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Das Weihnachtsgeschäft 1935 Ein erster vorläufiger Bericht über das Weihnachtsgeschäft 1935 wurde bereits im letzten Wirtschaftsbericht im Börsenblatt Nr. 9 vom 11. Januar gegeben. Inzwischen sind auf unsere Rund frage noch weitere Berichte eingegangen, sodaß es möglich ist, den ersten Bericht in einigen Punkten zu ergänzen. Dabei muß aber auch hier hervorgehoben werden, daß die Übersicht nicht lückenlos ist und darum kein allgemeingültiges und für alle Fälle inaßgebendes Bild geben kann. Das könnte erst dann mehr der Fall sein, wenn der Berichterstattung eine noch viel höhere Zahl von Einzelberichten zu Grunde gelegt werden könnte. Im buch händlerischen Allgemein-Jnteresse möchten wir deshalb schon heute die Bitte an unsere Leser aussprechen, uns das nächste Mal noch viel mehr zu unterstützen. Die Anfrage über das Weihnachtsgeschäft 1935 wurde von uns an die Beantworter dieser Rundfrage aus früheren Jahren und an eine große Anzahl von Obmännern der Ortsvereine ge richtet. Antworten liegen vor aus insgesamt 49 Städten. Die Zahl der erfaßten Firmen ist naturgemäß viel höher, da zahl reiche Berichte der Obleute mehrere Firmen der gleichen Stadt berücksichtigen, in Hamburg z. B. zehn. Die meisten Berichte sind aus Nord- und Ostdeutschland ein gegangen, auch Mitteldeutschland ist sehr gut vertreten, etwas schlechter Westdeutschland; die Beteiligung aus Süddeutschlaud war dagegen diesmal nur gering. Leider fehlen auch unter den Großstädten -— im ganzen 18 — einige ganz, z. B. Köln, Mün chen, Hannover, Nürnberg. Die übrigen Berichte verteilen sich auf 25 Mittelstädte und 6 Kleinstädte. Das aus den ersten Berichten gewonnene Bild über ein gegenüber 1934 im allgemeinen besseres Weihnachtsgeschäft hat sich auch in den weiteren nicht wesentlich verändert, doch scheint die zuerst angenommene durchschnittliche Zunahme der Um sätze um 10 bis 15"/° nur zum Teil erreicht worden zu sein. Den Meldungen über eine Erhöhung des Weihnachts-Umsatzes im letzten Jahr stehen doch auch einige gegenüber, die nur von einem gleichbleibenden, und einige, die sogar von einem schlechteren Weihnachtsgeschäft berichten. Die Meldungen über Zunahme des Umsatzes gehen in den Mittelstädten von 5 bis 30°/° (Durchschnitt: 12.5°/°), in den Großstädten von 1 bis 21°/° (Durchschnitt: 10°/°). In vielen Fällen wird aber die Besserung nicht zahlenmäßig an gegeben, sondern es wird nur allgemein von einem Mehr gegen über 1934 gesprochen. In zwei Fällen wird hervorgehoben, daß sich nur bei den Rechnungsverkäufen eine merkliche Besserung eingestellt hat, die Barverkäufe jedoch nur eine geringere Er höhung aufweisen. Die Frage nach der Zahl der Käufer im Verhältnis zum vorjährigen Weihnachtsgeschäft hat ebenfalls keine ganz ein heitliche Beantwortung erfahren. In je drei Fällen in Mittel städten und in je fünf in Großstädten hat sie abgenommen bzw. ist sie sich gleichgeblieben. Es werden jedoch auch Erhöhungen bis zu 22°/° aus einer Mittelstadt und bis zu 28°/° aus einer Groß stadt gemeldet. Das scheinen aber auf besonderen Umständen be ruhende Ausnahmen zu sein, im Durchschnitt beträgt die Er höhung der Zahl der Käufer, soweit sie zahlenmäßig festgehalten ist, 10°/° in der Mittelstadt und 13°/» in der Großstadt. Ob die Zu nahme der Käufer der sinkenden Zahl der Arbeitslosen (Essen, Hamburg, Frankfurt a. Oder, Glogau, Zwickau, Breslau, Bremen melden zum Teil starke Zunahme der Bücherkäufer) oder der Buchwoche zuzuschreiben ist, wird sich schwer feststellen lassen. Sie ist jedenfalls eine der erfreulichsten Erscheinungen des letzten Weihnachtsgeschäftes und gibt dem Buchhandel die Gewißheit, daß es wieder aufwärts geht. über die Auswirkungen der Buchwoche liegen u. a. folgende Äußerungen vor: Aus Zerbst: Ich bin überzeugt, daß infolge der Buchwoche das Gewissen manches Gelegenheitskäufers geschlagen und ihn veranlaßt hat, nun wenigstens zum Feste seinen Freunden und Bekannten, vielleicht auch sich selbst, mit einem Buche Freude zu bereiten. Auf die Buchwoche möchte ich nicht mehr verzichten. Von größter Wichtigkeit ist es aber, den Termin für 1936 schon im Frühling bekanntzugeben, damit jeder Sortimenter rechtzeitig seine Maßnahmen treffen und sich seinen Sprecher sichern kann*). Aus Zwickau: Die Buchwoche 1935 hat sich nach unseren Er fahrungen gut ausgewirkt, besonders fühlbar war die Umsatz steigerung durch die hochherzige Stiftung der Auto-Union, die jedem Werksangehörigen bis zu RM 2.— zum Kauf von Büchern stiftete. Es wäre zu wünschen, daß diese Art der Werbung für das Buch jedem Betriebsführer bekanntgemacht würde, damit im nächsten Jahre der Erfolg überall zu spüren ist. Der einfachste Arbeiter hat nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, ein starkes Begehren nach dem Buche. Aus Dresden: ... so daß das Weihnachtsgeschäft im ganzen gesehen etwas besser als im Vorjahr war. Wahrscheinlich ver danken wir diesen Umstand der Buchwoche; wäre sie nicht so großzügig aufgezogen worden, so dürfte der Buchumsatz weit ge ringer gewesen sein. Aus Waldheim i. Sa.: Ich habe das Gefühl, daß die Buch woche mit ihren vielerlei örtlichen Veranstaltungen, der groß zügigen Unterstützung seitens der Reichsregierung, der Propa ganda in Presse und Rundfunk zur Belebung des Weihnachts geschäfts außerordentlich viel beitrug. Es muß diese vom Reichs propagandaministerium ausgehende Aktion vom gesamten Sorti ment immer wieder aufs allerdankbarste anerkannt werden und zu immer neuen Kraftentfaltungen des ganzen Buchhandels aufrufen. Aus Oldenburg: Die Auswirkungen der Buchwoche sind im Weihnachtsgeschäft stark spürbar gewesen. Es wurden häufig Bücher verlangt, die während der Buchwoche besonders in den Vordergrund gestellt waren. Der Gedanke der Werk- und Be triebsbücherei, der von uns in der Buchwoche besonders propa giert wurde, hat im Weihnachtsgeschäft gute Früchte getragen. Die Frage nach der Durchs chnittshöhederEinzel- käufe hat gezeigt, daß die billigen Reihen-Bändchen eine große Rolle bei den Weihnachtseinkäufen spielen. Der zuerst genannte Betrag von 5 bis 6 Mark für den Einzeleinkauf wird zwar von einer ganzen Anzahl von Buchhandlungen erzielt bzw. überschrit ten, am häufigsten werden jedoch Beträge zwischen 3 bis 5 Mark genannt, in einigen Fällen noch darunter. Die eine Zeitlang üblichen Serienpreise von 3 Mark 85 und 4 Mark 80 scheinen keinen Anreiz mehr auszuüben. Auch höhere Preise werden an standslos bewilligt, Klagen über zu hohe Bücherpreise werden kaum noch gemeldet. Unter den Werbemitteln des Sortimenters scheint der Dichtervortrag in erster Reihe zu stehen. Immer wieder wurde betont, daß von dem persönlichen Auftreten von Dichtern die beste Wirkung ausgegangen sei. Z. B.: Villingen: Den besten Erfolg brachte ein Dichterabend (Dwinger); — Hof a. S.: Sehr günstig wirken sich bei uns Dichterabende (Dwinger, Alverdes, Kolbenheyer, Timmermans, Klages, W. v. Scholz, Dacquö u. a.) *) Diese Forderung ist inzwischen mit der Festsetzung der Bnch- ivoche 1936 auf die Zeit vom 25. Oktober bis 1. November erfüllt. D. Schriftl. 85