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6298 vörscnblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Sprechfaul. ^ 117, 22. Mai 1912 gegeben (1897). Der Verstorbene war übrigens nicht nur ein ausgezeichneter Fachmann, sondern auch, wie seine »Streifzüge an der Riviera« und andere Reiseschilderungen beweisen, ein feinsinniger, anregender Schriftsteller. Sprechsaal. Verkaufsordnung tz 12. 1. Nur im äußersten Notfall wage ich die Flucht in die Öffent lichkeit. Es kommt dabei meist nichts heraus, wie dauernde Ver bitterung. Der vorliegende Fall »Zweierlei Preise« liegt jedoch so eigenartig und ist auch als Beispiel, was alles im Schatten des § 12,1 der Verkaussordnung als »nicht verboten« geschieht, charakteristisch genug, um Wohl die Meinung aufkommen zu lassen, sowohl Verlag wie Sortiment werden mit Interesse Kenntnis davon nehmen. In verschiedenen landwirtschaftlichen Blättern erschien Ende des vorigen und Anfang dieses Jahres ein Inserat: Bekanntmachung. Wir haben mit dem Verleger des Werkes »Der prak tische Landwirt«, herausgegeben von Professor Or. C. Steinbrück, das Abkommen getroffen, daß unsere Mit glieder das Werk zum Vorzugspreise von 25 ^ statt 35 auf Wunsch auch gegen monatliche Teilzahlungen erhalten. Das Buch umfaßt 2 Bände mit 2770 Seiten Text. Es enthält 600 Ab bildungen und 12 farbige Tafeln. Eine Mappe mit 4 zerlegbaren Tiermodellen (Pferd, Rind, Hund. Schwein) wird kostenlos mitgeliefert. Dieses lehrreiche Werk ist von Landwirtschaftskammern usw. zur Anschaffung empfohlen worden. Bei Bestellungen ist auf dieses Angebot Bezug zu nehmen, sonst sind 35 ^ zu zahlen. Die Bestellungen sind direkt an die Buchhandlung E. H. F. Reisner, Leipzig, Salomon-.Straße 10, zu richten. Zunächst konstatiere ich, daß die »Bekanntmachung« ohne Unterschrift und — wie ich festgestellt habe — auch nicht von den Vorständen der betreffenden landwirtschaftlichen Vereine, in deren Vereinsblättern sie abgedruckt ist, erlassen war. Hinrichs' und Volckmars Kataloge verzeichnen das Buch i n 4 B ä n d e n zu 30 mit Ergänzungsband zu 37 Weitere Ermittelungen ergaben, daß die Firma vr. Max Jänecke in Hannover als Verleger das Buch vor seinem Er scheinen im Jahre 1907 an die Firma I. I. Arnd in Leipzig (Be sitzer Ernst Reisner) zum Alleinvertrieb verkaufte, sodaß es auf dem üblichen Wege überhaupt nicht verbreitet worden ist. »Der Preis des Buches beträgt: 30 (nicht: 35 ^), und die Firma I. I. Arnd hat sich seinerzeit das Recht Vorbehalten, Mitglieder landwirtschaftlicher Vereine und Abonnenten landwirtschaftlicher Zeitungen einen Vorzugspreis einzuräumen, der aber höchstens 20°/, niedriger als der Ladenpreis sein darf. Es ist ihr aber dafür vom Verlag die Verpflichtung auferlegt worden, dem Sor timentsbuchhandel das Werk mit einem Mindestrabatt von 33^°/, für die zu gewöhnlichem Preise zu liefernden Exemplare und mit einem solchen von 25°/« für die Exemplare zum Vor zugspreise abzugeben.« Bekannt gemacht und zum Einträgen in die Kataloge eingereicht ist diese Ausgabe des Steinbrückschen Buches nicht, sie blieb also völlig unbekannt im Buchhandel, — dagegen erschien 1908 für den Buchhandel eine wortgetreu mit der von Arnd verkauften Ausgabe übereinstimmende Auflage in 4 Bänden zu 30 ^ ordinär (mit Ergänzungsband 37 <F). die nun den »geehrten Herren Kollegen« als Novität auf das wärmste zum Vertrieb empfohlen wurde, — natürlich unter Ver schweigung des Umstandes, daß die Mitglieder von landwirtschaft lichen Vereinen und die Abonnenten von landwirtschaftlichen Zeitungen »um höchstens 20°/,« weniger zu zahlen brauchen. — Nun sind aber nur Landwirte Käufer dieses Buches, und es gibt Wohl in Deutschland keinen Landwirt, der nicht Mitglied irgend eines landwirtschaft lichen Vereins oder Abonnent einer landwirt schaftlichen Zeitung ist! — Sollte es Wohl wirklich noch viel Dumme geben, die 30 für ein Buch zahlen, das sie für 25 ^ zu beziehen in der Lage sind? Die Vorzugspreise, unter dem Anschein der Berechtigung eine neue Form der Schleuderei, machen uns das Leben in der Provinz sehr schwer. Wir sind geschäftlich allüberall von Vor zugspreisen umgeben und beginnen bei den Festnagelungen schon zu erlahmen. Es geht damit wie bei der Wanzenjagd, drückt man ein Beest tot, so sind gleich ein Dutzend Plagegeister gleicher Art wieder da. Ich möchte nun fragen: 1. War es recht gehandelt von der Verlagshandlung Or. M. Jänecke, zwei Parallel-Ausgaben des Praktischen Landwirtes zu bringen, eine heimliche zu 25 ^ für alle Landwirte und eine bekanntgegebene zu 30 «F, an der sich der Buchhandel die Zähne ausbeißen kann? 2. Durfte die Verlagshandlung Herrn Reisner gestatten, allen Landwirten 20°/, zu gewähren? 3. Durfte Herr Reisner, selbst mit Genehmigung der Verlags buchhandlung, 20°/, geben und öffentlich aus bieten ? 4. Was würde einem »regulären« Sortimenter geschehen, der ein 30 ^ kostendes Werk so ausbietet: »statt 35 ^ nur 25 ^«? 5. Wo bleiben Treu und Glauben bei einem Verfahren, wie dem vorstehend geschilderten? Güstrow. Emil Opitz. Gegen die weitere Veröffentlichung der oben wiedergegebenen Bekanntmachung habe ich bei der Firma I. I. Arnd bzw. E. H. Friedrich Reisner Einspruch erhoben und sie gleichzeitig gebeten, bei allen Ankündigungen darauf hinzuweisen, daß das Werk auch durch den Sortiments-Buchhandel zu gleichen Preisen be zogen werden kann. Das Sortiment ist, wie der Einsender auch selbst erwähnt, jederzeit in der Lage, das Buch zu gleichen Preisen wie die Firma I. I. Arnd zu liefern. Da der Einsender über eine überfülle derartiger Vorzugs angebote klagt, ist es eigentlich nicht recht ersichtlich, weshalb er sich öffentlich zuerst gegen einen im Jahre 1907 erfolgten Ge schäftsabschluß wendet, der bisher zu irgend welchen Beschwerden Anlaß überhaupt nicht geboten hat und lediglich durch eine ver unglückte Anzeige einer Reisebuchhandlung augenblicklich von Interesse geworden ist. 1907 galt es meines Wissens noch nicht als Todsünde. Vereine usw. durch Gewährung von Partiepreisen für den Absatz zu gewinnen, vorausgesetzt, daß dabei auch dem Sortiment ein auskömmlicher Rabatt gewährt wurde. In zwischen hat ja gerade auf diesem Gebiete eine andere, schärfere Auffassung Platz gegriffen, die aber 1907 noch nicht vorausge sehen und der deshalb seitens meiner Firma auch nicht Rechnung getragen werden konnte. Die Vereinbarungen mit der Firma I. I. Arnd sind in der selbstverständlichen Voraussetzung ge troffen worden, daß sie bei allen Vertriebsmaßnahmen auf das Sortiment jedmögliche Rücksicht nimmt; für die beanstandete Anzeige trägt sie allein die Verantwortung. Ganz abgesehen davon, daß es sich bei der oben abgedruckten Anzeige jedenfalls nur um eine vereinzelte Entgleisung der Reisebuchhandlung handelt, werden die Schlußfolgerungen des Einsenders schon durch den Umstand widerlegt, daß von der in den Buchhandel gebrachten Ausgabe, die übrigens in ihrer Ausstattung grundverschieden von der für den Reisebuchhandel bestimmten ist, teils unter Mitwirkung, teils unter bloßer Ver mittelung des Sortiments schon ein wesentlich größerer Absatz erzielt ist. Das Werk war und ist für eine ganze Anzahl Firmen ein sehr lohnendes Objekt, und es hätte deshalb auch nicht im Interesse des Sortiments gelegen, es überhaupt nicht in den Buchhandel zu bringen, wie es natürlich auch nicht möglich er schien, bei diesem, auf einen großen Absatz zugeschnittenen Werk den Reisebuchhandel auszuschließen. Leipzig. 18. Mai 1912. vr. Max Jänecke, Verlagsbuchhandlung. Ich will Herrn Opitz gern die noch vorhandenen Vorräte meiner Ausgabe zum Selbstkostenpreis überlassen, damit er sie nach einer Methode verkaufen kann, die seiner Meinung nach nicht gegen Treu und Glauben verstößt. Leipzig. E. H. Friedrich Reisner.