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274, 25. November 1912. Mchtamtlicher Teil. vvrsenblatt s. d. Dtichn. vuchhanbe». 14953 leger durch Rücknahme der von diesen gelieferten Bücher geschädigt werden. Auch die Einbände der Barsortimente stimmen vielfach mit den von den Verlegern hergestellten nicht überein, die Ver leger haben selten für nicht in ihrer Buchbinderei hergestellte Ein bände Verwendung. Bezeichnung »Selbstkostenpreis«. — Die Handelskammer zu Mainz richtete am 16. Oktober an den Deutschen Handelstag folgendes Schreiben: »Die Vertreterversammlung der hessischen Handelskammern hat sich einstimmig zu dem Angebot: ,Selbst kosten plus 10 L' wie folgt ausgesprochen: Der Begriff.Selbst kosten' ist verschiedener Beurteilung vom kaufmännischen wie vom rechtlichen Standpunkt aus fähig, ist auch verschieden zu be urteilen, je nachdem es sich um Fabrikations- oder Handelsbetriebe handelt. Es erscheint daher aussichtslos, diesen Begriff einheitlich zu bestimmen. Soweit aber der Ausdruck: Selbstkosten plus 10 A' zu Reklamezwccken verwendet wird, bedeutet er eine Irreführung des Publikums, weil er den Anschein eines besonders günstigen Auge- bots erwecken soll und jedenfalls auch bei einem großen Teil des Publikums erweckt, denn das Publikum ist geneigt, unter »Selbst kostenpreis« denjenigen Betrag zu verstehen, den die Ware dem Verkäufer selbst gekostet hat, also den Einstandspreis. An diesem Eindruck wird auch dann wenig geändert, wenn in kleiner Schrift bcigefügt ist, daß die Geschäftsunkosten in den Selbstkosten einge rechnet sind, da solche Zusätze erfahrungsgemäß übersehen werden. Würde das Publikum sich wirklich des Umstandes bewußt sein, daß die Geschäftsunkosten einschließlich der Reklamekosten usw. in die Selbstkosten eingerechnet sind, daß also die 10A den reinen Rutzen darstellen, so würde es erkennen, daß das Angebot ein besonders günstiges überhaupt nicht ist, weil die meisten Händler sich zweifel los mit einem geringeren Nettoverdienst als.10^ begnügen müssen; der Neklamezweck, der doch offenbar mit der Ankündigung: »Selbst kosten plus 10L« verbunden ist, würde somit hinfällig werden. Eine Berechnung des Verkaufspreises der einzelnen Waren nach den Selbstkosten plus 10A ist aber auch unkausmännisch und volks wirtschaftlich unrichtig. Der Nutzen des Kaufmanns besteht darin, unter Benutzung aller Chancen seine Waren zu einem möglichst billigen Preise einzukaufen oder herzustellen, sie sachgemäß zu be handeln und sie sodann unter möglichst geringem Aufwand an Geschäftsunkosten zum Verkauf zu bringen. Der Nutzen, den der Kaufmann berechtigterweise erzielen kann, muß infolge der wechselnden und verschiedenartigen Momente der Preisbildung ein sehr verschiedener sein, je nach Umständen muß der Kaufmann auch mit Verlust rechnen. Dieses Verhältnis wird bei Anwendung des Grundsatzes: Selbstkosten plus 10 völlig verkannt, ja insofern sogar in sein Gegenteil verkehrt, als der Gewinn des Kaufmanns nach dem Prinzip ,Selbstkosten plus 10 U' um so größer werden müßte, je größer seine eigenen Unkosten sind. Die Ankündigung .Selbstkosten plus 10 A' ist hiernach wegen der darinliegenden Täuschung des Publikums entschieden zu verurteilen, ebenso wie das Geschäftsprinzip.Selbstkosten plus 10 A' kaufmännisch und volkswirt schaftlich unrichtig und verwerflich ist. — Da wir es für möglich halten, die deutschen Handelskammern zu einem einheitlichen Vor gehen im Sinne der Erklärung der hessischen Handelskammern zu veranlassen, sprechen wir die Bitte aus, den Gegenstand: Reklame .Selbstkosten plus 10 A' in der zuständigen Kommission oder in der nächsten Ausschußsitznng (des Deutschen Handelstags) auf die Tagesordnung zu stellen.« Tie Handelskammer zu Barmen richtete am 5. November an den Deutschen Handelstag folgendes Schreiben: »Nach einem Urteil des Kammergerichts soll in Berlin das kaufende Publikum unter Selbstkostenpreis des Kaufmanns den Einkaufspreis zuzüglich der Kosten, die ihm bis zur Bereitstellung der Ware zum Verkauf entstehen, also der Generalnnkosten, begreifen. Infolge dieser Entscheidung wird jetzt diese Art der Reklame in vielen Städten benutzt, um Käufer heranzulocken. Dieses bedauerliche Anwachsen der Spekulation auf das mangelnde Verständnis des Publikums vom gerichtlich sanktionierten Wesen des Selbstkostenpreises hat schon verschiedene Handelskammern zur Stellungnahme ver anlaßt, die ausnahmslos gegen die Entscheidung des Kammer- gcrichts erfolgt ist. In unserer letzten Plenarversammlung wurde ans Vorschlag unserer Kleinhandelskommission, die ein gehend über diese Frage beraten hatte, einstimmig folgende Reso lution angenommen: ,Jn einer Reklame versteht das Publikum! Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. unter Selbstkosten des Kaufmanns den Einkaufspreis der Ware (event. zuzüglich der auf der Ware liegenden Spesen für Porto und Fracht). Das Publikum legt eine Annonce .Selbstkostenpreis plus 10^ Aufschlag' dahin aus, daß aus den Fakturen- prcis 10A aufgeschlagen sind, daß also in dem lOA-Auf- schlag die Unkosten für Miete, Gehälter und sonstige Generalnnkosten inbegriffen sind. Wird eine solche Annonce .Selbst kostenpreis plus 10L Aufschlag' anfgegeben, so geschieht dies nur in der Absicht, bei dem Publikum den Anschein zu erwecken, als begnüge man sich mit diesem kleinen Prozentsatz als Brutto gewinn. Die Handelskammer erblickt in einer solchen irre führenden Absicht einen Verstoß gegen das Gesetz betr. den un lauteren Wettbewerb und hofft, daß die Rechtsprechung sich auch, im Gegensätze zu einigen ergangenen Erkenntnissen, in Zukunft auf diesen Standpunkt stellen wird.' Wir versprechen uns aber nur dann einen Erfolg von einem Vorgehen gegen das genannte Urteil, wenn der Deutsche Handelstag seinerseits die Angelegenheit in die Hand nimmt. Wir bitten daher den Deutschen Handelstag, zu der Reklame .Selbstkostenpreis plus 10A Ausschlag' Stellung zu nehmen und in der nächsten Sitzung der dortigen Kommission betr. Kleinhandel beraten zu lassen.« Der Tetaillistenverband der Bekleidungsindustrie und ver wandter Branchen E. V. Sitz Berlin richtete am 7. November an den Deutschen Handelstag folgendes Schreiben: »Ans Anlaß einer Rundfrage über die in den verschiedenen Handelskammer bezirken im Publikum herrschende Auffassung der in den öffent lichen Tageszeitungen erscheinenden Reklame .Selbstkostenpreis' regte eine große Reihe von Handelskammern an, in Anbetracht der ungeheuren Schädigungen, welche die erwähnte zur Irrefüh rung des Publikums in hohem Grade geeignete Reklame dem redlichen Handel zufügt, den Deutschen Handelstag um Stellung nahme gegen die erwähnte, in jüngster Zeit sich breiter machende Vertriebsart zu ersuchen. Mit einer einzelnen Ausnahme haben alle zu Wort gekommenen Handelskammern begutachtet, daß die Reklame .Selbstkostenpreis plus 10^' im Publikum die Meinung auslöst, als ob es sich um einen Bruttonutzen von 10A handle, und daß diese Art der Ankündigung geeignet sei, Jrrtümer hervor zurufen, in den Kreisen von Handel und Gewerbe Verwirrung anzurichten, und aus diesen Gründen aus dem öffentlichen Verkehr verschwinden müsse. Der Anregung der Handelskammern folgend, richten wir an den Deutschen Handelstag die Bitte, auf die Tages ordnung des nächsten Handelstags .Die Reklame Selbstkostenpreis plus 10A' zu setzen.« (Handel u. Gewerbe.) Aus dem Antiquariate. Die Bibliothek des verstorbenen polnischen Philosophen H. Struwe, in der Hauptsache Philo sophie in deutscher und polnischer Sprache sowie polnische Literatur geschichte enthaltend, ist in den Besitz der Fa. Joseph Jolowicz in Posen ttbergegangen. Ein Katalog der Bibliothek befindet sich in Vorbereitung. Patriotische »Sachen«. — Ein Helles Schlaglicht auf den Geist, die Gesinnung und die Ausdrucksweise gewisser Kreise wirft folgendes in Berliner Blättern erschienene Inserat: Für große patriotische 1913-Sache werden zur Gründung einer G. m. b. H. 20 000 ^ (auch ge teilt) gesucht. Sache zeitigt hohe Anerkgn. und bringt großen Gewinn. Herstellungsnnkosten betragen 0.25; Verkaufspreis ./r 2.50. Offerten an: Dipl.-Jngenieur 1813—1888—1013, usw. »Daß solche .patriotische 1913-Sache' auch .hohe Anerkennungen' zeitigt«, bemerkt Ferdinand Avenarins in der Halbmonatsschrift .Kunstwart und Kulturwart, »glaubt man gern, ebenso daß.Sache' großen Gewinn bringt. Denn statt daß man diese Herrschaften ans den vaterländischen Tempeln mit Ohrfeigen jagte, gehen nicht nur die Militärvereine, sondern auch die Exzellenzen und Hoheiten in deutschen Gauen noch dntzend- und grosweise ans ihren Schacher ein, empfehlen das Zeug und machen sich dadurch der Fälschung unseres völkischen Wesens mit schuldig.« Bücher- und Bildervcrsand nach der Schweiz. — Das oft nicht durch bessere Einsicht, sondern durch rigorose Beachtung des Buch stabens diktierte Vorgehen der schweizerischen Zollorgane bei nicht genau dem Tarif entsprechender Deklariernng hat schon von jeher zu Klagen ans Kollegenkreisen Anlaß geboten. Da die Zollver- 1941