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6990 Nichtamtlicher Teil. 20S, 7. September 1901 Werk- verwende. Der Erfinder habe sich dessen geweigert, und so sei der Streit entstanden. Da Zedler die Einreichung der Musischen Klageschrift in den Anfang Dezember setzt, so müssen sich die Thatsachen damals geradezu überstürzt haben, ja sind nur schwer glaublich, abgesehen davon, daß Guten berg durch feine Weigerung merkwürdig kurzsichtig gehandelt hätte. Im November wäre also der Typenverkauf erfolgt; gleich darauf hätte Fust sein Ansinnen an Gutenberg ge stellt, nach dessen Weigerung die Beschlagnahme des Druck- gerätes bewirkt und die Klage eingereicht. Nun sind aber, wie schon bemerkt, die neuen Ablaßbriefe auch noch im Jahre 1454 erschienen. Wenn Zedler diese Thatsache damit erklären zu können glaubt, daß Gutenberg »damals schon im Formenschnitt und Letternguß eine erstaunliche Leistungs fähigkeit besaß-, so genügt dieser Erklärungsversuch nicht einmal; denn auch die Presse war ja der Beschlagnahme verfallen, wie Zedler auch ausdrücklich zugiebt. Gutenberg hatte nach Zedlers Annahme mit dem Musi schen Gelde (der Vertrag wäre Anfang September 1449 ab geschlossen worden) für den beabsichtigten Missaledruck, wie schon gesagt, die Apparate der sechsunddreißig- und zweiund- vierzigzeiligen Bibeln geschaffen. Der Missaledruck mißlang aber, wurde abgebrochen und durch den einfacheren, aber kostspieligeren Bibeldruck zu Anfang des Jahres 1452 er setzt. Die Beendigung des Druckes setzt Zedler in das Ende des September 1455, so daß also die Herstellung etwa 3>/, Jahre in Anspruch genommen hätte. Die Höhe der Auflage berechnet er auf 240 Papier- und 30 Pergament exemplare, deren gesamte Herstellung (außer den Kosten für Typen und Presse) 750 Gulden betragen habe, nach heutigem Gelds etwa 6000 »O. Diese Summe ergiebt sich aus dem Wortlaut des Fustschen Eides im Helmaspergerschen Instru ment. Den Durchschnittswert des Bibelexemplars zu 50 Gulden anzunehmen, wie Schwenke thut, scheint Zedler zu hoch ge griffen. Pfister druckte nun mit dem von Gutenberg erworbenen Apparat, so nimmt Zedler des weiteren an, zuerst den Cisianus, den Wyß dem Gutenberg zuzuschreiben ver suchte*); dann den Tllrkenkalender für das Jahr 1455. Daß beide Drucke noch zu Ende des Jahres 1454 hergestellt sind, findet Zedler natürlich, da der neue Besitzer der Type, der dafür zweifellos schweres Geld habe bezahlen müssen, den Jahreswechsel als günstige Gelegenheit zur Verwertung seines Ankaufes benutzt habe. Dann ging Pfister wahrscheinlich an den Druck von Dona- ten — vielleicht stammen der fünfundzwanzig-, siebenund zwanzig- und dreißigzeilige von ihm — und endlich begann er mit der Herstellung der jechsunddreißigzeiligen Bibel, die, wie Diatzko nachgemiescn hat, im wesentlichen einen Nach druck der zweinndvierzigzeiligen darstellt. Allerdings scheint der Anfang nach einer Handschrift gedruckt, der Druck dann aber bis zur Fertigstellung der zweiundoierzigzeiligen unter brochen worden zu sein. Zedler berechnet die Auslagenhöhe auf 80 Papier- und 20 Pergament-Exemplare. Alle diese Drucke, und auch der zu Ende 1456 mit den Pfisterschen Bibeltypen gedruckte Laxierkalender sind nach Zedler ganz sicher in Mainz gedruckt. Daß er nach Vollendung der Bibel nach Bamberg übersiedelte, soll seinen Grund darin haben, daß er nicht hoffen konnte, in Mainz mit der in stärkerer Auflage erschienenen zweiundoierzigzeiligen Bibel zu konkurrieren. Für diese großen Werke — handschriftliche Bibeln hatten nur ausnahmsweise einen solchen Umfang — fehlte es angesichts dieser verhältnismäßigen Massenproduktion an Absatz, so daß der Preis nicht sehr hoch bemessen werden konnte. (Schluß folgt.) *) Bergt. Börsenblatt 1900, Nr. 159, S. 5250 u. folg. Kleine Mitteilungen. ^Ja Oesterreich^ verboten.^ — Das k. k. Landes- als Preß- fall zu derselben-, nach Z 302 St.-G. verboten. Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Alter- tumsvcreine. — In den Tagen vorn 23. bis 26. September west- und süddeutschen Vereine für römisch-germanische Forschungen und dem sllnfundsicbzigjährigen Jubiläum der Gesellschaft sür Geschichtskunde zu Freiburg. Die Rechtsgeschichte des Frewurger Münsters; — Professor vr. Dieffenbacher: Grimmelshausens Bedeutung sür die badische Volkskunde; — Professor Ur. Gothein (Bonn): Die Hosver- fassung auf dem Schwarzwald; — Stadtarchivar Ur. Albert: Die Thätigkeit der historischen Vereine in Baden. Preisausgaben. — Die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg i. B. setzte für die Schleiden- itiftung einen Preis von 1000 für die beste Arbeit über das Thema fest: -Die Kriegskontrebande in der Völkerrechtswissenschast und der neueren Staatenpraxis.« — Ferner ist von der Etsenhuth- schen Stiftung seitens der juristischen Fakultät in Leipzig ein Preis von 600 uil ausgesetzt worden über die beste Bearbeitung des Themas: -Die Vormerkung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. - — Ein weiteres Preisausschreiben erließen die Professoren Ha ecke l (Jena), Conrad (Halle) und Fraas (Stuttgart) über das Thema: -Was lernen wir aus den Prinzipien der Descendenztheorie in Beziehung auf die innerpoiitische Entwickelung und Gesetzgebung der Staaten?« Zur Lösung dieser Ausgabe ist ihnen die Summe von 30000 überwiesen worden, wovon als erster Preis mindestens 10000 .F festgesetzt sind. Mitteldeutscher Buchhändler-Verband. — Die Herbst- versammlung des Mitteldeutschen Buchhändler-Verbandes wird am 22. d. Dt. in Worms abgehalten werden. Dle Versammlung wird um llhr im oberen Saale des städtischen Spiel- und Festhauses eröffnet werden. Pcrsonalnachrichtcn. Hermione von Preuschen. — Am Freitag den 20. Sep tember, abends 8 Uhr, wird Hermione von Preuschen im oberen Ausstellnngssaale von Pietro^ öel Vecchio in Leipzig ausgegeben werden. Der Eintrittspreis ist 3 Es wird ge beten, in GesellfchaftStoilette zu erscheinen. ff Friedrich Chrysander. — In Bergedors bei Hamburg ist am 3. September der bekannte Musikgelehrte vr. Friedrich Chrysander im scchsuiidsiebzigsten Lebensjahre gestorben. Er lichung her Werke Händets, die er nach den Quellen voll ständig herausgegeben und beschrieben hat, um sie in Deutsch land wieder heimisch zu machen. Von seiner Händel-Biographie sind nur 2ffz Bände erschienen; dieses bedeutende Werk ist leider unvollendet geblieben. Zahlreiche kleinere Werke Chrysanders sind in seinen »Jahrbüchern für musikalische Wissenschaft« und in der Leipziger -Allgemeinen Musik-Zeitung- enthatten. Seil 1884 gab er mit Epitta und Adler die -Vierteljahrschrist für Musikwissen schaft« heraus. Mit großer Sorgfalt edierte er außer Händel auch die sämtlichen Werke von Couperin, Corelli, die Oratorien von Carissimi, sowie eine große Sammlung von Stradella, Erba, Urio, Ksiser u. a.