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Redaktioneller Leit. 202, 8. September 1820. benLunterhali zu bestreiten, so ist es vollständig klar, daß er, wo die Spesen bis auf weiteres nicht geringer werden, sondern ent weder steigen oder dieselben bletben, bis auf weiteres nicht ohne Sorümenter-Teuerungszuschlag auSkommen wird. Der Detaillist, der in anderen Branchen, wie erwähnt, durchschnittlich 33^7°- Nettorabatt bekommt beim Markenartikel, schlägt bet sogenannten »freien- Artikeln durchschnittlich 507° auf den Einkaufspreis auf, was also wieder 33s/3°/» Nettorabatt ausmacht. ES muß also auch für den Bllcherdetaillisten ein 33i,h7»iger Nettoradatt her- auskvmmen können, soll er mit seinen Kollegen in anderen Be rufen auf einer Stufe stehen können. Nun wird häufig aus Verlcgerkreisen behauptet, daß der Sortimenter an einem Buche mehr verdiene als der Verleger selber. Diese Tatsache ist selbst, verständlich auch bei seder anderen Branche festzustellen und auch ganz gerechtfertigt, denn der Detaillist setzt von dem einen Ar- tikel nur «ine beschränkte Zahl um, der Fabrikant von demselben Artikel jedoch massenhaft. Der Detaillist ist gezwungen (und dies ist bei dem Bücherdetaillisten in noch bedeutend höherem Maße der Fall als bei anderen Detaillisten), eine Unmenge Artikel mehr zu führen als der Fabrikant und muß auch aus diesem Grunde an jedem einzelnen Artikel mehr verdienen als der Fabrikant. Und wenn von Verlegern behauptet wird, daß nur sie das Risiko bei Büchern trügen, und nicht der Sortimenter, so ist auch das und gerade jetzt bei den heutigen Handelsge pflogenheiten zwischen Verleger und Sortimenter nicht nur nicht der Fall, sondern vollständig falsch. Denn wo heutzutage der Sortimenter mehr denn je gezwungen ist, seine Bücher fest zu kaufen, trägt nicht der Verleger das Risiko, sondern der Sorti menter. Denn der Verleger, der eln neues Buch herausgibt, kennt das Manuskript, und auf Grund davon gibt er das Buch heraus. Die Herausgabe davon erfolgt nur, darf jedenfalls nur erfolgen, wenn der Verleger davon durchdrungen ist, daß das Werk auf dem Büchermärkte notwendig ist. Wenn er das nicht beurteilen kann, so ist er eben kein Fachmann, und wenn das Buch dann nicht »geht-, hat er es nur seiner Verlegeruntllchtigkeit zuzuschieben. Der Sortimenter jedoch kauft das Buch nur auf Anzeige des Verlegers, bürdet sich bei Kommissionssendung die Spesen, die nicht unerheblich sind, auf; er kennt von dem Buche nichts, gar nichts. Wer trögt nun das Risiko? Der Verleger, der seine Ware kennt, oder der Sortimenter, der Waren kauft oder in Kommission erhält, welche er nicht kennt? Oder meint vielleicht jemand, daß in anderen Branchen ein Detaillist Waren ungesehen kaust, ohne Muster? Der soll sich doch einmal ganz genau bei anderen Kollegen-Detaillisten erkundigen. Und wie ist es mit wissenschaftlichen Büchern, welche in Kommission ge liefert werden? Wer sorgt dafür, daß dies neue Buch einge führt wird? Der Verleger durch seine paar Rezensionsexemplare, oder der Sortimenter durch seine intensive Ansichtssendung? Meint der Verleger, daß ein neues Buch z. B. über Kinderheil kunde oder Physiologie eingcführt wird nur durch Besprechung in Fachblättern, oder ist er nicht vielmehr davon überzeugt, daß es nur der wissenschaftliche Sortimenter ist, der durch Vorlegung des Buches an den betreffenden Spezialisten und durch Auslage in seinem Schaufenster für Einführung hauptsächlich sorgt? Und wäre es daher nicht endlich angebracht, daß auch der Bücher detaillist seine Kommissionssendungen, soweit es sich um Novi täten handelt, zum Barpreis erhält und beim Verkauf einen Prämien-Skonto? Der Verleger hat doch dadurch, daß seine Wa ren Platz im Sortimenter-Schaufenster und Laden haben, eine große und billige Reklame. Er nimmt als Fabrikant für sich das Recht in Anspruch, zu jeder Zeit die Preise seiner fertigen Waren im Preise zu erhöhen, und der Verleger hat im letzten Jahre davon ausgiebig, viel zu ausgiebig Gebrauch gemacht. Das Publikum beschwert sich bei teuren Bllcherpreisen nicht so oft bei den neuen Büchern, weil es weiß, daß die Umstände, worunter diese neu hergestellt sind, ganz anders und die Herstellungskosten viel, viel höher sind als früher. Aber was es nicht versteht, und worüber es ganz mit Recht aufgebracht ist und cs für Wucher erklärt, ist, daß der Verleger auf Bücher, die bereits früher, sogar vor dem Kriege hergestellt sind, Teuerungszuschläge bis zu 1807° erhebt. Ich bin davon überzeugt, daß, wenn die IOS4 PreiSprüsungSstelle oder der belressende zuständige Staatssekre tär sich mit diesem Thema befassen würde, es sur die Verleger nicht gut adtausen würde. Wir Sortimenter sind Wohl durch schnittlich einig, daß der III Preisabbau nunmehr kommen muß, und sind auch unsererseits bereit, Opfer zu bringen. Aber nicht, daß nur der Sortimenter das Opfer bringen soll und der Verleger bei dem Preisabbau sogar ein Ge schäft macht. Erleben wir es jetzt doch, daß ine Verleger im Börsenblatt belanntgeben, daß auf bereits erschienene Bücher der 207-ige Sortimenter-TeuerungSzuschlag nicht mehr erhoben Werden darf. Tenn (und nun höret und staunet) er gibt Fol gendes bekannt: das Buch kostete bisher z. B. 16.— ord., 11.— netto bar; von jetzt ab ist der Preis 17.— ord., ^ 11.05 netto bar; da also mit 387° rabaltiert, soll ohne Teue rungszuschlag verkauft werden. Der Verleger fängt also den Preisabbau damit an, nicht, daß er seinerseits aus einen Teil des Gewinnes verzichtet, sondern dadurch, daß er, um mit 357» zu rabattiercn, den Verkaufspreis erhöht, und dadurch auch den bisherigen Nettopreis; er hat also den Preisabbau mit einem Preisaufbau für sich angefangen. Denn das Buch, das bisher mit 10.20 dem Publikum geliefert wurde, soll jetzt mit 17.— verlauft werden, und der Sortimenter hat den Preisabbau ganz allein zu tragen. Dieses Verfahren ist in letzter Leit wiederholt vorgekommen, auch bei Sammlungen, welche zum Einheitspreise einer Nummer verkauft werden; daß der Verleger fertige Waren, welche er bereits bei der Herausgabe genau kalkulierte und die teilweise nur einige Monate alt sind, plötzlich im Preise erhöht, um dafür sorgen zu können, daß er mit 357» rabattieren kann, und dadurch nicht nur seinerseits keinen Preisabbau vornimmt, sondern den Preis des Einkaufs erhöht, kann hier nicht scharf genug gerügt werden, und es scheint mir überhaupt fraglich, ob ein derartiges Manöver zulässig ist?) Unter Preis abbau kann nur verstanden werden, daß der Verleger von dem bisherigen Einkaufspreis herunterläßt; erst dann kann er sagen, daß er seinerseits einen Preisabbau vorgenommen hat. Ganz anders ist es bei Neuerscheinungen, wenn der Verleger gleich so kalkuliert, daß er 357» Rabatt geben kann. Aber auch dann noch wird jeder Verleger offen zugeben müssen, daß er keinen Preisabbau vorgenommen hat; denn um diese 387» gewähren zu können, hat er dementsprechend den Ladenpreis festgestellt. Er ist also nicht der leidtragende Teil, sondern der Sortimenter, dem nun das Erheben eines Teuerungszuschlags untersagt werden soll. Ich bin nun der Meinung, daß, nachdem ich bereits erwähnte, daß die Spesen des Sortimenters wenigstens 207° betragen, wir darauf bestehen müssen, daß bei einem Mindestrabatt, und zwar ganz gleich, für Bar- und Kommissionsartikel, von 357» der Sorti menter einen TeuerungLzuschlag erheben soll von 107», während bet Büchern, die weniger rabaltiert werden, nach wie vor 207» zu erheben sind, und zwar so lange, dis die wirtschaftlichen Ver hältnisse sich so gestaltet haben, daß der Lebcnsaufwand im Ver hältnis zu den früheren Friedenspreisen nur um etwa 1007» gestiegen ist. (Für Bücher mit weniger als 257» Rabatt ist der Sortimenter-Zuschlag so zu erhöhen, daß er einen Brutto- rabatt von 457» hat; also Bücher mit 207° Derlegerrabatl er halten einen Sortimenter-TeuerungSzuschlag von 257°.) Bei diesem Vorschläge bringt der Verleger immer noch das geringste Opfer. Zum Schluß noch diese Bemerkung: Der 207»ige Sortimenter-Zuschlag hat die wirtschaftlichen Verhältnisse des Sortiments bis jetzt gebessert, dem Verleger nicht geschadet. Der Verleger sollte sich freuen, daß er gerade dadurch einen sich finanziell besser stehenden Sortimenterstand er worben hat, denn davon hat an erster Stelle er den Nutzen; ein finanziell schwächer stehender Sortimenterstand ist gleichzeitig ^für den Verlcgerstand schädlich. Verleger und Sortimenter soll- *> Vergleiche die Bekanntmachung der Geschäftsstelle des Börsen vereins zu dieser Angelegenheit in Nr. 188 deS Bbk. und die Ausfüh rungen des Herrn vr. Ackermann hierzu auf S. 1860 dieser Nummer. Re».