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Redaktioneller Teil. ^ 297, 22. Dezember 1916. Einzelne Forderungen, dt« Göschen aufstellt, können auch heute noch als Richtschnur dienen, z. B. empfiehlt er (Seite 15 ff.) »folgende Maßregeln ernsthast auszuführen«: »Jedem Buchhändler steht zwar frey, seinen Collegen so viel Rabatt zu geben, als er will; doch darf es nicht über 33^ "/» sehn. Man sei strenger beym Credit und verlange pünktliche Zah lung. .. . Etablirt sich ein neuer Buchhändler, den man noch nicht kennt, so gewähre man ihm nicht gleich bis zur Ostermesse die gewöhnliche Zahlungsfrist Kein Buchhändler gebe Bücher, welche älter als die laufende Rechnung sind, in Commission; am allerwenigsten mit dem Un geheuern (von mir gesperrt) Rabatt von 331L "/». — Außer dem, daß diese Art zu handeln einem Jeden, der nur Lust hat, die Thüre zum Buchhandel öffnet, ist sie lächerlich; denn welcher Kaufmann giebt seinen Correspondenten bey einem Handel, wobest dieser gar kein Risiko hat, einen solchen übertriebenen Rabatt? Er giebt beh Commissionsartikeln 1 bis höchstens 6°/». Mancher verkauft von einem Buche lieber eine wohlfeile Ausgabe zu 18 gl. als eine theure zu 3 Thlrn., ob er gleich bey jeder gleichen Rabatt genießt, und bey jener nur 6 gl., bei dieser einen Thlr. verdient. Mancher sucht lieber einen ganzen Tag lang Piecen zu 2 Gl. auf, woran er am Ende bey 1- Rabatt 5 Thlr. verdient, als daß er ein größeres Werk in einer Stunde mit einem Gewinn von 32 Thlrn. verkauft, wenn er auch nur 16°/» daran hat«. So könnte man noch viele Stellen anfügen, denen auch heute ihre Berechtigung nicht ganz versagt werden kann. E i n V e r l e g e r. Spaziergänge eines Naturforschers im Verlagsbuchhandel. (Zum 80. Geburtstage vou Georg Schwei usurth, 3 0. Dezember 1916.) Sie wünschten einiges über meine bisherigen Beziehungen zum Verlagsbuchhandel zu erfahren. Obgleich sie inehr als ein halbes Jahrhundert umfassen, sind diese dennoch stets sehr einfacher Art ge wesen und haben nie zu Streitigkeiten geführt, auch entspricht die Zahl meiner Veröffentlichungen und ihre sprachliche Mannigfaltigkeit keines wegs der Vielseitigkeit dieser Beziehungen, denn die weitaus große Mehrzahl meiner Schriften betrifft die periodische Literatur. Der erste Verlagsbuchhändler, mit dem ich zu tun hatte, war Georg Nenner in der Anhaltstraße zu Berlin. Noch als Student habe ich ihm 1862 eine botanische Arbeit*) mit von mir ausgeführten Litho graphien gebracht, die der freundliche Herr bereitwillig annahm, indem er den Wert der 16 Tafeln entsprechend honorierte. Georg Reimer hat dann noch in den Jahren 1867 und 1868 zwei ähnliche, immer prächtig in Quart gedruckte Werke von mir übernommen.**) Mit der vom Bruder des Genannten gegründeten Verlagsbuch handlung Dietrich Reimer hatte ich in der Zeit meiner großen afri kanischen Reisen keine direkten Beziehungen, da die oft umfang reichen Berichte (im ganzen über 500 Druckseiten) in der Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin erschienen, deren Vertrieb von diesem Verlag besorgt wurde. Als aber die Firma Dietrich Reimer, durch Ernst Vohsen zu neuem Glanz und zu Weltruf gebracht, sich ganz in den Dienst der Geographie gestellt hatte, wurde mir durch den jetzigen Inhaber vielseitige Forderung zuteil. 12 Kartenblätter, die ich von den Wüsten Aegyptens in 1: 200 000 entworfen hatte, sind hier, von der Berliner Akademie der Wissenschafteil subventioniert, in vortrefflicher Ausstattung hergestellt worden. Auch auf anderem Gebiet wurde im gleichen Verlage eine wenig remunerative Arbeit***) in kostspieliger Gestalt der Öffentlichkeit übergeben. Nie ist ein Ver leger den Wünschen des Verfassers mehr eutgegengekommcu, als es durch Konsul Vohsen geschah. Wie seinerzeit mit dem alten Hause Dietrich Reimer, habe ich mit dem damals alle geographischen Verleger weit überstrahlenden von Justus Perthes in Gotha nur indirekten Verkehr gehabt. Der unver geßliche August Petermann hat in seinen weltberühmten Mitteilungen *) »plkuitae quaeckaw nitotiess« 55 S., mit 16 Tafeln. **) »Beitrag zur Flora Äthiopiens«. 311 S., mit 4 Tafeln und »ksliquia« I<ot86kyanae«, mit 35 Tafeln. ***) »Arabische Pflanzennamen«. 1912 in 4°, 232 S. 1546 aus jenem geographischen Institut jeder Forschungstätigkeit in Afrika I zum Gewinn, von -Heinrich Barth und Vogel an bis auf Nachtigal und Rohlfs, Feder und Zeichenstift in den Dienst gestellt, so von Be ginn an auch der meinigen. Durch ihn, gleichsam wie durch einer, Schriftführer der afrikanischen Klio, verkündete auch der Telegraph meine Entdeckung des Helle und erweckte dadurch wieder Interesse für Afrika zu einer Zeit, wo der große Kampf mit Frankreich kaum erst zum Abschluß gebracht war. Ungehalten warfen damals die Berliner Freunde die Frage auf: Ja, reist er denn für Petermann?« Tat- ; sächlich war ja Auftraggeber meiner Reisen die Berliner Akademie der Wissenschaften. Aber diese ist mir gegenüber stets von liberalster Gesinnung gewesen und hat inbetreff der Veröffentlichungen mir nie ' hemmende Vorschriften gemacht, mancher anderen Körperschaft zur Bc- l schämung, die sich der wissenschaftlichen Notwendigkeit solcher Liberalität ; zu verschließen pflegte. Uber meine Beziehungen zum Hause K. A. Brackhaus, der worr- i führenden Stimme des mit seinem Ruhme das ganze 19. Jahr- ! hundert ausfüllenden deutschen BuchhaudelS, insonderheit über einige ^ persönliche zu dem edlen, meinem Andenken stets teuren I)> . Edua d ! Brockhaus habe ich in der für die große Leipziger Ausstellung von der - Firma herausgegebenen Schrift*) im Zusammenhang mit der dort ge- ! gebcnen autobiographischen Skizze einiges mitgeteilt. F. A. Brockhans hat 1874 nach meinem Manuskript die deutsche Ausgabe der Neisebe- ! schreibung von 1868—1871 in zwei Bänden unter dem Titel »Im -Herzen von Afrika« zum Druck gebracht. Diese Ausgabe ist iu über- i raschend kurzer Zeit vergriffen gewesen, und erst vier Jahre später entschloß sich der Verlag zu einer zweiten, durch mich zu einem Bande verkürzten. Von dieser Ausgabe von 1878 finden sich in den Kata logen der Antiquare ab und zu noch Exemplare angeboten. Das Recht der Gesamtausgabe des Werkes in verschiedenen Spra chen hatte ich bald nach meiner Rückkunft dem Londoner Verlagshauie j Sampson Low, Marston, Low K Searle abgetreten. F. A. Brockhaus, ! Hachette L Co. in Paris, Harper in New Zork und Fratelli Treves in ! Mailand hatten ohne mein Zutun von der englischen Firma das Recht i der Veröffentlichung in verschiedenen Ausgaben und in verschiedenen Sprachen erworben. Die verbreitetsten werden wohl die in verschiedenem Format erschienenen französischen sein, von denen namentlich die 1878 im »Dour ^moncke« (174 S. mit vielen eigenen Holzschnitten) in Quart veröffentlichte durch die schönen Illustrationen besonders erwähnenswert erscheint. Wegen dieser bin ich mit dem Hause -Hachette wiederholt in brieflichen Austausch getreten. Von der in türkischer Sprache 1875 zu Konstan tinopel erschienenen Ausgabe meines »Im Herzen von Afrika« (in I einem Band mit 911 Seiten) erfuhr ich zu meiner Überraschung erst 1880 in Athen, wo mir der Übersetzer, ein Bey aus Larissa, durch Prof. Heldreich vorgestellt wurde. Eine eigentümliche Verknüpfung vou Zufälligkeiten führte mich zu dem englischen Verlag meines Neisewerks, und es dürfte in Ihrem Leserkreise manchen interessieren, darüber Näheres zu erfahren. Be traf es doch ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnliches, seit Heinrich Barths Reisen nicht mehr erlebtes Vorkommnis. Nach meiner Nück- ! kunft aus Afrika im Sommer 1872 war ich im Rheinischen Hof, da mals einem guten Hotel an der Ecke der Friedrich- und Leipzigerstraße, abgestiegen und hatte dort die Bekanntschaft eines liebenswürdigen und sehr unterrichteten Deutschamerikaners, des Herrn Henry Jacoby (vielleicht noch am Leben?, in San Francisco?), gemacht, der als Bc richterstatter des New Aork-Herald in Deutschland tätig war. Er nahm großes Interesse an meinen Erzählungen und suchte mich alsbald für das obengenante Londoner Verlagshaus zu gewinnen, das damals durch Stanleys spannende Schilderung »Wie ich Livingstone ausfand im Buchhandel der Welt eine große Nolle zu spielen begann. Der Titel des geplanten Neisewerks wurde bald fcstgestellt. Ich schlug die Fassung vor: »Im Herzen von Afrika«, wozu Jacoby verschiedene Varianten in Vergleich stellte, bis er, nach mit Kennermiene (wie bei einer Weinprobe) allerseits geprüftem Wortklang, zu dem Ergebnis gelangt war, daß im Englischen sich »1Ü6 Iraart nk Ft'riaa« am besten ausnehmcn würde. Ich werde gleich an Sampson Low schreiben, sagte Jacoby, ich werde als Honorar .... L St. verlangen (er nannte einige Tausende). Ich mahnte zum Maßhalten. Endlich kam man überein, den Betrag für sämtliche Editionen auf 2000 L festzusetzen. Freunde hatten bereits geglaubt, mir verlockende Aussichten auf deutschen Verlag eröffnen zu können. Ich erinnere mich wohl, wie Robert Hartmann mir vou Costenobles Verlag gesprochen hatte und vou 600 Thlrn. (oder waren es 800?), die sein Angebot seien. Nun stand ich einer ganz neuen Ver lockung gegenüber, die mir zunächst phantastisch erschien. Aber es ging alles leichter, als ich gedacht, und es blieb bei der geforderten Summe. *) Berühmte Autoren des Verlags F. A. Brockhaus, Leipzig. 1914. S. 16 -80.