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742 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 14. 18. Januar 1912. Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz und in Anbetracht des Umstands, daß in den meisten Handels zweigen erstklassige deutsche Firmen hierzulande bereits ihre ständigen Vertreter haben oder das Land regelmäßig be- reisen lassen, ist die Einführung neuer Firmen nicht selten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, und es bedarf zuweilen umfassender Nachforschungen und auch der Aufwendung von Kosten für Zeitungsinserate, um einen rührigen Agenten ausfindig zu machen, der nicht bereits durch ander weitige Vertretungen gleicher Art gebunden ist. Den beim Generalkonsulat in Zürich zahlreich eingehenden Anträgen auf Nach- Weisung kaufmännischer Vertreter in bestimmten Geschäftszweigen kann unter diesen Umständen unmittelbar nur in solchen Fällen entsprochen werden, wenn eine geeignete Persönlichkeit der Be hörde entweder bereits bekannt oder durch Nachfragen in den dem Generalkonsulat nahestehenden Geschäftskreisen ohne Weite rungen zu ermitteln ist. Andernfalls muß es den Beteiligten überlassen bleiben, sich an ein kaufmännisches Auskunftsbureau zu wenden oder mittelst Zeitungsinserats eine zur Vertretung ge eignete Firma zu ermitteln. Mit der Nachweisung von kaufmännischen Vertretern befaßt sich u. a. die hiesige Filiale der bekannten Auskunftei von Schimmel- pfeng, Bahnhofstraße 70. Für ein Inserat der in Rede stehen den Art geeignet ist die »Neue Züricher Zeitung«. Verzeichnisse der in der Schweiz erscheinenden Fachzeitschriften finden sich in den alljährlich veröffentlichten Zeitungskatalogen der Annoncen- Expeditionen von Haasenstein L Vogler, Rudolf Mosse u. a. (»Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft.«) Winke für den Berkehr mit dem Kaiserl. Konsulat in Tunis. — Kreditauskünfte: Die Auskünfte werden in Tunis vielfach von Personen erteilt, die nicht immer Vertrauen verdienen. Das Konsulat weist Stellen nach, deren Auskunft Vertrauens- würdig ist. Eine Gewähr wird indessen nicht übernommen. Die Auskünfte sind in nicht zu langer Frist wieder zu erheben. Die Kreditwürdigkeit wechselt dort oft sehr schnell. Anknüpfen von Handelsbedingungen? Agenten werden zwar vom Konsulat oder durch von ihm bezeichnte Vertrauens- Personen nachgewiesen. Im allgemeinen empfiehlt sich die erste Anknüpfung von Handelsverbindungen über Frankreich. Waren, die dort Absatz gefunden haben, finden unter Berufung darauf in Tunis leichter Eingang. Eine Versendung über Frankreich empfiehlt sich nicht, da etwaige günstigere Zollbehandlung dadurch nicht erlangt wird. Dies gilt für europäische Bedürfnisse. Waren, die für die einheimische Bevölkerung geeignet sind, werden am besten durch Reifende eingeführt, die sich dann gleichzeitig über den Umfang der Geschäfte ihrer Abnehmer und ihren Ruf an Ort und Stelle unterrichten können. Zahlungsweife: Die übliche Zahlungsweise ist 3 bis 4 Monate Ziel, bei soliden Abnehmern wird auch länger gewährt Bei neuen Geschäftsverbindungen Pflegt Barzahlung ausgemacht zu werden. Streitigkeiten: Dem Konsulat stehen Zwangsmittel nicht zur Verfügung, es kann daher nur vermittelnd wirken. Es em pfiehlt sich bei Streitigkeiten sofort das Konsulat zu benachrichti gen. Es ist nicht erforderlich, daß seine Vermittelung sofort an gerufen wird. Es wird aber in sehr vielen Fällen dann in der Lage sein, dem Gläubiger zweckdienliche Winke zur weiteren Be handlung der Sache und insbesondere darüber Auskunft zu geben, ob gleichzeitig anderen Gläubigern gegenüber der Schuld ner im Rückstände ist Im allgemeinen besteht die Neigung, das Konsulat erst dann anzurufen, wenn alles verloren ist. Prozesse sind mit hohen Kosten verknüpft, die auch, selbst wenn ein Zahlungspflichtiger Schuldner verurteilt wird, dem Kläger teilweise verbleiben. Eine dortige Stelle hat mit Regelung schwieriger Schuldverhältnisse gute Erfolge gehabt, die Adresse gibt das Konsulat an. Kataloge sind in französischer oder italienischer Sprache mit Angabe in Franken zu fertigen. Es empfiehlt sich die Über sendung nur in denjenigen Artikeln, die in Tunis absatzfähig er scheinen. Darüber geben die im Deutschen Handels-Archiv erschie nenen Berichte des Konsulats Auskunft. Ein Verein, in dem die dem Konsulate zugehenden Druck sachen ausgelegt werden könnten' besteht dort nicht. Sie werden in der Kanzlei geordnet zur Einsichtnahme für Interessenten auf bewahrt. (»Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft.«) Post. Schiffsliste für billige Briefe nach den Ver einigten Staaten von Amerika (10 H für je 20 ^): — »Prinz Friedrich Wilhelm« ab Bremen 20. Jan. »Kaiserin Auguste Victoria« . „ Hamburg 27. „ »Kronprinz Wilhelm« . . . . „ Bremen 30. „ »President Grant« „ Hamburg 3. Febr. »George Washington«. . . . „ Bremen 10 „ »Amerikas „ Hamburg 17. „ »Prinz Friedrich Wilhelm« . . „ Bremen 20. „ ' Uberseetelegramme zu halber Gebühr können fortan auch mit ganz China, mit Cuba und mit den Seychellen aus gewechselt werden. Für Postanweisungen nach Konstantinopel und Smyrna (deutsche Postanstalten) sowie nach den ottomanischen Post anstalten gilt jetzt wieder das Umrechnungsverhältnis von 1 Pfund Türkisch -- 18 65 H. A«S der englischen ZeitnvgSwelt. — Die konservative Sonntagszeitung »Odssrvm« ist mit dem Abendblatt »ksll Ns.I1 6sL6t.te« verschmolzen worden. Chefredakteur ist der bekannte unionistische Politiker Gervin. Frauen als Theologen. — Der Andrang der Frauen zu den Wissenschaften wird immer stärker, und die Universitäts fakultäten müssen diesem Verlangen Rechnung tragen. Die evangelisch-theologische Fakultät der Berliner Universität hat beschlossen, auch Frauen zum Lizentiatenexamen zuzulassen. Dieser Beschluß gründet sich auf die Tatsache, daß im vergangenen Sommersemester bereits 29 Frauen dem Studium der Theologie oblagen. Freilich denkt man sich die praktische Heranziehung der Frauen aus diesem Gebiete zunächst nur für die Seelsorge, die Fürsorgeerziehung, für Unterricht und Ähnliches. Ein Psychologisches Institut in Moskau. — Der Moskauer Millionär S. Schtschukin hat der Universität Moskau ein psycho logisches Institut zum Geschenk gemacht, das im Sommer dieses Jahres eingeweiht werden soll. Die Baukosten betragen 120 000 Rubel. Neue Bücher, Katsloge rrs«. für Buchhändler. ösrlin 6, LsrlstrsZss 11. 8°. 82 8. l-sipLiA, ^.Ibsrt Loeb L Oo. io 8t,ut,t>Asr4. 8". 16 8. w. Persvnalnachrichten. Otto Liebmaun -s-. — Der berühmte Jenaer Philosoph Ge heimrat Prof. vr. Otto Liebmann ist am 14. Januar im Alter von fast 71 Jahren in Jena gestorben. Durch Kants Werke aufs tiefste beeinflußt, erwählte er die Philosophie als Lebensberuf. Schon in seiner 1865 erschienenen Erstlingsschrift »Kant und die Epigonen« erhob er, etwa gleichzeitig mit Eduard Zeller, Kuno Fischer und Friedr Albert Lange, den Ruf: »Es muß auf Kant zurückgegangen werden!«, und dieser Losung ist er, so weit er sich auch in einzelnen Punkten von seinem großen Lehrmeister entfernt hat, bis an sein Lebensende treu geblieben. Von seinen hervorragenden Schriften nennen wir die »Analysis der Wirklichkeit« (1876, 3. Aufl. I960), die Grundprobleme der Philosophie erörtert, und die in Ergänzung dazu unter dem Titel »Gedanken und Tatsachen« (1882—1904) in vier Bänden er schienenen philosophischen Abhandlungen, Aphorismen und Studien. Sein Tagebuch aus dem Kriege 1870/71, den er als Freiwilliger mitmachte, hat Prof. Liebmann anonym unter dem Titel »Vier Monate vor Paris (1871, 2. Aufl. 1896- veröffentlicht und auch einen gedankenreichen Gedichtband »Weltwanderung« (1899) herausgegeben. schlutz nach Ankunft der Rrübrüae.