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sdü 28, 3. Februar 1925. Reüallionellei TeU. Die Furcht vor uusachgemäßen ReslauralionSdehandlungen und deren nicht wieder gut zu machenden Folgen ist es nun Wohl, welche den Liebhaber von Büchern oder den Sammler von Graphiken mit Recht skeptisch gemacht haben, ihre sorgsältigst gehüteten Schätze einer Restauration zuzusühren, wennschon vielleicht mancher von ihnen von dem Wunsch ersüllt gewesen ist, etwa anhastcnide Schäden gern beseitigt zu sehen. Hu deir vorstehenden Aussüyrungen veranlaßt mich eine über lange Heit der Restauration alter Bücher und Graphiten gewidmete Tätigkeit, in deren Verlaus es mir möglich gewesen ist, zit der Überzeugung zu gelangen, daß ein sachgemäßes Be kämpfen der in Frage kommenden Schäden in den weitaus meisten Fällen wohl möglich ist. Über das Maß des Erreichbaren möchte ich schließlich einem Fachmann von erster Bedeutung das Wort geben: Der Antiquar Emil Hirsch-München, welcher mir kürzlich eine Erstausgabe der Deutschen Literatur zur Bearbeitung über mittelt hatte, teilte mir nach deren Rückgabe mit, daß diese nach der tadellosen Beseitigung der in ihr vorhanden gewesenen zahl reichen Wasser-, Rost-, Stock- urid Moberslecken, welche das Buch nur noch als Makulatur hätten ansprechen lassen, in nunmehr vorliegendem Hustande auch einem anspruchsvollen Sammler wieder begehrenswert erscheinen würde. Der Wert der Art der im Eingang der vorliegenden Be trachtung erwähnten Bücherschütze und von Graphiken von Be deutung >ist in dauerndem Wachsen begriffen, besonders auch infolge des Umstandes, daß solche zum Teil ins Ausland gehen, zum Teil in öffentlichen Sammlungen ihren dauernden Platz finden. Dieses Schicksal erklärt es, daß z. B. unsere kost baren Holzschnittbücher und Denkmäler der Deutschen Literatur des xvi. Jahrhunderts vom Büchermarkt so gut wie verschwun den sind. An die Stelle der Fülle, wie solche die Sammlungen Kuppitsch, Meusebach, Maltzahn, Heyse aufweisen, ist fast eine völlige Leere getreten. Mit Recht sagt Karl Wolfskehl in seiner stimmungsvollen Einleitung zum Auklionskatalog der Bibliothek Pilvty — durch Emil Hirsch-München 1918 versteigert —, welche nochmals Holz schnittbücher wie den Ulmer Boccaceio von 1475, wie den Johan nes von Hildesheim, Straßbnrg, Knoblochtzer, 1483, den Acker- mann von Böhmen, Straßburg 1500 (wohl das Exemplar Kata log 05 von Ludwig Rosenthal-München) und die wertvollsten Werke des großen Johann Fischart darbieten konnte, von dieser Bibliothek, daß sie vielleicht die letzte Bibliothek dieser Art sei, welche noch zusammengebracht werden konnte. Welchen Ausstieg zur Höhe tu der Preisgestaltung die Wert« der Deutschen Literatur der klassischen und romantischen Periode, auf welche sich das Interesse der meisten Mitglieder der deut schen Bibtiophiiengemeinde richtet, seit der Auktion der Biblio thek Runze-Zolling — mit dieser Auktion hat das Kunstanti- quaviat C. G. Boemer-Loipzig 1904 den Reigen der großen deutschen Buchaultionen eröffnet — genommen hat, ist über den Kreis der Bücherliebhaber hinaus allgemein bekannt. Die Pflege kostbarer alter Drucke ist Pflicht aus ethischen und Praktischen Gründen. 10V jähriges Bestehen einer großen schwedischen Derlagsfirma. Am 1. Dezember 1923 beging die angesehene Verlagsbuchhandlung und »Königliche Buchdrucker!!» P. A. Narstedt Sr Söner in Stockholm ihre sehr großzügig, nahezu fürstlich gehaltene Jubiläums feier. Die vor, während und nach dem Fest« von der Firma ver öffentlichten Festschriften sind erst vor kurzem durch eine neue Publi kation bereichert worden, sodaß die Jubiläumsklänge immer noch nach wirken und wohl noch weiter nachklingen dürften, denn im Jahre 1928 kann auch die Druckerei ihr lOOjähriges Bestehen feiern. Aus diesen Gründe» kommt der Bericht über das Verlagsjubiläum so verspätet. Der Verlag von Norstedt ist vielleicht der größte in Schweden, wenn nicht Bonnier als solcher gilt; es ist dies nämlich recht schwer sestzustetlen. Durch Ankauf der damaligen. Lindhschen Buchdruckerei und Schriftgießerei in Stockholm, der auch ein kleiner Verlag ange gliedert war, wurde die Firma am 1. Dezember 1823 von deren Gründer, dem Ratsherrn Per Adols Norstedt aus Orcbro, ins Han delsregister eingetragen. Seine beiden Söhne Adolf und Carl traten zunächst als Gehilfin in das Geschäft ein. Bereits nach ftins Jahren, 1828, zog sich der Gründer ins Privatleben zurück und überließ den Söhnen die Wetterführung der Firma. Adolf Norstedt, der ältere der beiden Brüder, war vorher Hosgerichtsjekretär und übernahm die Büroarbeiten, mußte sich aber 1832 infolge angegrisscner Gesundheit ebenfalls zurückziehcn. Der weitere Ausbau und die Entwicklung der Druckerei siel dem jüngeren Bruder, Carl Norstedt, zu, der während säst vier Jahrzehnten die treibende Kraft des Unternehmens war. Als ehemaliger Militär verband er unermüdlichen Fleiß mit einem stark entwickelten Sinn für Ordnung und Disziplin. Im Jahre 1889 nahm er seine beiden Verwandten Emil Norstedt und Gustav Laurin als Teilhaber in die Firma aus, doch schon nach dem im Jahre 1882 erfolgten Tode von Carl Norstedt schied Emil Norstedt wieder aus und widmete sich der Landwirtschaft. Die Brüder Gustav und Albert Laurin, di« mütterlicherseits der Familie Norstedt entstammten, Über nahmen nun das Geschäft und sllhrten es im Geist der Norstedtschen Überlieferung weiter. Der ältere, Gustav lGösta), übernahm die Druckerei, während der jüngere, welcher I)r. Mt. und Literaturhisto riker war, sich der Verlagstätigkeit widmete, deren eigentlicher Gründer er im Rahmen dieser Firma zu sei» scheint. Beide starben rasch hintereinander. Albert im Jahre 1878 und Gösta im Jahre 1879. Vorher trat »och ei» dritter Bruder der beiden, Carl Laurin, in das Geschäft ei». Nach dem Tode Gösta Lanrins wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft nmgewandelt, deren Leitung Carl Laurin als wirt schaftlicher Direktor und der bisherige juristische Beirat der Firma und frühere Bezirksrichter G. B. A. Holm (der nachmalige Vorsitzende des Schwedischen Bertcgervereins, infolge seiner Unbeugsamkeit in bnchhändlerifche» Fragen »Buchhändlerkönig» genannt) als geschästs- fiihrender Direktor übernahmen. Als drittes VerwaltnngsratSglied fungierte der Bankdirektor Chr. Eberstein aus Rorrköping, dem 1898 der Großkausniann, nachmaliger Staatsminister und derzeitiger Uni versitätskanzler Carl Swartz (ebenfalls aus Norrköpingj folgte. Noch oor dem 1910 erfolgten Tode Holms wurde die Verwaltung der Firma abermals geändert und diesem allein, mit dem Titel »Dispo nierender Direktor« übertragen. Dem gegenwärtigen Direktor, srühe- rem Kammergerichtsrat Conrad Carleson, der ebenfalls Vorsitzender des Verlegervereins ist, stehen als Beiräte zwei Aktieninhaber zur Seite, von denen Thorsten Laurin (Sohn Göstas) gleichzeitig stellver tretender Direktor und Leiter der belletristischen Verlagsabteilung ist. Als zweiter stellvertretender Direktor wirkt seit 1918 der frühere Domänenintendant Gerhard Alexandersson. Die ansänglich gesondert untergebrachtc Druckerei und Schrift gießerei wurden im Jahre 1831 in einem eigens erworbenen Grund stück vereinigt, das immer weiter mit neuen Gebäuden vergrößert wurde, bis das Unternehmen schließlich in dem gegenwärtigen Riesen bau untergcbracht werden konnte, der aber auch schon zu eng wird. Fm Jahre 1883 wurde die Firma zur königlichen (amtlichenj Druckerei ernannt und übernahm damit auch den Druck der staatlichen Veröffent lichungen. Die wichtigsten, noch heute erscheinenden derselben sind die »Svenslc leörkattningsLamting« tNeichsgesetzblatt), die »?ost- vcb In- ribes Dtckuingar» tReichSverordnungsblatt) und schließlich die für die Akademie der Wissenschaften privilegierte» Kalender verschiedener Aus gaben, die von 1823 bis 1904 von der Firma gegen eine Pauschale ge pachtet waren. Einen hervorragenden Play unter den Bertagswerken der Firma nehmen seit langem die für verschiedene Stadien bestimmten Schul- und Lehrbücher ein. Auch die schöne Literatur gewinnt immer breiteren Raum, wie auch die Gebiete Geschichte, Biographien und Archäologie, der nunmehr Kunstgeschichte und Literaturgeschichte eben bürtig zur Seite stehen. Die Firma läßt es sich ferner angelegen sein, der schwedische Verleger der literarische» Nobelpreisträger zu wer den, und hat unter anderm bereits Werke solcher in schwedischer Über tragung hcrausgebracht, nämlich von Björnso», Heyse, France, Rolland, Maeterlinck, Gjellerup, Pontoppidan, Tagorc und Aeats. Durch allmählichen Aufkauf und Übernahme einer Anzahl größerer Druckereien vergrößerte sich das Unternehmen immer mehr, sodaß sich nun Verlag, Druckerei, Buchbinderei, Schriftgießerei usw. ziemlich ebenbürtig gegenüberstehen. Ein Bild des raschen Ausstieges zeigen folgende Zahlen: Angestellte im Jahre 1839 insgesamt 39, im Jahre 1879 bereits 184; im Jahre 1904 waren cs 387 und im Jnbiläums- jahre 1923 insgesamt 881 Personen. Der Umsatz des Verlagsuntcr- nehmens betrug 167 090 Kronen im Jahre 1882 und stieg 1900 ans 1199 000, während er nach weiteren zwölf Jahren schon 1 Millionen schwedische Kronen überstieg. An Autorenhonorar wurden im Jahre 1889 <die Pachtsumme von 83 900 Kronen für die Kalender mit ein- bercchnet) 119 000 Krone» und »ach dreißig Jahren, d. h. 1922, be reits 080 000 Kronen (ohne Kalenderpachtj durch den Verlag aus- «örseoblott l. den D.'iitlchen Buchhandel V2. Sahreang 217