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35, II. Februar. Nichtamtlicher Theil. 659 wollte ihn dieser durchaus nicht fortlassen und sagte unter Anderem: „Bleiben Sie nur bei mir, ich werde für Sie sorgen". — Diese Ver sprechung wirkte um so mehr aus Horvath ein, als er zu der damals 16 Jahre alten Stiestochtcr seines Prinzipals, Ulrike, eine große Neigung gefaßt hatte, welche von den Eltern gebilligt wurde. Er blieb deshalb im Pauli'schcn Geschäfte und feierte dann auch am 20. September 1776 seine Verlobung auf dem Landsitze der Familie bei Köpenick. 1777 nach der Ostermesse fand dieHochzeit statt. (Schluß folgt.) Kaiser Maximilian I. als Kunstfreund. (Schluß aus Nr. 31.) Hatte der Kaiser im „Theuerdank" seine Jagdabenteuer zu sammengestellt, im „Weißkunig" seine zahlreichen Kriegszüge er zählt, so beabsichtigte er nun noch in einem dritten Bande die Turniere und Mummereien, die er zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten gehalten, zu einem poetischen Ganzen zu sammenzufassen. Das Buch, welches dieselben enthalten sollte, war der „Freydal." Schon im Jahre 1502 hatte Maximilian den ersten Plan zu dem Werke gefaßt; im Jahre 1512 ging man daran, den Text in Ordnung zu bringen und Zeichnungen anzusertigen. Aber es erging dem „Freydal" beinahe noch schlimmer als dem „Weißkunig." Als der Kaiser starb, hatte man erst Weniges geschnitten und nur von fünf Holzstöcken Abdrücke ge nommen; als im Jahre 1526 König Ferdinand an die Her ausgabe der Schriften Maximilians dachte, war der „Freydal" vollständig vergessen. Die Zeichnungen kamen in die Ambraser Sammlung und mit dieser später nach Wien. Seitdem finden sich seltene Erwähnungen davon. Erst im Jahre 1881 veran staltete Quirin von Lettner mit Genehmigung des Kaisers von Oesterreich eine große Prachtausgabe.*) Die drei bisher genannten illustrirtcn Prachtwerke Ware» sämmtlich historisch angelegt gewesen, hatten sämmtlich das Leben Maximilian's verherrlicht: der „Theuerdank" hatte seine Braut fahrt um Maria von Burgund, der „Weißkunig" seine Lcbens- und Regierungsgeschichte, der „Freydal" seine Turniere und ritter lichen Kämpfe behandelt. Außer diesen Prachtwcrkcn bereitete der Kaiser aber ferner zwei Holzschnittsolgen vor, die ohne jeden historischen Hintergrund nur seiner Verherrlichung dienen sollte». Er hatte von den antiken Triumphbögen gehört, den „Lrvns triunixbalos, so vor alten Zeiten den römischen Kaisern in der Stadt Rom aufgcrichtet waren, deren etliche zerbrochen sind und etliche noch gesehen werden". Er hatte ferner von den Triumph- zllgen der allen römischen Imperatoren gelesen, vielleicht mit Bewunderung Kupferstiche nach Mantegna's Triumph des Cäsar und des Scipio betrachtet. Sofort war er für Triumphbögen und Triumphzüge Feuer und Flamme. Auch er wollte seinen Triumph darstellen lassen, auch er wollte sich einen Triumph bogen errichten. Auf diese Weise entstanden zwei große Holz schnittfolgen: der Triumphbogen des Kaisers, die sogenannte „Ehrenpforte," und sein „Triumphzug". Der Gelehrte, welcher um 1512 mit der Anfertigung des wissenschaftlichen Entwurfes zur „Ehrenpforte" betraut wurde, war Johannes Stabius; der Künstler, der diesen Entwurf auszusühren hatte, Albrecht Dürer. Wieweit Stabius eine richtige Vorstellung von einem römischen Triumphbogen hatte, läßt sich nicht bestimmen. Sicher ist, daß derselbe unter Dürer's Händen eine recht phantastische Gestalt annahm, sodaß er nur wenig einem wirklichen Triumphbogen ähnelt. Nachdem die „Ehrenpforte" vollendet war, galt es, die *> Bergl. Quirin von Leitner, Freydal. Des Kaisers Maximilian I. Turniere und Mummereien. Wien 1881, Holzhausen. Vollendung des „Triumphzuges"*) zu bewerkstelligen. Der selbe, von Dürer, Burgkmair und anderen Künstlern entworfen, stellt dar, wie der Kaiser unter dem Portlitt von Herolden, Trophäenträgern, Trommlern, Paukenschlägern und Musikanten, von Siegesgöttinnen umschwebt, auf einem herrlichen Gespanne einhcrsährt. Der „Triumph Maximilians" kann trotz aller seiner allegorischen Spielereien als eines der großartigsten Pracht werke gelten. Der pomphast geschmückte Triumphwagen, aus dem der Kaiser mit seiner Familie sitzt, die Herolde, Träger von Trophäen und Ehrenkränzen, Vertreter mannigfacher Nationen, die in langem Zuge einherschreiten, dazu die zahlreichen Schil derungen aus des Kaisers ercignißvollem Leben geben dem Ganzen eine Lebendigkeit und Pracht, wie sic selbst Mantegna's berühmter „Triumph Cäsars" nicht aufzuweisen hat. Hatte Maximilian somit in fünf großen Werken sein eigenes Leben verherrlichen lassen, so reiste in ihm gegen das Ende seiner Laufbahn noch der Plan zu einer zweiten großen Holz- schnittsolgc, welche der Geschichte des Hauses Oesterreich gewidmet sein sollte, den „Oesterrcichischen Heiligen". Wenn wir heutzutage die „Heiligen" dnrchblättern, so müssen wir uns namentlich darüber wundern, mit welcher Meisterschaft die Künstler es verstanden haben, der ewig gleichbleibenden Situation immer neue Motive abzugewinnen. Die Darstellung, wie die einzelnen Heiligen ihre Wunderthaten verrichten, Kranke heilen, Geister austreiben, zum Heiland beten, in ihrer Kapelle knieen, war im Grunde eine recht einförmige, unerguickliche. Trotzdem hat jede Gestalt ein individuelles Gepräge, und namentlich das Beiwerk und die Landschaft sind musterhast behandelt. Dies sind die hauptsächlichsten Werke, welche die Kunstlicbc Kaiser Maximilian's ins Leben ries. Bei allen diesen Unternehmungen stand Maximilian keines wegs als hoher, unnahbarer Herrscher den Künstlern gegenüber, er trat vielmehr zu jedem einzelnen in persönliche Beziehungen. Am erquickendsten ist sein Verhältniß zu Dürer, den er 1512 in Nürnberg kennen lernte, und dem er in freigebiger Weise eine lebenslängliche Jahresrente von 180 Gulden aussctzte. Auch der anderen von ihm beschäftigten Meister hat er sich in der liebenswürdigsten Weise angenommen. Kein Wunder, daß Maximilian unter den Künstlern seiner Zeit eine populäre Figur war, daß sie ihn unzählige Male zeichneten und überhaupt jedem Kaiser, den sie darzustellen hatten, die Züge Maximilian's gaben. Sowohl von Dürer, als von Holbein, Hans Burgkmair und anderen Meistern sind uns Portraits Maximilian's erhalten, theilweisc mit Inschriften versehen, die uns verrathen, mit welcher Liebe diese Künstler an ihrem Beschützer gehangen haben. Bei seinem Hinscheiden wurde eine ganze Reihe von Gedenkblättcrn ausgegeben, und noch lange dachten die Künstler mit Liebe und und Wehmuth an ihn zurück. Sie fanden eben keinen Herrscher wieder, der so wie Kaiser Maximilian der Kunst günstig war. Auch die folgenden deutschen Fürsten waren zwar der Kunst nicht abhold, ihre Kunstliebc offenbarte sich aber weniger in der För derung einer großen schöpferischenThätigkcit, als incisrigerSammel- lust, in der Anlage von Kunstbüchern und Kunstkammcrn, bei deren Zusammenstellung gewöhnlich auf den Erwerb von Selten heiten mehr Gewicht gelegt wurde, als aus künstlerisches Schaffen. Maximilian I. war der einzige deutsche Kaiser, der die Kunst der Renaissance mit Theilnahme Pflegte, nicht nur Sammel eifer entwickelte, sondern wirklich thatkrästig in den Entwicklungs gang der deutschen Kunst eingriff. Die Kunstgeschichte wird ihm stets eine dankbare Erinnerimg bewahren. *1 Vergl. Franz Schestag, Kaiser Maximilian's I. Triumph. Jahr buch der kunsthistor. Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Erster Band. Wien 1883. S. 154—181.