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Dauer des Urheberrechts. — Während das körperliche Eigentum ewig ist, beschränkte der Gesetzgeber die Dauer des an jedem Geisteswerke bestehenden Rechts auf fünfzig Jahre nach dem Tode des Urhebers, sofern dieser eine physische Person ist. Dieser im Grund unlösbare Widerspruch wird vom Centralausschuß nun durch eine sehr geschickte Zusammen fassung der zu gunsten einer beschränkten Schutzdauer geltend gemachten wichtigsten Gründe erklärt: »Der Gesetzgeber weist dem litterarischen und künstlerischen Eigentum mit Recht eine zeitliche Grenze an. Zuerst ver langt dies das Interesse der Gesellschaft. Ein Stück Land kann auf unbestimmte Zeit immer vom Vater auf den Sohn übergehen, ohne daß die Gesellschaft darunter leidet. Das Gleiche ist mit dem litterarischen und künstlerischen Eigen tum nicht der Fall. Der Autor hat das Rohmaterial zu seinem Werke gewissermaßen aus dem gemeinsamen Gute der Menschheit genommen, d. h. aus den Ideen der früheren Generationen geschöpft. Es ist also nur recht und billig, daß dieses Werk, sobald es dem Autor einen Ertrag für seine Arbeit verschafft hat, auch wieder in den Gemeinbesitz Allier falle, und daß die Erben des Autors der Wiedergabe des Werkes zum Schaden der Gesellschaft nicht auf ewige Zeiten Hindernisse in den Weg legen dürfen. So dann würde, wenn dem Urheberrechte keine zeitliche Grenze gesetzt wäre, dieses Recht sich ins Unendliche unter Erben und Rechtsnachfolgern verteilen; es würde dann rasch zur Unmöglichkeit werden, die zur Wiedergabe oder Aufführung eines Werkes nötigen Ermächtigungen überhaupt einzuholen. Endlich erheischt das Interesse des Autors mit Nichten die Ewigkeit seines Rechtes. Der Autor würde keine größeren Vorteile daraus ziehen, wenn sein Recht ewig wäre, denn die Verleger rechnen hinsichtlich des Ertrages eines Werkes nur auf einen gewissen Zeitabschnitt. Uebrigens ist jedes Eigentumsrecht mehr oder weniger beschränkt. Das Gesetz gewährleistet den Grundbesitz durchaus nicht immer für eine ewige Dauer. Sind nicht Fälle da, wo es ohne Zwangs enteignung nicht geht?« Das System der sogenannten gleichmäßigen Schutzfrist, das darin bestehen würde, die Frist nicht vom Tode des Ur hebers, wohl aber von der Veröffentlichung des Werkes an zu berechnen, wird folgendermaßen zurückgewiesen: »Da keine Hinterlegung von Pflichtexemplaren gefordert wird, so könnte man die Erscheinungszeit eines Werkes nicht genau feststellen.« Wiederum ersehen wir also hieraus, daß in der Auffassung des Gesetzgebers Förmlichkeiten mit diesem System unzer trennlich verbunden sind, und daß schon deshalb alle Gegner von Förmlichkeiten es ablehnen müssen. Schutzfähige Werke. — Als solche werden bezeichnet die in Artikel 4 der Berner Uebereinkunft von 1886 auf geführten. Dieser wörtlich in das luxemburgische Gesetz hin übergenommene Artikel erhielt jedoch infolge der Beschlüsse der Pariser Konferenz noch folgende wichtige Hinzufügungen: » . . . . die Werke der Architektur, die photographi schen und die durch ein ähnliches Verfahren erzeug ten Werke«. Auch die nachgelassenen Werke sind ausdrücklich unter den Schutz des Gesetzes gestellt und mit einer bis fünfzig Jahre nach der Veröffentlichung gehenden Schutzfrist bedacht. Während die offiziellen Verhandlungen, die der Oeffent- lichkeit übergeben werden, sofort Gemeingut werden, »besitzt der Staat ein Urheberrecht auf Werke, welche von ihm be stellt und auf seine Kosten nach offiziellen Aktenstücken oder mittelst einzig ihm zur Verfügung stehender Hilfsmittel verfaßt sind«. (Bericht des Generalstaatsanwalts.) »Der Staatsbeamte schuldet dem Staate die Benutzung seiner Zeit, seine Arbeit,^, seine Nachforschungen und die von ihm ge machten Erfahrungen. Der Staat kann verlangen, daß er ihm das Urheberrecht abtrete, besonders deshalb, weil der Staat das Werk befohlen und inspiriert hat« (Centralausschuß). Im gleichen Falle befinden sich die öffentlichen Verwaltungs behörden, d. h. »die mit der Verwaltung der öffentlichen Interessen betrauten Personen«; in Luxemburg sind dies »die Gemeinden und öffentlichen Anstalten«. Das Datum, an dem die Schutzfrist für die eben genannten und auch für die nachgelassenen Werke — also für alle Werke, die fünfzig Jahre nach dem Erscheinen ge schützt werden — beginnt, muß durch eine innerhalb sechs Monate von der Veröffentlichung an zu vollziehende Ein tragung festgestellt werden und zwar unter Androhung des Verlustes des Rechtes. Wir werden nicht müde werden, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die darin besteht, daß da, wo der Gesetzgeber die Anerkennung der Urheberrechte von der Erfüllung von Förmlichkeiten abhängig machen will, er fast immer der Versuchung erliegt, auch eine Strafe für den Fall der Nichtbeachtung dieser Förmlichkeiten zu suchen, und daß er dann beinahe regelmäßig diese Sanktion ge funden zu haben glaubt, wenn er mit dem gänzlichen Ver lust des Urheberrechtes droht. Auf dem Berner Kongreß von 1896 wurde mit zwingender Kraft dargethan, daß die dem gemeinen Rechte zu entnehmenden Beweise vollständig genügen, um das Eigentum an einem Werke klarzustellen, sofern die Gegenpartei dieses Eigentum bestreitet, denn dieser Gegenpartei sollte die Pflicht auferlegt werden, die von ihr ausgehende Einwendung auch wirklich zu beweisen. Scharfe Grenzen wurden dem Rechte der freien Wieder gabe von Reden gesteckt, die in beratenden Versammlungen, öffentlichen Gerichtssitzungen oder bei politischen Zusammen künften gehalten werden. Dem Autor steht nämlich allein das Recht zu, diese in einer besonderen Ausgabe erscheinen zu lassen. Diese Bestimmung ist, wie der Bericht des General staatsanwalts sagt, dahin zu verstehen, daß die Zeitungen das Recht besitzen, Reden, Verteidigungsreden u. s. w. zu zergliedern und sogar wörtlich wiederzugeben, wenn dies im Zeitpunkte geschieht, wo sie öffentlich gehalten werden. Wenn jedoch dieses Tagesinteresse geschwunden ist und es sich nur noch darum handelt, dem Publikum von der Anschauung, die auf der Rednerbühne oder vor einem Gerichte verfochten würde, Kenntnis zu geben, dann wird das gemeine Recht wieder anwendbar, und der Autor allein kann fortan die Reden in einem zusammenhängenden Werke erscheinen lassen. Der Artikel 21 verficht nach dem Generalprokurator den Grundsatz, daß weder die Wiedergabe eines Kunstwerkes durch gewerbliche Verfahren, noch seine Verwendung zu in dustriellen Zwecken dieses Werk des künstlerischen Charakters entkleide; es bleibt somit durch die Bestimmungen des Gesetzes von 1886 geschützt. Dieser Artikel hat jedoch auf Etikettes keine Geltung, denn diese werden als Jndustriemuster be trachtet. »Der Autor eines Kunstwerkes hat allein das Recht, es durch Stich, Lithographie, Chromolithographie rc. zu vervielfältigen, mit einem Worte, er hat allein das Recht, das Werk durch Verfahren, die ihm einen materiellen Ge winn bringen können, wiederzugeben.« Steht einerseits fest, daß das Gesetz seinen Schutz nur dem Geltungsgebiete der Kunst zuwendet und daß das künst lerische Element eines Werkes klar hervortreten muß, so darf man anderseits doch nicht glauben, daß das Gesetz nur Kunstwerke ersten Ranges schützt. Wie dies aus dem Be richte des Centtalausschusses klar hervorgeht, findet das Gesetz, das die künstlerische Entwickelung auch der Schwachen fördern soll, auf alle Kunstprodukte, auch solche bescheidenster Art, seine Anwendung, vorausgesetzt, daß sie das Ergebnis einer Geistesarbeit darstellen. * P 4-