Volltext Seite (XML)
187, 14. August. 3395 Nichtamtlicher Theil. Sortimenter haben kann; denn kommt der Kunde mit dem Katalog angerückt und findet von den angezcigten Büchern vielleicht kein einziges auf Lager, so ist in diesem Fall der Schaden für das Ge schäft wohl größer, wie der Nutzen, denn der Mann wird wahr scheinlich ein zweites Mal nicht wiedcrkommen. Einschaltend er lauben wir uns zu bemerken, daß immerhin das Gebiet der Fach - katalogediegrößteBeachtung verdient, und der Centralverband könnte höchst segensreich wirken, wenn er die sorgfältige Bearbeitung solcher Kataloge in Auftrag gäbe. Die Baldamus'schen Kataloge erfüllen ihren Zweck schon des Preises wegen nicht, ebenso wenig die Gracklauer'schen Kataloge, da sich beide auf bestimmte Zeitab schnitte beschränken. Die Fachkataloge nach Art der größeren Berliner und Wiener Specialhandlungen, etwa mit genauer Berücksichtigung der PreisherabsetzungeneinzelnerVerlags- handlungen würden sicher Großes leisten. Wir geben anheim zu erwägen, ob nicht den Verleger solche Fachkataloge, in denen er selbst seine nicht mehr gangbaren älteren Artikel zu herabgesetzten Preisen ankündigen kann, vor einem allgemeinen Ramsch häufig bewahren könnten, während dem modernen Antiquariat damit geradezu ein großer Theil seines Terrains abgewonnen würde. Doch zurück zum „Protest"! Als drittes Vertriebsmittel preist uns derselbe die Verbreitung von Prospecten an. Auch darin be sitzen wir einige Erfahrung. Eine Beilage von 10,000 Prospecten aus ein gangbares vielverbreitetes Werk lieferte uns einen Abonnenten. Von 8000 Prospecten, welche für ein Localblatt zu Weihnachten nöthig sind, und die die schönste Auswahl von Geschenkliteratur verzeichneten, lieferten uns noch nicht fünf ein greifbares Resultat. Doch man wird einwenden: das sind deine Erfahrungen; die Firma Keppel L Müller wird andere Erfahrungen gemacht haben und es gibt Dir Niemand das Recht, die Behauptungen des „Protestes" in dieser Beziehung anznzweifeln. Wir sind auch weit entfernt, die Aufrichtigkeit des „Protestes" in Frage zu stellen. Derselbe vergißt nur leider den Grund zu erwähnen, warum die Manipulationen des modernen Antiquariats in dieser Beziehung wirksam sind. Wir wollen's verrathen. Es ist einzig und allein das Wörtchen „statt", das hier den Ansschlag gibt. Wenn in dem Inserat zu lesen ist: statt 20 M. nur 16 M., wenn in dem Kata log steht: statt >0 M. nur 8 M., wenn der Prospect etwa die Be zeichnung mit Blau- oder Rothstist trägt: statt 1 M. nur 80 Pf. per Lieferung, dann erweisen sich diese Vertriebsmittel als wirksam, sonst nicht. Haben wir etwa Unrecht, Herr Keppel-Müller? Welches ist dagegen die Wirkung von Ansichtssendungen? Darin glauben wir auch ein bischen Erfahrung zu besitzen und aus Grund dieser Erfahrung können wir dem Herrn Verfasser des „Protestes" mit Zahlen dienen, die vielleicht besser reden, als die oft gehörten Phrasen von veralteten Manipulationen. Wir er zielen beispielsweise mit einem einzigen Werk einen Umsatz von über 15,000 M. Dieses Resultat verdanken wir ohne Ausnahme der Ansichtsversendung; nichts davon der Kolportage, nichts den Kata logen, nichts den Inseraten und am allerwenigsten der Versendung von Prospecten. Auch hat das bekannte Wörtchen „statt" zu dem Resultat nichts mitgewirkt. Dabei ist uns keine einzige Bestellung von selbst ins Haus gelaufen. Doch halt! damit wir hier ganz bei der Wahrheit bleiben: ein Auftrag ist uns durch einen Reisenden übergeben worden. Wir glauben aber nicht Unrecht zu thun, wenn wir hierbei das sonst grundfalsche Sprichwort in Anspruch nehmen „Einmal ist keinmal". Ein anderes Beispiel! Einer unserer lang jährigen und besten Kunden am Platze pflegt so gut wie gar nicht unfern Laden zu betreten, feste Aufträge sind bei ihm ebenso selten, wie seine Besuche. Trotzdem haben wir mit ihm stets eine Jahres- rechnung von nicht unter 600 M. erzielt. Wir könnten diese Beispiele durch Hunderte ähnlicher Art bekräftigen. Sie alle würden den Beweis liefern, daß diese veraltete Methode denn doch noch recht ersprieß liche Resultate zu liefern im Stande ist. Der Stolz und der Nerv jedes Sortiments sind die Continuationslisten; werden keine An sichtssendungen gemacht, so wird auch ihr Bestand ein geringer sein. Von dem, was aber täglich von selbst kommt, wird kaum ein Sortiment bestehen können. Es kommt freilich bei den Ansichts sendungen etwas daraus an, was versandt wird, oder vielmehr was nicht versandt wird. Es ist uns weniger drückend, von unseren Kunden zu vernehmen, wir hätten ihm eine neue Erscheinung nicht geschickt, als es uns peinlich ist, hören zu müssen, wir hätten ihm etwas zugesandt, was ihn nicht interessirc. Darinliegt aber unseres Erachtens vielfach das Geheimniß des Erfolgs von Ansichtssen dungen, und wir sind überzeugt, daß, was wir hier sagen, von Hunderten intelligenter Sortimenter bestätigt werden kann; wie denn dies Geheimniß auch nicht aus unserem Boden gewachsen ist, sondern wir haben es in unserer Lehre von dem Gehilfen gelernt, aber in langjähriger Praxis reichlich bestätigt gesunden. Dem gegenüber finden wir es geradezu lächerlich, wenn das „Groß-Sortiment" mit Resultaten prahlt, die, wenn man sie näher betrachtet, es weder seiner Intelligenz, noch seinem Eifer zu danken hat, sondern wir sprechen das mit voller Ueberzeugung aus, lediglich der Schleuderei. Oder ist es etwa eine besondere Kunst oder ein großes Verdienst, den Absatz z. B. von eingesührten Schulbüchern in die Hand zu bekommen, indem man die Fibel um 5 Pf. billiger verkauft, als die übrigen Handlungen der Stadt, die zur gegenseitigen Schonung des Geschäfts an dem Ladenpreis fest- halten? Jedes Schulkind muß das Buch haben, gleichviel ob es 50 oder nur 45 Pf. kostet, und derjenige Verleger ist gänzlich auf dem Irrwege, der solche Resultate der besonders wohlwollenden Thätig- keit des „Groß-Sortiments" zuschreibt und sich am Ende gar noch für dieses Wohlwollen bedankt. Er möge nur einmal irgend eine andere Handlung autorisiren, das eingeführte Schulbuch um 10— 20?l> billiger zu verkaufen, so wird er sich leicht überzeugen, was die Thaten des „Groß-Sortiments" Werth sind. Ueberhanpt möchten wir denjenigen Verlagshandlungen, die sich von dem „Protest" über zeugt halten, rathen, doch nur ein Jahr lang mit ihrem Verlag die Probe zu machen, nichts mehr ä cond. zu versenden, sondern sich auf die Kataloge, Prospekte und Inserate der Herren „Groß-Sortimenter" zu verlassen. Krebse werden sie allerdings nicht zu erwarten haben, aber auch keine Bestellungen. Mit dem vorstehend Gesagten wollen wir keineswegs leugnen, daß auch die wirklichen Groß-Sortimente, namentlich die Fachsortimente, wie sie in Berlin und Wien existiren, Berechtigung haben. Mit Interesse und zur eigenen Orientirung be nutzen wir die Sortimentskataloge von Puttkammer L Mühlbrecht, von der Polytechnischen Buchhandlung, von Wasmuth in Berlin oder von Gerold L Co., Frick's Hosbuchh. in Wien; diese dienen mit ihren aufs sorgfältigste ausgestatteten Lagern, mit ihrer genauen Kenntniß der Fachliteratur Interessen, die der Provinzial-Sorti- menter unmöglich in so ausgiebiger Weise erfüllen kann. Sie werden aber, wenn nicht gedrängt durch andere Preisverderber, nicht nöthig haben, zu Schleuderpreisen ihre Zuflucht zu nehmen. Im Gegen theil, ihnen kann die Bewegung gegen die Schleuderei nur zu Statten kommen, denn was sie an Umsatz etwa einbüßen, werden sie durch bessere Preise am Ort und in der Provinz reichlich wieder ersetzt er halten. Es ist uns mitgetheilt worden, daß eine Firma infolge von Schleudermanipulationen ihren Umsatz um 20,000 Mark er höht habe. Wir glauben, nicht widerlegt werden zu können, wenn wir behaupten, daß die ganze Arbeit lediglich geschah, wie man zu sagen Pflegt, „paar Io roi äs Urusss". Und das wäre noch der günstigste Fall. Wir sind aber nicht im Zweifel darüber, daß das Geschäft mit efsectivem Schaden gearbeitet hat, Ein Umsatz von 477 -