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^ 118, 22. Mai 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Bnchhondel. 5735 Ausstellung von Schülerarbeiten der Königlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe in Leipzig. (Vergl. Börsenbl. Nr. 115.) Schon mehrfach haben wir Gelegenheit gehabt, an dieser Stelle über die Entwickelung der Leipziger Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe, sowie über die er zielten Resultate dieser Anstalt hinsichtlich der buchgewerblichen und künstlerischen Ausbildung ihrer Schüler berichten zu können. Die diesmalige Ausstellung zeigt, daß bei den mannigfachen Tech niken, die für die Ausübung der Buchkunst in Frage kommen, nicht allein durch die Errichtung vermehrter Unterrichtsklassen Rechnung getragen worden ist, sondern — und das ist das Wesentliche im Gesamtbilde der diesjährigen Ausstellung — daß das jetzt erreichte Niveau technischer Fertigkeit und künstlerischen Könnens offensichtlich höher steht denn früher, und somit das Ziel der Anstalt, tüchtige buchgewerbliche Kräfte und selbständige graphische Künstler heranzubilden, klarer denn je zutage tritt. Als vor Jahren die Reorganisation der Anstalt in Angriff genommen wurde, mag es nicht an Personen gefehlt haben, bei denen ob dieser Wandlung auch Zweifel an dem guten Verlauf der unternommenen Neubildung rege geworden waren. Heute jedoch werden selbst die ärgsten Schwarzseher im Hinblick auf das seitdem Erreichte zugeben müssen, daß die materiellen Opfer der Regierung keine vergeblichen waren, die Sorgen und Mühen der leitenden Kräfte auch sichtliche Früchte gezeitigt haben und daß die eingeschlagenen Wege zur Erreichung des gestellten Zieles die richtigen gewesen sind. Auf diese Tatsachen hinzuweisen halten wir angesichts des in der jetzt veranstalteten Ausstellung von SchUIerarbeiten sich geltend machenden Könnens für unsere Pflicht. Wenn das Lehrziel der Akademie vornehmlich darauf gerichtet ist, geeignete Kräfte heranzubilden zur Erzeugung von Werken wohlfeiler Volkskunst, ferner auszubilden: Originalgraphiker und Buchgewcrbekünstler, die für ihre Technik selber entwerfen, selber die Druckplatten und -stempelt druckfähig gestalten und selber drucken, beziehungsweise selber den Einband entwerfen und ausführen, Originalzeichner und Buchgewerbezeichner, die auf die graphischen Künste und das Buchgewerbe Rücksicht nehmende Werkzeichnungen in Vortechniken erfinden, Reproduktions künstler, technische Leiter von Kunst- und Reproduktionsanstalten, Kunstbuchbinder rc. rc., so bietet allein schon der im Erdgeschoß untergebrachte Teil der Ausstellung von der Erfüllung dieser Programmpunkte ein treffendes Bild. Im Hinblick auf die Darbietungen der aus der -Werkstatt für Radierung- hervor gegangenen Arbeiten, die unter der Leitung Kolbs entstanden find, darf man mit gutem Gewissen von einer achtungs- werten künstlerischen Leistungsfähigkeit sprechen. Die teils auf Kupfer-, teils auf Zinkplatten ausgeführten, meistens farbig gehaltenen Radierungen landschaftlicher, figürlicher und architektonischer Motive zeichnen sich fast durchweg durch lebendiges malerisches Erfassen und sichere Beherrschung der Technik aus. Ebenso hat auch die von Professor Berthold geleitete -Werkstatt für Holschnitt- sehr schöne Resultate in cin- und mehrfarbigen Holz- und Linoleumschnitten zu verzeichnen. Studienköpfe und figürliche Darstellungen wechseln mit land schaftlichen und architektonischen Bildern ab. Hervorzuheben sind hier auch die unter gemeinsamer Leitung mit Professor Hein entstandenen Plakate, bei denen namentlich der Linoleumschnitt in Anwendung gelangte, sowie einige koloristisch feine Vorsatz papiere. Mit anerkennenswertem Wetteifer hat sich auch die -Werkstatt für Buchbinden-, Leiter Dannhorn, an dem Auf schwung der Akademie beteiligt. Die ausgestellten Arbeiten lassen erkennen, daß die Schüler nicht bloß das Buchbinden systematisch er lernen und die Herstellung der verschiedenen Arten der Bucheinbände, wie Papp-, Leinen-, Halbfranz- und Ganzlederband, beherrschen, sondern daß sie sich auch die künstlerische Ausschmückung der Buchdrucke und des Schnittes anzucignen bestrebt waren. So finden sich Einbände vor, die in Ledermosaik, Lederauflage aus geführt oder durch Verzierungen mit dem Handstempel und anderen Prägungen geschmückt sind. Die Arbeiten aus der von Belwe geleiteten -Werkstatt für Schriftsatz und Schriftdruck- legen Zeugnis ab von der zweck mäßigen und stilgerechten Verwendung des verfügbaren Schriftcn- materials. Bei dem Streben nach einem wirkungsvollen einheit lichen Satzbilde ist in diesen Werk- und Akzidenzdrücken niemals die Forderung einer sinngemäßen Anordnung der Titel, Untertitel, Hauptzeilen, des Kolumnensatzes rc. außer acht gelassen worden. Daß sich selbst mit schlichtem Typen material durchaus geschmackvolle Drucksachen erzielen lassen, ist aus diesen Titeln, Geschäfts- und Gratulationskarten, Seiten bildern u. a. m. zu ersehen. Den hier erwähnten, in ihrer Art vorzüglichen Werkstattarbeiten schließen sich die tüchtigen Leistungen aus den Klassen für -Entwurf für Schriftsetzer und Buchdrucker- (Lehrer Professor Honegger), für -Stechen und Schneiden in Hochdruckplattenstoffen für Schriftsetzer und -Drucker- (Lchrer Professor Berthold), sowie -Zinkätzen für Schriftsetzer- (Lehrer Assistent Marchl) an. Daß in der schwierigen Technik des Stempelschneidens neuerdings so tüchtige und geschmackvolle Arbeiten aus der -Werkstatt für Stempelschnitt-(Lehrer Schiller) hervorgegangen sind, verleiht auch den Arbeiten dieses eigen artigen Zweiges graphischer Kunst besonderes Interesse. Die Arbeiten bestehen in Signeten, Stempeln von Behörden, Wappen, Wertpapieren, Plaketten, Mustern für Vorsatzpapiere u. dergl. Das Handinhandgehen verschiedener Werkstätten zeigt sich auch hier wieder in der Tätigkeit der Graveure für die Zwecke des Buchbinders, in der Ausführung der Vorsatzpapiere und der Herstellung von Plaketten, die wieder unter Mitwirkung von Professor Lehnert entstanden find. Die reiche Zahl der unter seiner Leitung entstandenen plastischen Schülerarbeiten füllt das ganze Vestibül an. Die Darbietungen aus der -Werkstatt für Steindruck- (Lehrer Professor Scheiter) betonen vor allem das rein Technische der Lithographie. Dem Zuge der Zeit Rechnung tragend und mit Rücksicht darauf, daß die Photographie in der modernen Buchausstattung eine wichtige Rolle übernommen hat, verfügt die Akademie jetzt über drei Werkstätten, die sich mit photomechanischen Techniken befassen. Hierher gehören die -Werk statt für Naturphotographie- (Lehrer Naumann), aus der tech nisch vortreffliche, charakteristisch aufgefatzte und gut gesehene Studienköpfe, Stilleben, Tier- und Landschaftsbilder heroor- gegangen sind, sowie die -Werkstätten für Photographieren für photographische Druckplatten- und -für photographische Druck techniken-, die der Leitung des vr. Goldberg unterstehen. Hier kommen also vornehmlich die Ausführung von Strichätzungen, Autotypien und das Dreifarbendruckvcrfahren in Frage. Die auf diesem Gebiete erreichten Leistungen stehen durchweg auf der Höhe technischer Vollendung. Die Dreifarbendrucke enthalten sogar seltene Tonfeinheiten. Die in der Bücherei untergebrachten selbständigen »Wettarbeiten- der Schüler verschiedener Werkstätten bestehen aus farbig ausgeführten Titeln, Postkarten, Kalender bildern, als Steinzeichnungen oder Holzschnitte behandelt, aus land schaftlichen Motiven in farbiger Radierung, und Photographien von Studienköpsen und weisen manche lobenswerte Arbeit selb ständigen künstlerischen Schaffens auf. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. " ZeitNNgSjNbiläum. — Die im Jahre 1858 von A. W. Kafe- mann gegründete und bald darauf mit Heinrich Rickert in gemeinschaftlichen Verlag übernommene -Danziger Zeitung wird am 31. Mai dieses Jahres den Tag ihres fünfzigjährigen Bestehens feiern. Die Zeitung befindet sich noch im Besitz der beiden Familien und wird von den Söhnen der Gründer, Otto Kafemann und vr. Franz Rickert weitergeführt. Während der politische und seutlletonistische Teil von Or. Balduin Herrmann (seit 25 Jahren bei der Zeitung, früher Privatsekretär Lasters) geleitet wird, liegt der lokale und provinzielle sowie der Handels teil seit 32 Jahren in den Händen des Redakteurs Adalbert Klein, der auch als langjähriger oft- und westpreußischer Verbands vorsteher der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung und ebenso als einer der ältesten Danziger Stadtverordneten sich um die Allgemeinheit verdient gemacht hat. Am 3l. Mai wird eine besondere Jubiläumsnummer erscheinen. Einführung biologisch«» Unterrichts in den obere« Klasse« der höhere« Lehranstalt««. — Der in Nr. 111 dieses Blattes (S. 5404) erwähnte Erlaß des preußischen Kultus ministers vr. Holle (vom 19. März 1908) ist im Maiheft des 745*