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Redaktioneller Teil. 148, 7, Juli 1920. Nenn wozu haben Sie die Valutaordnung eingeführt? Es ist eine Form der Planwirtschaft. Sie wollten Tauschwerte schaffen. Dann aber müssen Sie doch etwas dagegen eintau- scheu. Wir können so, wie es jetzt ist, unsere Bücher nicht mehr liefern. Wir können sie nur noch zum Tageskurs liefern, — will sagen: nicht mehr, wenn Sie uns nicht einen Teil der durch die Valutaordnung geschaffenen Tauschwerte zur Verfü gung stellen und dem deutschen Publikum möglich machen, unsere Erzeugung zu einem dem deutschen Jnlandsmarkt entsprechen den Preis zu erwerben. Es ist eine Form der Ausschaltung der Valuta, was wir Ihnen Vorschlägen, und des Übergangs zum Tausch. Sie können sich die Sache auch so denken, das; für den Betrag, den wir im Umtausch liefern, die deutsche Produktion zum alten Inlandspreis nach der Schweiz geliefert würde. Es wird dann bis zu der Höhe, bis zu der wir im Umtausch liefern, die viel geringer ist als Ihre Lieferung, die Valuta ausgeschaltet werden; es würde eigentlich Tauschhandel cintreten. Das ist die volkswirtschaftliche Bedeutung des Vorschlags. Das wird später auch bei andern Industrien eintreten, und schließlich muß es ein fach zu solchen Vereinbarungen kommen, denn die Valuta wird, solange nicht Anleiheoperationen zu ihrer Hebung eintreten, ein fach eine Ausschaltung der Geldzahlung im internationalen Ver kehr und die Einführung eines irgendwie gearteten Tauschver- kchrs zur Folge haben. Daß wir nicht aus Ihrer Haut Riemen schneiden wollen, um den Nachteilen unserer Verfettung, die Sie festgestellt haben, dadurch entgegenzuwirken, ist ja ganz klar. Es handelt sich ja bei unserem Vorschlag nicht um solche hochdramatischen Vor gänge ; es würde sich um ganz kleine Prozentsätze handeln, und wenn Sie bedenken, daß Sie gegenüber dem Inlandspreise doch aus der Ausfuhr sehr beträchtliche Gewinne erzielen — ich gebe zu, daß sie schon vielfach, wie ich sehr wohl verstehe, teilweise benutzt werden, um die Inlandspreise zu senken oder wenigstens nicht zu erhöhen —, so frage ich: ist das nicht eigentlich das selbe, was wir Vorschlägen, nur daß Sie auch noch unsere Erzeugnisse dem deutschen Publikum zu einem vernünf tigen, wenn auch nicht über Ihren Inlandspreisen stehende» Preise zur Verfügung halten? Sie helfen dadurch dem deut schen Publikum nicht nur, Ihre Bücher zu einem erschwing baren Preise zu erwerben, sondern auch unsere. Das klänge natürlich im Warenhandel tatsächlich als eine unglaubliche Zu mutung an Sie, den fremden Import zu erleichtern. Aber han delt es sich nicht wirklich beim Austausch von Büchern um etwas anderes? Spielt der Schutz der eigenen Produktion hier die selbe Rolle wie bei Käse und Spielwaren? Ist es nicht tat sächlich ein allgemeines Interesse, daß nicht auch im Bllcherver- kehr durch Valuta und staatliche Eingriffe künstliche Wälle und Mauern aufgerichtet werden, wie es sonst wahrscheinlich der Fall sein würde? Ich glaube also, es handelt sich nicht um diese großen Opfer, wie sie sich Herr vr. Ruprecht wahrscheinlich vorstellt, sondern es würde sich um einen kleinen Prozentsatz handeln, um einen viel kleineren, als die Verringerung des Valutagewinns beträgt, der bei Auslandlieferungen durch Vermittlung des deutschen Sortiments eintritt. Ich möchte dringend bitten, unsere Vorschläge, namentlich wenn wir die Zahlen gebracht haben werden, wohlwollend zu untersuchen und zu bedenken, daß wir Mitglieder des Deut schen Verlegervereins sind, der nicht ausschließlich Deutscher Verlegerverein sein wollte, sondern auch die deutschsprachlichen Länder mit umfassen wollte, und ebenso ist es ja beim Börsen- berein. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die bisherigen Bande, die uns an den deutschen Buchhandel und den deutschen Ver- lagsbuchhandel geknüpft haben, sich durch die Verweigerung un serer Bitte lösen sollten. Ich möchte deshalb von dem Volum des Herrn Geheimrat Siegismund mit Dank Kenntnis nehmen, werde das gern unseren Vereinsmitgliedern Mitteilen und hoffe, daß auch der Verleger oerein wenigstens seinen Vorstand ermächtigt, unsere Vorschläge zu prüfen und dann an die Behörden weiter zu leiten. Hofrat Dr. Erich Ehlermann (Dresden): Meine Herren, wenn Herr Dr. Kober im Anfänge davon gesprochen hat, daß >sich in der Schweiz eine Mißstimmung über die Valutazuschlägc geltend macht, so möchte ich doch darauf Hinweisen, daß das sehr zu Unrecht geschieht. Früher hat der Schweizer für 100 125 Franken bezahlt. Wenn er sie jetzt nach unserer Valuta ordnung für SO Franken kaufen kann, so macht er doch wahr lich noch ein sehr gutes Geschäft: er kaust das deutsche Buch sehr billig und kann dem deutschen Verleger den Vorteil gönnen, der ihm erwächst. — Aber das wollte ich nur im Vorbeigehen bemerken. Die Ausführungen des Herrn Dr. de Gruyter veranlaßten mich, noch einmal das Wort zu erbitten. Wir stehen im Vor stand auf dem Standpunkt, daß die Frage außerordentlich schwie rig ist und deshalb mit der allergrößten Sorgfalt erwogen wer den mutz. Die große Tragweite geht meines Erachtens sogar vollständig ins politische Gebiet über. (Sehr richtig!) Meine Herren, die deutsche Schweiz ist ein deutscher Vorposten, und zwar einer der exponiertesten, den wir haben. Wir wissen, daß der romanische Einfluß in der deutschen Schweiz seit Jahr zehnten unaufhaltsame Fortschritte macht; wir wissen, daß er in der Zenlralschweiz und dem Jura immer weiter borwärts- gedrungen und bereits bis nach Basel hinübergelangt ist. Was wird die Folge sein, wenn wir eine Zollgrenze auf Bücher zwi schen der Schweiz und Deutschland bekämen? Eine Zollgrenze zwischen der französischen Schweiz und Frankreich oder Italien besteht nicht. Es bedeutete die Abschnürung eines wichtigen deut schen Kulturelements, und aus diesem Gesichtspunkt vor allen Dingen gesehen, glaube ich, müßten wir die Anregung unserer schweizerischen Kollegen mit allergrößtem Wohlwollen prüfen und uns von vornherein auf den Standpunkt stellen: läßt es sich irgend machen, dann wollen wir es machen. (Bravo!) Max Rascher (Zürich): Ich möchte zu den Worten des Herrn Vorredners erwähnen, daß seine Befürchtung ausgedehnt werden kann auf die Maschinenindustrie. Wie Herr Dr. Ehlermann eben sagte, handelt es sich doch hier um den Austausch geisti - ger Güter, was bei der Maschinenindustrie nicht der Fall ist. Außerdem ist der Absatz des deutschen Buches in der Schweiz eben auf das deutsche Sprachgebiet angewiesen und auf das deutsche Sprachgebiet beschränkt, während der Absatz der Ma schinenindustrie sich über die ganze Welt erstreckt. Kann die Ma schinenindustrie nicht nach Deutschland exportieren, so exportiert sie eben nach Südamerika oder irgendwoanders hin. Dann hat Herr Dr. de Gruyter erwähnt, warum wir nicht schon gekommen seien, ehe die Valutaordnung in Kraft getreten ist. Das hängt damit zusammen, daß wir eben das letzte Jahr die Markguthaben draußen gelassen haben. Wir hatten er wartet, daß die Valuta nicht Weiler fallen würde, und sind damit allerdings gründlich hineingefallen. Das können wir na türlich jetzt nicht mehr. Jetzt liegen die Verhältnisse doch so, daß nicht zu erwarten ist, daß die deutsche Valuta in absehbarer Zeit — sagen wir — über 25 steigt, und selbst bei einer Valuta bei 25 verlieren wir noch gewaltig, wenn wir nach Deutschland exportieren. Wenn Sie uns da nicht entgegenkommen wollten, dann wäre es eben nur möglich, daß wir schweizerischen Ver leger versuchten, uns dadurch zu entschädigen, daß wir andere Waren oder deutsche Bücher aus Deutschland über die vielen Wege bezögen, die ja immer noch existieren, und die wir nicht benutzt haben, und die zu benutzen wir bis jetzt auch nicht für richtig gehalten haben, um dieselben ohne Valutazuschlag in die Schweiz zu bringen und dann durch den Gewinn, den der Sorti menter macht, unsere Valutaverluste auszugleichen. (Unruhe.) Robert Schanz (Berlin): Nicht nur vom volkswirtschaftlichen, sondern auch vom rein geschäftlichenStandpunkt aus verdient diese Frage reiflich erwogen zu werden. Sie wissen, daß eine Reihe von deutschen Verlegern schweizerische Autoren haben, und wenn wir dem schweizerischen Verlag auf diese Art helfen würden, seine Bücher zu höheren Preisen nach Deutschland abzusetzen, würden wir die schweizerischen Verleger außerordentlich stärken. Die deutschen Verleger aber würden, soweit sie schweizerische Autoren haben, diese verliere». Es besteht sogar die weitere Gefahr, daß deutsche Autoren nach der Schweiz abwandern, be sonders dann, wenn sie prozentual an dem Absatz beteiligt sind, nach Franken honoriert werden und infolgedessen bedeutend