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216, 16. September 1899. Nichtamtlicher Teil. 6635 und Novellenbände haben ihre Bedeutung als volkserzieherisches Mittel: — sie haben den mit Recht so geschmähten Hintertrcppen- Romanen erfolgreiche Konkurrenz gemacht. Wie Reclam bemüht ist, unter gewiß nicht geringen Opfern den Freunden der Universal- Bibliothek auch Werke unserer besten zeitgenössischen Schriftsteller zu bieten, das beweisen Namen wie Paul Heyse, Wilhelm Jensen, Rudolf v. Gottschall, Wilhelm Raabe, und das beweist eben jetzt wieder das 4000. Bändchen, das -Geschichten und Gestalten aus den Alpen» von Peter Rosegger enthält. -Daß es mir möglich war», so schreibt der Verlag selbst, und wir müssen ihm darin beistimmen, -ein so von aller Welt bewundertes Unternehmen zu schaffen, danke ich in erster Linie auch der Mit hilfe des Sortimentsbuchhandels, der, wenn auch anfangs eine gewisse Abneigung gegen die rot-gelben 20-Pfennig-Bände herrschte, doch bald die Wichtigkeit der Bibliothek erkannte und die geschäft lichen Vorteile des Unternehmens auszunutzen verstand. Tat sächlich giebt es heute nur noch verschwindend wenig Sortimcnts- buchhändler, die noch nicht eingesehcn haben, daß sie bei energischer Verwendung für diese Sammlung trotz des niederen Preises sehr wohl ihre Rechnung finden können und daß sie außerdem durch Vorrätighalten dieser volkstümlichen Bibliothek eine regelmäßig wiederkehrendc Kundschaft an ihr Geschäft gewöhnen, die es nicht nur beim Ankauf der billigen Hefte bewenden läßt, sondern auch den sonstigen Bedarf an Büchern dort entnimmt, wo sie die Uni versalbibliothek auf Lager weiß.» Aus Anlaß des Erscheinens des 4000. Bändchens, zu dem wir die Verlagshandlung aufrichtig beglückwünschen, hat der Verlag zwei kleine handliche Kataloge im Format der Bibliothek allgemein versandt, die über Nr. 1—4000 Auskunft geben und dem Sorti mentsbuchhandel hiermit empfohlen seien. Der für das große Publikum bestimmte grüne Katalog (L) enthält außer dem nach Materien geordneten Verzeichnis der Universal-Bibliothek eine kleine Auswahl aus den höchst interessanten Preßstimmen über die Universal-Bibliothek, sowie Anzeigen über die jüngst eingeführte Unterhaltungs-Bibliothek für Reise und Haus, über die Lesezeichen für die Universal-Bibliothek, über die Klassiker-Ausgaben und über die Mitte nächsten Monats erscheinenden Weihnachts-Novitäten des Verlages rc. re. Der hauptsächlich für die Gelehrtenwelt wertvolle, -nach Lit te raturen- geordnete (gelbe) Katalog bietet in seiner Viel seitigkeit eine höchst interessante Uebersicht über die hohe litterarische und wissenschaftliche Bedeutung der Universal-Bibliothek. Sportausstcllung in München. — Bei dem Hochwasser, das München heimgesucht hat, waren auch mehrere Gebäude der Sportausstellung bedroht. Besonders war die Halle, in der die Sportlitteratur untergebracht ist, in Gefahr. Die Ausstellungs leitung hatte die Stadtkommandantur telephonisch um militärische Hilfe gebeten, um die litterarischen Schätze bergen und die dem Einsturz nahe Halle abbrechen zu können. Das Sinken des Wassers machte die Ausführung dieser Maßregeln unnötig. Ausstellungspreise. — Auf der großen internationalen Ausstellung für illustrierte Postkarten in Ostende wurde auch die I. B. Metzlcr'sche Sortimcntsbuchhandlung (Friedrich Stahl) in Stuttgart für ihre Künstlerpostkarten von Stuttgart mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet. — Ferner teilt uns die G. Müller-Mann'sche Verlagsbuchhandlung in Leipzig mit, daß sie auf der Jubiläumsausstellung für Allge meine Hygiene in Dresden 1899 auf „Ecksteins Miniaturbibliothek" (Lektüre für Warte- und Lesezimmer der Aerzte) mit der goldenen Medaille ausgezeichnet worden ist. Jubiläum. — Am 1. September waren fünfundzwanzig Jahre vergangen, seit Herr Kommerzienrat und Hofbuchdruckerei besitzer Will). Reichel die Firma Gebrüder Reichel in Augs burg übernahm. Unter der umsichtigen und energischen Leitung Wilh. Reichels ist aus dem Geschäft, das sich damals noch im Anfang seiner Entwickelung befand, ein ausgedehntes Etablissement geworden, das alle Zweige der Vuchdruckerei und Lithographie um faßt und als eine der ersten Kunstanstalten Bayerns weit über dessen Grenzen hinaus sich eines großen Rufes erfreut. Die Erzeugnisse der Firma Gebrüder Reichel finden große Verbreitung — wir erinnern nur an die illustrierten Sonntagsblätter. Auch jenseits des Weltmeeres hat die thatkräftige Geschästsleitung weite Absatz gebiete erworben; die Kalender der Firma sind z. B. bei den Deutschen Amerikas ebenso verbreitet und beliebt, wie innerhalb aller Länder des Deutschen Reichs. Anläßlich des Jubiläums ist Herrn Kommerzienrat Reichel eine große Anzahl Gratulations schreiben und Telegramme zugcgangen; auch wir sprechen nach träglich noch dem verehrten Herrn Jubilar unsere Glückwünsche aus. Nachdem Herr Reichel kürzlich aus der Sommerfrische zurück gekehrt war, ließ er am 11. September das gesamte Geschäfts personal in sein Privatkontor bescheiden, dankte ihm für die treu geleisteten Dienste und überreichte jedem der 168 Personen ein ansehnliches Geldgeschenk. Neue Bücher, Kataloge rc. für Buchhändler. ^.uiograxüsu (8obrikistsUsr unä Nusilror). Katalog 141 üsraus- gsgsbsn von lloo Liopmannssoün, /Vniignariat in Loriin. 1899. 8°. 52 8. 882 Nummern. Verzeichnis im Preise herabgesetzter belletristischer Werke belieb tester Autoren aus E. Pierson's Verlag in Dresden. 8°. 10 S. Personalnachrichten. Gestorben: am 12. September in Berlin der Königliche Hofbuchdrucker und Hofbuchhändler, Ritter rc. Herr Wilhelm Moeser nach längerem schweren Leiden im fünfund fünfzigsten Lebensjahre. Herr Jacob Friedrich Wilhelm Moeser war am 6. August 1845 in Berlin als Sohn des Königlichen Hofbuchdruckers und Hofbuch händlers Moeser geboren und ursprünglich für die militärische Laufbahn bestimmt. Der Wunsch seines Vaters jedoch, der sein aufblühendes Geschäft dereinst gern dem einzigen Sohne über geben wollte, veranlaßte ihn, seiner eigenen Neigung zu ent sagen und als Lehrling in die väterliche Firma einzutreten. Hier erlernte er bis zum Oktober 1864 die Buchdruckerei und den Buch handel. lieber dieser mehr praktischen Thätigkeit wurde aber das Studium nicht vernachlässigt. Moeser ließ sich gleichzeitig aus der Friedrich Wilhelms-Universität in Berlin immatrikulieren. So vorgebildet ging er zur Verwertung und Erweiterung der erworbenen Kenntnisse ins Ausland. Zuerst nach London, wo er bei Trübner L Co. in den Jahren 1864—66 den englischen Buchhandel kennen lernte und durch die ausgedehnten Beziehungen dieses Hauses mit Indien, China und Japan einen Einblick in den Buchhandel mit dem Orient gewann. An den Londoner Aufenthalt schloß sich eine längere Reise nach Amerika an, auf der Moeser die großen Städte der Vereinigten Staaten besuchte und bis nach Süd-Amerika seine Studien bezüglich der dortigen Buch druckereien und des amerikanischen Buchhandels ausdehnte. Im Jahre 1867 kam Moeser nach Europa zurück und ging nach Paris. Bis gegen Ende 1868 arbeitete er in dem Welthause Firmin Didot L Co. und erwarb sich durch seinen Fleiß, seine Kenntnisse und seine Persönlichkeit überall Anerkennung. Seine gesellschaftlichen Talente machten Moeser in den Pariser Kollegenkreisen bald bekannt und beliebt. Die Gründung des noch heute bestehenden -Vagabond- war die Frucht der freund schaftlichen Beziehungen, die sich damals unter den jungen deutschen Buchhändlern in Paris entwickelt hatten. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich trat er zuerst als Teilhaber in das väterliche Geschäft, das er später für eigene Rechnung übernahm. Unter seiner Leitung hat das Geschäft, das der Vater aus kleinsten Anfängen gegründet hatte, einen mächtigen Aufschwung genommen, besonders da die bedeutende Buchdruckerei den Verlag durch amtliche Publikationen, sowie die des Preußischen Abgeordnetenhauses stetig erweitert hat. Die Moeser'sche Hofbuch handlung ist seit 25 Jahren Verleger der -Juristischen Wochenschrift», an die sich eine Reihe juridischer Werke anknüpft. Der Verlag ent hält außerdem reich illustrierte heraldische und kunsthistorische Werke. Moeser verlegte auch den bekannten Lsntatsuoüus 8amaritanus, zu dessen Typen die Stempel eigens in seiner Schriftgießerei geschnitten werden mußten. Die Matern derselben erwarb später die russische Regierung für die Staatsdruckerei in St. Petersburg. Das Vertrauen, das Moeser als hervorragender Buchdrucker durch die Leistungen seiner Offizin bei hohen und höchsten Behörden genoß, bewirkte, daß Kaiser Wilhelm I. ihn zu seinem Hofbuchdrucker und Hofbuchhändlcr ernannte und ihm den Kronenorden verlieh. Den Roten Adlerorden erhielt er kurz nach dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelm II., welchen Auszeichnungen sich hohe Dekorationen fremder Fürsten anreihten. Der Verstorbene war Kunstfreund und Sammler. Seine Ge mälde, Antiquitäten und Waffen würden jedem Museum, seine Sammlung kostbarer und auserlesener Livros ä'bouroe jeder Biblio thek zur Zierde gereichen. Unermüdlich in treuer Pflichterfüllung und regsam in viel seitiger Thätigkeit wirkte der Dahingeschiedene vorbildlich bei allen, die ihm näher treten konnten. Ein Dasein ist beschlossen, reich an Mühe und Arbeit, erfüllt von großherziger, persönlicher Hingabe; in treuer Erinnerung wird das Andenken daran fortdauern, wie dies Leben sich selbst zusammenfaßt in die Worte, mit denen der Heimgegangene einst seines Vaters Grabstein schmückte: -Ein Mann, Ein Wort«! 883*