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14418 VSr>-„«»U >. d. D-Ichn. »uchhand-r. Nichtamllichcr Teil. ^U287, IS. November 1912. Aber das gleiche Schicksal hat dieselbe Verlagsbuchhand lung auch noch mit einem anderen Buch, nämlich mit einem Lesebuch für Volksschulen, erlitten. Hier vor mir liegt das amtliche Schulblait für den Regierungsbezirk Trier vom März d. I. Da findet sich folgende Bekanntmachung des Königlichen Provinzialschulkollegiums: Mit Ermächtigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten haben wir der Verlagsbuchhandlung Crüwell i» Dortmund die Ermächtigung zur Drucklegung der Lesebücher für die Mittel- und Oberstufe der katholischen Volks schulen mit drei und mehr Lehrkräften in den Bezirken Aachen, Koblenz, Cöln und Trier erteilt. Rach Anordnung des Herrn Ministers werden diese Bücher von Ostern 1812 ab für die ein zelnen Uuterrichtsftufen in zweckniäßigcr Weise einzusühren sein. Offenbar hat der Verleger sich in diesem Falle rechtzeitig, wie man zu sagen pflegt, an die richtige Schmiede gewandt; denn in derselben Nummer des amtlichen Schulblattes findet sich eine an den Verlagsbuchhändler Jacob Liny gerichtete Be kanntmachung der Königlichen Regierung in Trier, Abteilung für Kirchen- nnd Schulwesen, folgenden Inhalts: Auf Ihre an den Herrn Minister der geistlichen und Unter richts-Angelegenheiten gerichtete Eingabe vom 2V. Dezember v. I. hat uns der Herr Minister beaustragt, Sie in seinem Namen dahin zu bescheiden, daß das in Ihrem Verlage erschienene »Zweite Trierische Lesebuch sür kath. Volksschulen von Semi nar- und Volksschullehrern« noch bis Ostern 1813 da, wo es in Gebrauch ist, beibehalten wird. Sie sehen also, hier wird dem Verleger noch bis Ostern nächsten Jahres eine Galgenfrist gewährt. Meine Herren, ich könnte auch noch auf ein anderes Beispiel verweisen, nämlich auf die in Schlesien erschienene Missaleksche Fibel, die in den dortigen Volksschulen gebraucht wird und Won einem Gymna- sial-Vorschullehrer an einer Breslauer höheren Lehranstalt ver saßt ist. Diese Fibel, die gleichfalls sehr empfohlen war und sich bewährt hat, sollte plötzlich durch eine Fibel aus dem er wähnten Verlag von Ferdinand Hirt in Breslau verdrängt werden. Ich will indes nicht zu ausführlich werden und die Bei spiele nicht zu sehr häufen. Ich glaube auch schon durch diese Ausführungen den Nachweis geliefert zu haben, daß durch die Ausführung des Ministerialerlasses vom 13. Februar v. I., wenn es auch nicht beabsichtigt gewesen ist, dennoch eine Art Zentralisierung, oder man kann auch sagen: Monopolisierung des Schulbücherwesens herbeigesllhrt wird, die weder im In teresse der Schule noch des Buchhandels liegt. Meine Herren, daß eine solche Monopolisierung nicht im Interesse der Schule liegt, brauche ich nicht erst auszuführen. Ich möchte Ihnen aber doch die klassischen Worte vorlesen, mit denen seiner zeit in Österreich Graf Thun die Aufhebung des Mono pols aus Gymnastalschulbücher der kaiserlichen Sanktion em pfahl. Die Worte lauteten: Die Erfahrung hat bewiesen, daß nur der andauernde Weit ester der Schriftsteller sowohl als der Buchhändler wohlfeile und zugleich gute Gymnasial-Schulbücher hervorbriugt, und daß in Ländern, wo bei mangelnder Freiheit der Erzeugung solcher Bü cher dieser Wetteifer nicht entstehen kann, die Gute und Wohl feilheit der Gymnasial-Schulbücher bel aller Sorgsalt der Regie rung nie erreicht worden ist. Meine Herren, was hier gesagt wird, das ist eine mnmistöß liche Wahrheit. Welche Schädigung aber der Vcrlegerstand durch ein sol ches Verfahren erleidet, das will ich Ihnen mit einigen Zahlen beweisen. Die erwähnte Lintzsche Verlagsbuchhandlung in Trier hat von den beiden Ausgaben des Kerpschen Buches mit Rücksicht auf die starke Nachfrage 10 000 bzw. 9000 Exem plare drucken lassen mit einem Kostenaufwande von 25 000 und einem Verkaufslvert don 38 000 «kk. Der Verleger selbst sagt in einem Schreiben, das mir zugänglich gemacht wor den ist: Diese Summen sind für mich lebt zum größten Deik verloren, da etwa neun Zehntel des Absatzes aus die preußische» Anstalten entfiele». Es ist ein sehr bitteres Gefühl, durch die Maßnahmen des Staates, dem man hohe Steuern zahlt, derartig geschädigt zu werde». Es ist wahrlich ein wahlberechtigtes Verlangen, daß Verfügungen, die eine solche Wirkung haben, sofort ansgehoben »'erden, zumal eine Notwendigkeit, daß an allen Seminaren der Provinz das gleiche Lehrbuch gebraucht werde, nicht besteht, da die Zöglinge der Seminare nur in sehr seltenen Fällen die An stalt wechseln. Meine Herren, wer die Verhältnisse kennt — ich bin im Se minar groß geworden —, wird die Richtigkeit dieser Behaup tung bestätigen können. Nun, ich sagte Ihnen vorhin: die Gefahr, daß der Ver leger in diesem Falle das ganze Kapital verlieren würde, ist ja glücklicherweise noch abgewendet worden. Um so mehr aber wird mau es verstehen, daß der Deutsche Verlegerverein, die geordnete Vertretung des Verlegerstandes, sich an den Herrn Minister und an das Hohe Haus wendet, um eine solche Ge fahr in Zukunst für alle Fälle zu verhüten, und eben deshalb, weil es sich hier um eine Frage von allgemeiner Bedeutung handelt, lege ich Wert darauf, daß sie hier im vollsten Lichte der Öffentlichkeit erörtert wird. Meine Herren, daß ein Zug der Zentralisierung und da mit der Monopolisierung durch unser ganzes Schulbücher wesen geht, läßt sich doch auch gar nicht mehr in Abrede stellen. Jeder Schulmann wird es Ihnen bestätigen. (Sehr richtig! links.) Wenn ich Ihnen erzählen wollte, welche Erfahrungen ich selbst auf diesem Gebiete gemacht habe — Sie würden staunen! Um der Gefahr einer zu großen Zersplitterung des Schul bücherwesens zu entgehen, hat man die Zentralisierung auch bei uns in Preußen in einer Weise gefördert, die ich vom Standpunkte der Schule aus in keiner Weise gutheißen kann. Man ist gewissermaßen von der Scylla in die Charybdis ge raten: von Cleve bis Königsberg oder meinetwegen bis Me mel finden sich jetzt vielfach dieselben Unterrichtsbücher, wäh rend andere Bücher trotz ihrer großen Vorzüge nicht auf- kommen können. Das schädigt nicht nur die Schule, sondern den gesamten Buchhandel, namentlich den kleineren oder mitt leren Buchhandel, denn nur wenige Firmen werden bei diesem Verfahren bevorzugt. Meine Herren, ich möchte hier noch kurz auf das Beispiel von Bayern Hinweisen, aus die Zustände, die sich dort entwickelt haben, wo zwei Firmen den ganzen Schulbllcherverlag monopolisiert haben: die Firma Olden- bourg in München und die Firma Büchner in Bamberg. Viel leicht ließe sich Ähnliches heute auch schon von Baden und Hessen berichten; ich bin darüber leider nicht genau informiert worden. Aber in Bayern ist es schon dahin gekommen, daß sich nur noch in Nürnberg andere Volksschullesebücher halten wie die Oldenbourgschen, und daß es jüngst großes Aufsehen erregte, als es endlich in München, der Hauptstadt, gelang, eine nicht bei Oldenbourg erschienene Schulfibel einzusühren. Die Firma Oldenbourg hat den Königlich Bayerischen Zentral schulbücherverlag seinerzeit ausgekauft und verdankt ihre abso lute Vorherrschaft, um nicht zu sagen, Alleinherrschaft, auf diesem Gebiete, abgesehen von dem besonderen Wohlwollen des Herrn Kultusministers, auch dem Umstande, daß sie einen Teil des Reinertrags dem bayerischen Lehrerwaisenstift über weist. Meine Herren, ich halte das nicht für einen nach ahmenswerten Zustand, und ich glaube, daß ich Ihrer Zustim mung dabei sicher bin. Erfreulicherweise hat Preußen dem gegenüber schon seit Jahren den Grundsatz verfolgt, daß es der Korruption Tür und Tor öffnen heißt, wenn Lehrer vereine, mögen sie auch noch so gemeinnütziger Natur sein, von den Schulbücherverlcgern Zuwendungen annchmc». Meine Herren, ich sagte vorhin, bei uns in Preußen sei die Gefahr, daß ein Staatsmonopol entstehen könnte, nicht