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182, 4. Juli 1900. Nichtamtlicher Teil. 5049 (Kollektiv-)Prokura an mehrere, die zur Folge hat, daß diese nur gemeinsam handeln können (H.-G -B, Z 48. 2 --- a. F. Art. 41 Abs. 3); die andere, neu hinzugekommene ist die Beschränkung auf Geschäfte einer — unter selbständiger, wenigstens durch einen Zusatz von der der Centrale unterschiedener Firma betriebenen — Zweigniederlassung (H.-G.-B. 8 50 Abs. 3). 5. lieber die Wirksamkeit der Geschäfte des Ver treters nach außen bestimmt das allgemeine bürgerliche Recht. a) An der Spitze steht der — den Art. 52 H.-G.-B. a. F. ersetzende — 8 164 Abs. 1, 3 B.G.-B., wonach eine vom Vertreter innerhalb der Vollmacht und im Namen des Ver tretenen abgegebene oder entgegengenommene Erklärung un mittelbar zwischen dem Dritten und dem Vertretenen, nicht deni Vertreter, Recht schafft. Daß im Namen des Vertretenen gehandelt wird, kann sich auch ohne ausdrückliche Erklärung aus den Umständen ergeben; so geschieht ein Verkauf im Laden natürlich namens des Prinzipals, obwohl der Commis dies niemals ausdrücklich erklären wird. Einseitige Rechtsgeschäfte des Vertreters gegen über einem Dritten kann dieser selbst beim Vorhanden sein einer Vollmacht mit dein Erfolge der Nichtigkeit unver züglich zurückweisen, wenn ihm die Vollmacht nicht in schrift licher Form vvrgelegt wird. Deshalb kann der Vermieter selbst von dem Prokuristen, der ihm die Ladenmiete kündigen will, Vorlegung einer Vollmachtsurkunde verlangen; doch hat er mit einer Zurückweisung, wenn die Prokura im Handels register eingetragen ist, nur daun Erfolg, wenn er Nachweisen kann, daß er um die Erteilung derselben weder wußte noch wissen mußte (H.-G.-B. 8 15). b) Man kann ferner auch ohne Vollmacht oder unter Ueberschreitung der einem zustehenden Vollmacht namens eines anderen Rechtshandlungen vornehmen, besonders wenn man über den Umfang der einem zustehenden Vollmacht im Irrtum ist oder als unbeauftragtcr Geschäftsführer handelt (B.G.-B. 88 677 ff.). Solche Rechtsgeschäfte werden in ihrer Wirkung für und gegen den Vertretenen ähnlich behandelt wie die eines Minderjährigen (o. S. 4193). Verträge des unbevollmächtigten Vertreters sind hinkend, d. h. ihre Wirksamkeit für und gegen den Vertretenen hängt von dessen Genehmigung ab (B. G.-B. 8 177); bis zur Genehmigung kann der Gegner, wenn er nicht beim Abschluß um den Mangel der Vollmacht gewußt hat, widerrufen (B.G.-B. 8 178). Wenn der Vertretene nicht genehmigt, — was in: Falle einer Aufforderung des Dritten zur Er klärung auch bei zwei Wochen langem Schweigen angenom men wird (B.G.-B. 8 177 a. E.) —, so kann der Dritte nach seiner Wahl den Vertreter selbst auf Erfüllung oder Schaden ersatz in Anspruch nehmen; bei gutem Glauben des Vertreters kann er nur das negative Interesse (o. S. 4805) fordern, und wenn er den Mangel gekannt hat, auch das nicht (B.G.-B. 8 179). Eine handelsrechtliche Besonderheit gilt für den Hand lungsagenten: Wenn dieser nur mit der Vermittelung von Handlnngsgeschäften, nicht auch mit der Vertretung des Prin zipals betraut ist und gleichwohl in dessen Namen mit Dritten abschließt, so gelten seine ohne Vollmacht geschlossenen Ge schäfte als genehmigt, wenn der Prinzipal sie nicht unver züglich, nachdem er darum erfahren hat, durch Erklärung an den Dritten ablehnt (H.-G.-B. 8 85). Einseitige Rechtsgeschäfte kann ein Vertreter ohne Vollmacht weder vornehmen noch entgegennehmen; sie sind daher regelmäßig nichtig (B.G.-B. 8 180 S. 1,S. 3). Anders nur, wenn der Dritte mit der Handlung ohne Vollmacht ein verstanden war, oder wenn sich der Vertreter als Bevollmäch tigter ausgegcben und der Dritte seine Erklärung nicht wegen Siebe,mndsechzlgsler Jahrgang. Fehlens der Vollmachtsurkunde gemäß 8171 B.G.-B. zurück gewiesen hat. Dann finden die Vorschriften der 88 17"?— 179 B G.-B. über Verträge entsprechende Anwendung: das Rechtsgeschäft wird also nur bei Genehmigung des Vertretenen wirksam, und im Falle der Nichtgenehmigung ist der Ver treter selbst schadenersatzpflichtig (B.G.-B- 8 160 S. 2). o) Es kann endlich Vorkommen, daß jemand zwar als Vertreter handeln will, daß dies aber für den Gegner nicht erkennbar ist. So, wenn ein Agent namens des Auftrag gebers kaufen will, aber dessen Namen versehentlich nicht nennt. In diesem Falle wird sein Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht beachtet, und der Kauf gilt als in seinem eigenen Namen abgeschlossen, so daß nur er selbst und nicht der Auftraggeber daraus berechtigt und verpflichtet wird (B.G -B. 8 164 Abs.-2). vr. 8. Kleine Mitteilungen. Post. — Das soeben ausgegebene amtliche - Postblatt - Nr. 3, vom 2. Juli 1900, stellt in gewohnter Weise (unter Nr. 1 —7) die Post-Neuerungen des letzten Vierteljahres zusammen und fügt ihnen (unter Nr. 8) auch wieder das Verzeichnis derjenigen Länder an, die für Einschreibsendungen keinen Ersatz leisten: 1. Im Verkehre mit den deutschen Postämtern in Beirut, Jaffa, Jerusalem und Smyrna sind zugclassen: Briese und Kästchen mit Wertangabe bis 8000 (10000 Frcs.) und niit Nachnahme bis 800 (1000 Frcs.), ferner Postaufträge und Nachnahmen aus Einschreibbriefsendungen im einzelnen bis 800 (1000 Frcs.), sowie Postpakete mit Wertangabe bis 400 auf dem Wege über Rumänien. 2. Für Postanweisungen, die zwischen Deutschland und seinen Schutzgebieten und zwischen den deutschen Schutzgebieten unter einander ausgetauscht werden, gelten dieselben Gebühren wie für Postanweisungen des inneren deutschen Verkehrs. 3. Die deutschen Postanstalten in Casablanca, Larache, Mazagan, Mogador, Rabat und Saffi in Marokko nehmen fortan am Post anweisungsdienste teil. Postanweisungen nach obigen Orten, sowie nach Tanger (deutsches Postamt) haben auf Mark und Pfennige zu lauten. Die Auszahlung erfolgt in der Landeswährung (Pesetas und Centimos). 4. Nach Porto Rico sind Postanweisungen bis 100 Dollars durch Vermittelung der Vereinigten Staaten von Amerika zulässig. 5. Postpakete nach Griechenland können monatlich zweimal mit Dampfern der deutschen Levante-Linie, ab Hamburg, Beförde rung erhalten. 6. Postpackete nach den Vereinigten Staaten von Amerika dürfen nicht versiegelt sein; auch ist es nicht gestattet, die Um hüllung zuzunähen oder zuzukleben. 7. Die Wcrtgrenze, bis zu welcher im Ortsbestellbezirke der Postanstalten Sendungen bestellt werden, ist, von einzelnen Aus nahmen abgesehen, auf 6000 ^ erhöht worden. 8. Eine Ersatzpslicht für Einschreibsendungen übernehmen zur Zeit noch nicht die Vereinigten Staaten von Amerika, Argentinien, Brasilien, von den britisch-australischen Kolonieen: Südaustralien, Westaustralien und Tasmanien, Kanada, die Kap-Kolonie, Ecuador, Guatemala, Natal, Oranje-Freistaat, Paraguay und Peru. Zum strafrechtlichen Begriff der Unzüchtigkeit. — In der Deutschen Juristenzeitung (Berlin, Otto Liebmann) Nr. 12 vom 15. Juni 1900 giebt Rechtsanwalt Justizrat Or. H. Staub den nachfolgenden Bericht über die reichsgerichtliche Auffassung des Unzüchtigkeits-Begriffs: Der Normalmcnsch ist jüngst von den Schranken des Reichs gerichts zurückgewiesen worden. Eine Strafkammer hatte den Begriff der Unzüchtigkeit verneint, weil nicht anzunehmcn sei, -daß die Abbildung bei dem erwachsenen Normalmenschen das Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletze-. Das Reichsgericht (Entsch. i. Strass. Band 33, S. 17) erklärt, daß damit dem Kreise derjenigen, deren Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen die Darstellung sich eignen müsse,zu engeGrenzen gezogen werden. -DieThatsache, daß die Ausstellung der Photographieen jedem gegen Entgelt zugänglich war, ivcist darauf hin, daß sie auch von jugendlichen Personen beiderlei Geschlechtes besucht werden konnte.- «Nicht darauf kommt es an, ob die Abbildungen geeignet sind, eine bestimmte Klasse des die selbe beschauenden Publikums in ihrem Sittlichkeitsgefühl zu ver letzen, sondern darauf, ob auf das Publikum, auf die Beschauer im allgemeinen, gleichviel, welcher individuellen Kategorie sie an- qehören, die bezeichnet« Wirkung hcrvorgerufen werden kann.- Aus dieser Begründung ist ersichtlich, daß inan sich keineswegs darauf hätte verlassen dürfen, daß nur dann eine Bestrafung 677