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7828 Börsenblatt s. d. Dlschn Buchbandrl. Nichtamtlicher Teil. ^ ISO, 2. Juli 1910. Hintergrund-, sagt das Vorwort des Katalogs, -während die Moralwissenschaften emporblühten. Es find vor allem die Archäologie, die Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, sowie die romanische Philologie, die besonders gepflegt wurden. In diesen Disziplinen läßt der Verlag als einzige unter den Auslandsfirmen nicht nur italienische, sondern vielfach auch deutsche Gelehrte zu Wort kommen.- Tis erste Abteilung des Katalogs (20 Seiten) führt die Werke aus den Gebieten der Archäologie, der alten Geschichte, der Inschriften usw. auf. Darin finden wir ver schiedene deutsche Autoren vertreten, wie Richard Delbrück, Eberhard Haugwitz, Christian Huelsen mit seinen berühmten Forum-Büchern, die gleichzeitig in vier verschiedenen Sprachen erschienen. Nahe Beziehungen zum Kaiserlich deutschen Archäologischen Institut, Römische Abteilung, verraten ver schiedene der zahlreichen Verlagswerke. Die weiteren Ab teilungen des Katalogs verzeichnen: Klassische Philologie, Neulateiner, Neugriechen (2'/» S.) — Kunst und Musik (2'/» S.) — Mittelalterliche und neue Geschichte, Geographie, Reisen (29 S.), darunter die 12 stattlichen Bände der -Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Hrsg, vom König!. Preuß. Historischen Institut in Rom- — Italienische Literatur und Romanische Philo logie (23 S.) — Jurisprudenz, Nationalökonomie und Sozialwissenschast (22'/, S.) — Philosophie, Psychologie, Religions- und Sittenlehre, Pädagogik (SV- S.) — Orien- talia, afrikanische und amerikanische Sprachen (4'/, S.) — Medizin, Zoologie, Biologie usw. (8 S.) — Botanik, Minera logie, Geologie, Paläontologie, Chemie, Physik, Mathematik, Astronomie, technische Wissenschaften (16'/- S.) — Militaria, Industrie und Handel, Landwirtschaft, Verschiedenes (4'/- S ). Das den Schluß bildende Autoren-Register weist gegen 1000 Autoren-Namen aus. Auf allen Gebieten des menschlichen Wissens hat sich die Firma, wie der Katalog zeigt, die Mitarbeit angesehener italienischer Gelehrten zu sichern und ihrem Verlag Ansehen und Bedeutung zu geben gewußt. Sv steht die Firma Loescher L Co. in Rom mit ihrer lebhaften Verlags- tätigkeit in erster Reihe derjenigen deutschen und deutsch geführten Firmen des Auslandes, auf die der deutsche Buch handel mit Recht stolz sein darf. Dies auszusprechen aus Anlaß des vierzigjährigen Bestehens der Firma und ihrem jetzigen Besitzer Herrn Walter Regenberg für die weitere Zukunft ein glückliches Gedeihen seines Verlages zu wünschen, bot das Erscheinen des Verlagskalalogs willkommene Ge legenheit. —i. Handschriften, Miniaturen und Bucheinbände aus dem islamischen Kulturkreis. Im Hinblick auf die mohammedanische Kunstausstellung »München 1910« hat die Direktion der königlich bayerischen Hof- und Staatsbibliothek im Fürstensaal des mächtigen Bibliothek gebäudes an der Ludwigstraße in München, in dem sonst Kabinettstücke von Handschriften, Autogrammen und sonstigen bibliographischen Merkwürdigkeiten ihrer Schönheit und Seltenheit wegen ausgestellt sind, eine umfangreiche und teilweise sehr kost- bare Ausstellung von Handschriften, Miniaturen und Einbänden aus dem islamischen Kulturkreis arrangiert, die eine gute Orien tierung über die Entwicklung des mohammedanischen Schriftwesens vom dritten Jahrhundert bis auf unsere Zeit gewähren. Es mag darauf hingewiesen werden, daß in der mohamme danischen Kunst die Schrift die größte Rolle spielt. Sie hat im Laufe der Jahrhunderte mannigfache Umwandlungen erfahren, die entweder einen provinziellen Charakter oder den einer Epoche tragen, oft auch bloße Spielereien sind, die die Phantasie der Kalli- graphen ersann. Den ältesten Duktus bezeichnet man als den »kufischen«. Er wird als Buchschrift nur bis ins vierte Jahr hundert der mohammedanischen Ara verwendet, hat sich jedoch auch später als monumentale Schrift in mannigfachen Verände rungen erhalten. Diese älteste Form der arabischen Buchschrift ist in der Ausstellung durch zwei Koranfragmente auf Pergament vertreten. Tief und satt liegen die Buchstaben im weichen Grunde, voll Größe des Entwurfs und vollendetem Stilgefühl in der Ver teilung und geschlossenen Anordnung. Eine der kufischen nahe stehende Schriftform hat sich in den Ländern des westlichen Islam (Spanien und Nordafrika, ausschließlich Ägypten) aus gebildet und bis heute erhalten. Nach ihrer Heimat (Magreb — Westen) heißt sie magribinische Schrift. Die k. Hof- und Staatsbibliothek verdankt ihren Reichtum an älteren Handschriften dieser Gattung insbesondere der Sammlung des Orientalisten und Staatsmannes I. A. Widmanstetter (geb. 1506), die Herzog Albrecht V. von Bayern für seine Bibliothek erwarb. Die Kol lektion der datierten Manuskripte in magribinischer Schrift umfaßt 21 Nummern, die sich auf die Zeit vom elften bis zum acht zehnten Jahrhundert verteilen. Unter diesen ist als älteste datierte arabische Handschrift der Bibliothek vor allen Dingen hervorzuheben: LitLb al - asadL, das Buch der Siebensachen, pseudohippokratisches Werk mit Kommentar des Galenus, arabisch von Honein b. JshLp, 1078 n. Ehr. Ferner sind zwei prachtvolle, auf den ersten und letzten Seiten des Textes mit reicher geome trischer Ornamentik geschmückte Pergamenthandschriften zu nennen, die den Koran enthalten. Die eine, spanischer Herkunft, stammt aus dem Jahre 1226, die andere, für den Meriniden ^bü -lüsük d. '^b; ^Ü8ük b. '^.bäulbapp von Marokko geschrieben, aus dem Jahre 1306. Einem schönen Beispiel jüngerer magribinscher Schrift begegnen wir in dem 2. Teil eines anonymen Kommen tars zum malikitischen Rechtbuch des'^bäaULb b. ^b! 2aiä, einem Kodex aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Von den undatierten Handschriften in magribinischer Schrift, die 17 Nummern umfassen, sind als bemerkenswerte Stücke zu nennen zunächst zwei Korane aus dem 13. Jahrhundert mit kufischen Überschriften, reichverzierter mehrfarbiger Buchschrift und prachtvollem ganzseitigen Buchschmuck auf den ersten und letzten Seiten des Buches; weiter eine sehr alte Handschrift, ^.bül xg,8iin '^.bckallrsrlw b. Lava^in b. ^bäg.lmalilr al HuoZairl, vielleicht noch aus dem 11. Jahrhundert stammend, und endlich die romanhafte Geschichte von Alexander und al Lickr in einem leichten grotesken Duktus. " Wie Nordafrika und Spanien, so sonderte sich auch der arabische Osten (Asien und Ägypten) durch Ausbildung einer eigenen Schriftform ab. Im vierten Jahrhundert wurde die steife kufische durch die Korrespondenzschrift, das »Naskh« ersetzt, eine flüssige Schriftform, die auch heute noch die gewöhnlichste arabische Schrift ist und im arabischen Druck angewandt wird. Von ihr trennten sich später die mannigfachen Schriftformen und Zierschriften der Perser und Türken, wie das »Talik« usw. Die Gesamtkollektion der arabischen Schriften im Naskh-Duktus, die zum größten Teil aus der Sammlung des französischen Orientalisten und Bibliophilen Etienne Quatrcmere (1782—1857) stammen, umfaßt 50 datierte Exemplare, wozu noch 29 ältere undatierte Handschriften kommen. Dem Inhalte nach behandeln diese Bücher einesteils Fragen des Rechts, der Religion und der Philosophie, andernteils enthalten sie geschichtliche und geographische Darstellungen, Schriften über Metrik und Poetik, Grammatik, über Arzneien und Nahrungsmittel, über Traumdeutekunst, dann Gedicht- und Sprichwörtersammlungen und vieles andere. Unter den Titeln finden sich Sprachblüten wie folgende: Die Perle des Tauchers über die Sprachfehler der Gebildeten — Edelsteine der Weisheitslehren — Die goldenen Halsbänder, Biographien spanisch-arabischer Dichter. Ein Schreibkunststück merkwürdigster Art birgt ein Manuskript vom Jahre 1747, das, nach gewöhnlicher Art gelesen, eine Rechtslehre darstellt, dessen senkrechte Kolumnen jedoch 1. eine Metrik, 2. die Geschichte der Rasuliden, 3. eine Grammatik und 4. eine Reimlehre bilden. Durch zeichnerische Fertigkeit und künstlerischen Wert ragen in dieser Gruppe be sonders hervor zwei Arbeiten aus dem dreizehnten Jahrhundert: ein Teil des kitLb al sAun!, eine außerordentlich schöne und gut erhaltene Handschrift mit klaren, dekorativ sehr wirksamen Schrift zügen; sodann eine sehr sorgfältige Abschrift mit zierlich orna mentiertem Titelblatt, die Fragen an den Lassanidenkönig Chosroes Anuschirwan und seine Antworten darauf enthaltend. Sehr schöne Abschriften sind ferner die Traumdeutekunst und die