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134, 13, Juni 1904, Nichtamtlicher Teil. 5131 Herr vr, Lehmann-Danzig: Ich meine, wegen dreier Jahre, die jemand in dem Alter von vielleicht 18 bis 21 mehr im Buchhandel verbracht hat, hat er wohl nicht das Recht, einem andern, der 18 Jahre darin ist, zu sagen, er sei zu jung dazu, um mitzureden. Ich bin nicht von selbst auf solche persönlichen Sachen gekommen, und wenn ich zu einer etwas schärferen Antwort gereizt worden bin, so würde das wohl jedem passieren, der in dieser Weise provo ziert wird, (Sehr richtig!) Herr Nägele-Stuttgart: Ich möchte Herrn Lehmann nochmals darauf Hinweisen, daß es mir nicht eingefallen ist, darüber zu reden, wie lange jemand im Buchhandel ist, sondern darüber, ob man die sämtlichen Zweige des Buch handels von Anfang an kennen gelernt hat, und es ist wesentlich für den Sortimenter, daß er Antiquariat und Verlag genau kennen gelernt hat, wie umgekehrt für den Verleger, (Zuruf des Herrn vr, Lehmann: Ich habe auch Verlag!) Vorsitzender: Es hat sich kein Redner mehr gemeldet; ich richte an die Versammlung die Frage, ob sie der Mei nung ist, daß wir auf Grund dessen, was wir von ver schiedenen Seiten heute hier gehört haben, irgend etwas mit für morgen hiniibernehmen, oder ob wir das nicht wollen, Herr Siegismnnd-Berlin: Der Antrag von Bötticher, der doch Herrn 1>r, Lehmann zum Vater hat, ist in der Hauptversammlung der Berliner Vereinigung besprochen worden. Es wurde vorgeschlagen, daß man diesen Antrag deni Börsenverein als Material überweisen könne; es ist aber ein dahingehender Antrag in Berlin abgelehnt worden, und auch der Antrag der Herren von Bötticher und Genossen selber abgelehnt worden. Ich möchte hier den Antrag stellen, daß wir denselben Beschluß, der in Berlin gefaßt worden ist, ebenfalls fassen, und den Antrag von Bötticher einfach ablehnen, Herr Kommerzialrat Wilhelm Müller-Wien: Ich wollte mich nicht in die Debatte mischen; aber es wider strebt mir doch, daß ein Antrag ehrenwerter Kollegen in solcher Weise behandelt wird, wie es geschehen ist; das ist mir doch etwas zu weitgehend. Wer soll denn künftig noch den Mut haben, Vorschläge zu machen, die zum Wöhle des gesamten Buchhandels dienen sollen? Ich muß sagen, Laß mir die Form nicht gefällt, wie im allgemeinen der Antrag von Bötticher und Genossen behandelt worden ist, und möchte mich deshalb des Herrn vr, Lehmann annehmen und sagen: es liegt viel Wahrheit in seinem Anträge, Es ist wirklich eine traurige Tatsache, daß man immer noch klagen muß über rücksichtsloses Vorgehen einzelner Verleger gegen die Sortimenter, Denn das müssen wir doch in diesem Kreise konstatieren: die überwiegende Mehrzahl der Herren Verleger steht warm auf unserer Seite, Man muß aber einen Unterschied unter ihnen machen, und diesen Unterschied macht der Sortimentsbuchhandel, Die Herren Verleger »rügen sicher sein, es ist keiner so groß, daß er des Sortimentsbuchhandels entbehren kann. Es liegt in vielem, was Herr vr, Leh mann gesagt hat, eine bestimmte Spitze, und die Verleger, gegen die sie gerichtet ist, kennen wir wohl alle. Es ist traurig, daß man um der Übergriffe einzelner Verleger willen für nötig hält, einzelne Punkte unserer Verkehrs ordnung umzuändern, und daß ein Teil, der sich von einigen mächtigen Verlegern unterdrückt fühlt, zu diesem Hilfs mittel greifen will. Ich bin auch ein Unterdrückter und Gemaßregelter, wie Sie ja wissen, aber es fällt mir nicht ein, Gegenmaßregeln zu ergreifen oder zu bean tragen; allein nicht jeder kann darauf so leicht verzichten, wie ich, und darum ruft man nach der Mithilfe seiner Berufsgenossen, um Übergriffen entgegenzutreten. Es ist unglaublich, was dem Sortimentsbuchhandel manchmal zu gemutet wird, wenn z, B, auf einmal Bezugsbedingungen für Fortsetzungen von 25 oder 33 ff, Prozent auf 20 Prozent reduziert werden, und wir dadurch in die Notlage kommen, umsonst für den Verleger zu arbeiten; da empört sich das ganze Innere, und da müssen wir auch einmal Worte finden, dies hier zu geißeln und zu brandmarken. Das will Herr vr, Lehmann, aber er hat wieder das Unglück, es nicht in einer Form gebracht zu haben, der man zustimmen kann. Er hat uns aus zehnjährigen Akten Anträge und Bestim mungen vorgelesen, die alle dasselbe wollen; leider hat er aber dabei meine wiederholt gemachten Anregungen über schlagen, (Heiterkeit,) Ich habe ihm schon ein paarmal den Rat gegeben, er solle es doch in seinem Vereine so machen wie wir in unserem Verein; ich habe geahnt, daß es einmal not wendig wäre, ihm die Verkehrsordnung, die wir im Verein österreich-ungarischer Buchhändler geschaffen haben, ein zuhändigen, damit er sie studiere. Nach derselben ist kein Mensch gezwungen, mit weniger als 25 »/„ Rabatt zu arbeiten. Meine Sortimentsspesen betragen etwa 25 Prozent, ich kann also nicht mit 20 Prozent Rabatt arbeiten, bin aber durch unsere Verkehrsordnung berechtigt, auf Bücher, die nicht mit wenigstens 25 Prozent Rabatt abgegeben werden, einen entsprechenden Aufschlag zu machen. Außerdem suche ich, wo es irgendwie geht, meine Bezugsbedingungen zu erhöhen, ich beziehe meist gegen bar und mit Freiexemplaren usw. Mag Herr Professor Bücher uns auch vorrechnen, daß der Sorti menter mit 15 Prozent bestehen könne; das ist eben durchaus nicht der Fall, Leben und leben lassen sollte auch im Geschäfts- leben erstes Prinzip sein. Deshalb möchte ich eine andere Form finden, in der dieser Antrag doch zu einer Berücksichtigung kommt, und zwar in der von irgend einer Seite schon vorgeschlagenen Form, daß er dem Börsenverein als Material übergeben und bei einer vielleicht bald vorzunehmenden Revision der Verkehrsord nung verwendet werde. Aber lassen Sie uns diesen Gegenstand nicht in solcher Disharmonie verlassen. Wir sind den Herren Antragstellern eine gewisse Genugtuung schuldig, und ich trete warm für sie ein, weil ich eben ein warmes Herz für den Sortimentsbuchhandel habe, und wirklich finde, daß unsere Verkehrsordnung von einzelnen Verlegern mißbraucht wird. Es ist wohl gesagt worden, der Verleger habe das Recht, den Verkaufspreis und den Nettopreis zu bestimmen, aber nirgends ist gesagt worden, daß der Sortimenter für den Verleger umsonst arbeiten soll. Deshalb müssen wir sest- halten, daß 20 Prozent nicht genügen, und müssen darauf dringen, daß dem Sortimenter bleibt, was ihm zum Leben gebührt. Ich empfehle also den Antrag, der dahin geht, die Sache dem Börsenvereins-Vorstand als Material zu über geben, zur Annahme, (Bravo!) Herr Ferdinand Schöningh-Münster: Meine Herren, ein Sturm reinigt die Luft, deshalb ist es zweckmäßig, daß wir diese Sache besprochen haben, wenn es auch stellenweise nicht angenehm war. Ich glaube aber doch, daß Herr vr, Lehmann sich überzeugt hat, daß man ganz allgemein im Kreise seiner Kollegen sein Vorgehen, namentlich auch in Berlin miß billigt, auch die Weise, wie es erfolgt ist. Aus der andern Seite möchte ich aber nicht, daß eine große Gruppe unserer Kollegen in Verbitterung von uns geht, deswegen bin ich dagegen, daß wir die Sache ohne weiteres ablehnen, Herr vr, Lehmann dürste gelernt haben, daß blinder Eifer nur schadet; er sollte das eigentlich längst gelernt haben! Aber wir haben von Herrn Hartmann gehört, daß der Börsen vereins-Vorstand durchaus nicht Herrn vr, Lehmanns Vor schläge kurzweg abgelehnt hat, er hat das einzig Mögliche vorgeschlagen, sie als Material für eine künftige Beratung zu 678"