öen üas wohlbegrünöete unü offene historisch-politische Sekenntnis eines so charaktervollen, feinsinnigen unü klugen Mannes üem Leser bringt, unü üie Person des Verfassers wirü einem wert. Kaufmann steht mit seinem Herzen unü seiner Überzeugung auf öer Seite öes nationalen Liberalismus, unü es war recht sehr an üer Zeit, üaß üie Entwickelung unserer politischen Geschichte im vergangenen Jahr hundert wieüer einmal von diesem Stanöpunkt aus betrachtet würöe. ... Es ist ein Such voll Geist unü Charakter, ein Werk grünülicher Forschung, Heller Einsicht unü wahrer vaterlanüsliebe, wie wir üeren wenige besitzen. Wer es einmal gelesen hat, üer wirü es immer wieüer gern zur Han- nehmen unü immer wieder Selehrung unü Erquickung öaraus schöpfen." Serlin W. 62, M« Georg Sonöi Börsenblatt fllr den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. 1527