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148. 7. Juli 192«. Redaktioneller Teil. in dem Verhältnis der deutschen Verleger zu den schweizerischen Autoren lediglich die Verträge zu gellen haben, und das; die Organisationen gar nicht befugt und nicht in der Lage sind, sich irgendwie in diese Verhältnisse «inzumischen. I)r. Alfred Kober-Stähelin (Basel): Ich bin vom Verein Schweizerischer Verlagsbuchhändler, der in der überwiegenden Mehrheit ausMitgliedernJhresVercins besteht, beauftragt, Ihnen «in Anliegen vorzutragen, das mit der von Herrn Hofrat vr. Ehlermann erwähnten Valutafrage in Verbindung steht. Es ist bis jetzt selten vorgekommen, daß ein schweizerischer Ver leger in Ihrem Kreise das Wort genommen hat. Die Schweizer Verleger haben sich bisher, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ent sprechend, großer Schweigsamkeit beflissen. Was uns jetzt zum Reden zwingt, ist unsere Notlage angesichts der Valuta. Sie werden fragen, inwiefern wir gerade durch unsere hohe Valuta in eine Notlage versetzt sind. Es betrifft dies unfern Export nach Deutschland. Er ist zwar als Ganzes nicht sehr beträchtlich, aber wir sind doch bis zu einem gewissen Grade auf ihn angewiesen. Wir sind auf ihn angewiesen, weil der deutsch-schweizerische Verlag bei einem Absatzgebiet von 2(4 Mil lionen Menschen nicht bestehen kann. Sie wissen, das; der schwei zerische Kurs so hoch steht, daß der Wert der Mark bei uns etwa 10 Centimes beträgt. Nun ist der Durchschnittspreis eines Buches von — sagen wir einmal — 20 Bogen in der Schweiz 12 Franken. Es ist ganz ausgeschlossen, daß wir unsere Bücher in einem Umfange von 20 Bogen nach Deutschland zu 120 Mark verkaufen können. Das werden Sie mir ohne weiteres bestäti gen. Nun scheint uns, in der Valutaordnung, die ja dem schwei zerischen Publikum einen gewissen Beitrag zu dem Ausgleich ihrer ungünstigen Valuta auserlegt, sei ein Mittel gegeben, uns zu helfen. Wir würden das namentlich auch deshalb begrüßen, weil im schweizerischen Publikum natürlich wegen dieser Valuta ordnung mancherlei Verstimmung entstanden ist, Verstimmung, die natürlich auch bis zu unseren Behörden gedrungen ist, und wir möchten alles vermeiden, was in den geregelten Bücheraus tausch zwischen Deutschland und der Schweiz eingreifen könnte. Ich sage Ihnen kein Geheimnis, wenn ich Ihnen mitteile, daß von weiten Kreisen des schweizerischen Publikums direkt ein Einfuhrverbot verlangt wird, bis diese Valutaordnung ausge hoben ist. Wir haben uns zunächst, bevor wir überhaupt an Sie und an den Börsenverein herangetreten sind, mit unseren zuständigen Behörden ins Einvernehmen gesetzt: mit dem schweizerischen Volkswirtschaftsdepartement, das etwa die Rolle Ihres Wirt schaftsministeriums spielt. Es wurde uns dort mitgeteilt, die Behörden hätten die Entwicklung, die mit der Valutaordnung eingetreten ist, aufmerksam verfolgt. Sie verhehlten sich nicht, daß durch eine derartige Regelung die Schwierigkeiten, die in der Schweiz bestehen, verschärft werden. Meine Herren, Sie können sich das alle ausrechnen. Die hohe Valuta hat einer seits den Vorteil, daß der Angehörige des Staates mit hoher Valuta sich Güter aus den Ländern mit niedriger Valuta relativ billig verschaffen kann; sie hat aber den großen Nachteil, daß er eben, wie wir gesehen haben, nicht exportieren kann. Sie hat einen weiteren, noch viel verheerender wirkenden Nachteil, nämlich den, daß sie die festen Anlagen, die schon seit Jahren bestanden haben, eigentlich wertlos macht. Der schweizerische Kapitalist hat nämlich nach den Regeln der Vermögensverwal tung sein Risiko verteilt: er hat in allen Ländern seine Papiere angelegt, und alle diese Papiere sind beinahe zur Wertlosig keit heruntergesunken. Was das bet der Kreditwirtschaft be deutet, das ist ja ganz klar. Einzelnen Banken mußten bereits Stundungen bewilligt werden. Es wurde eine Bundesratsver ordnung erlassen, die den Aktiengesellschaften die Abschreibungen ihrer ausländischen Guthaben in langen Zeiträumen gestattet, was mehr oder weniger auf ein Moratorium für diese Gesell schaften hinausläuft; denn nach gesetzlicher Vorschrift sollen sie ihre fremden Währungen zum Tageskurs in die Bilanz einsetzen. Wenn nun der einzige Vorteil der Valuta, nämlich die Mög lichkeit, sich fremde Güter billig beschaffen zu können, auch noch ausbleibt und außerdem die Exporlschwierigkeit vorhanden ist, dann ist natürlich der Schaden doppelt, und der Staat mit hoher Valuta muß sehen, wie er dem mit staatlichen Maßnahmen ent- gegenlritt. Es wurde uns auf dem Volkswirtschaftsdepartement gesagt, es sei namentlich in Erwägung gezogen worden nicht ein Ein fuhrverbot, das ja eigentlich keinen Sinn hat — da wir in weitem Maße aus Produkte deutscher Literatur angewiesen sind —, sondern ein ziemlich hoher Einfuhrzoll. Man hat an diesen gedacht, ausgehend von dem Gedanken, daß, wenn das schweize- rische Publikum sich den Preis von 50 Centimes für eine Mark gefallen läßt, es sich auch einen höheren gefallen lassen kann. Dieser könnte dann zum Teil als Exportprämie an den'Verlag ausgerichtct werden. Das Volkswirtschaftsdepartement hat aber lein Hehl daraus gemacht, daß es sehr begrüßen würde, wenn ihm die Sorge um unsere Exportfähigkeit durch privatwirtschaft lich« Initiative abgenommen würde, durch ein Abkommen auf freiwilliger Basis unter den Verbänden beider Länder, wie es bereits in der Maschinenindustrie versucht worden ist — die Verhandlungen sind dort erst eingeleilet —, sodaß einerseits na türlich die Verschleuderung deutscher Güter verhindert wird wir verstehen sehr gut, daß Sie ein starkes Interesse daran haben und haben müssen, daß dies geschieht —, andererseits aber die Exportfähigkeit der schweizerischen Erzeugung erhalten bleib! Wir sind mit einem Vorschlag an Ihre Vereinsbehörden heran gegangen, der darauf hinausläust, daß wir zu einem bestimmten Preise durch eine Zentralstelle, die womöglich an ein bestehendes Kommissionsgeschäft angegliedert werden sollte, unsere Bücher, die ja in der Summe gering sind, nach Deutschland einführcn, und zu einem Preise, der auch durch Verhandlungen festgesetzt werden müßte — nämlich so, daß dem deutschen Verlage min destens keine Konkurrenz erwächst —, daß aber der Betrag, der zu diesem Preise an dem fehlt, was wir nach unseren Inlands preisen haben müßten, in irgendeiner Weise, womöglich durch Umlegung aus dem Valutagewinn der deutschen Verleger, be stritten würde. Das schweizerische Volkswirtschaftsdepartement teilte uns mit, die Einfuhr deutscher Bücher habe 1919 einen Wert von 15 Millionen gehabt. Wie Herr Geheimrat Siegismund bei den gestrigen Verhandlungen mitgeieilt hat, ergibt die deutsche Statistik «ine deutsche Ausfuhr nach der Schweiz von 23 Mil lionen Mark. Das wird etwa mit den 15 Millionen übercin- stimmen, in Anbetracht der Durchschnittsvaluta von 1919. Die Ausfuhr war umgekehrt nach unseren Ziffern Z Millionen Fran ken, nach deutschen Ziffern 4 Millionen Mark. Darin sind aber die Remittenden enthalten. Es sind auch die Lieferungen fremden Verlags — französischen, englischen Ursprungs usw. — darin enthalten, die während des Krieges häufig durch schweizerische Vermittlung bezogen wurden. Nun müssen wir die Ausfuhr- zisser unserer sämtlichen Mitglieder — das haben wir zuge sichert — genau feststellen und würden daraus den ziemlich genauen Betrag der schweizerischen Verlagsausfuhr nach Deutsch land errechnen können. Es würde sich dabei zeigen, daß er kaum in Betracht kommt gegenüber den 23 Millionen Mark, die Deutschland nach der Schweiz ausführt. Diese ergeben zum Va- lutaumrechnungskurs 11(4 Millionen Franken oder 115 Mil lionen Mark. Der Vorstand des Börsenvereins hat uns bereits mitgeteilt, daß zu der ganzen Regelung natürlich die Einwilli gung der deutschen Behörden erforderlich ist. Wir verstehen das, glauben aber, daß es nicht in erster Linie von dieser Einwilligung abhängen wird, sondern von der Bereitwilligkeit des deutschen Verlags, uns zu helfen, die wir Mitglieder Ihres Vereins sind wie Sie selbst. Wir haben unsere Mitglieder-Verpflichtungen immer erfüllt und glauben, daß ein Weg, der dem deutschen Verlag kamn nennenswerte Opfer bedeuten würde, sich finden ließe. Wenn Sie bedenken, daß Sie dem deutschen Sortiment bei Lieferungen nach dem Ausland 25"/» des Kursgewinns ab- lassen, während Sie dem schweizerischen Sortiment den vollen Betrag berechnen, so wird das, was notwendig ist, um unsere Bitte zu erfüllen, lange nicht der Differenz entsprechen zwischen dem, was Sie dem deutschen Sortimenter auf Auslandliefe- rungen an Preis abverlangen, und dem, was Sie von dein aus ländischen Sortiment beanspruchen. Ich möchte darauf Hinweisen, daß auch in der Schweiz na- türlich die Beobachtung gemacht worden ist, daß die Valuta- 74»