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.V 148, 7. Zull 1S2V. Redalltonever Teil. Sprechsaal. Erklärung. Zu den Angriffen gegen das Buch von Curt C o r r i n t h : Potsdamer Platz, die von Herrn vr. R n p r e ch t - Göttingen auf der diesjährigen Hauptversammlung erhoben wurden, schreibt uns der Verfasser folgendes: Erst an Hand des Stenogramms über die diesjährige Hauptver sammlung, veröffentlicht in Nr. 135 des »Börsenblattes« vom 22. Juni, erfahre ich von den unerhörten Angriffen, die Herr vr. W. Ruprecht- Göttingen gegen mein Buch vorgebracht hat. Ich habe bisher in den Meinungsstreit, der bereits einmal im »Börsenblatt« tobte, absichtlich nicht eingegrifsen, weil ich annahm: jedem Einsichtigen und Gutwilli gen müßte klar sein, daß der Antor nichts für die Propagandaweise kann, die der Verlag (Georg Müller) seinem Werk zuteil werden ließ. Hätte Herr vr. Ruprecht das Buch gelesen, würde er vermutlich zu dem Urteil des Herrn Gustav Kirstein (Leipzig) gekommen sein, der an gleicher Stelle äußerte: »Das Buch hat zweifelsohne einen literari schen Wert. Die literarische Marke dieses Buches ist aber von dem Verlag in einer Weise angcpriesen worden, die veranlassen soll, das Buch zu erwerben — aber unter einer ganz falschen Voraussetzung«, — oder zu dem Urteil des Herrn Hans von Weber: »Ein Flammenorkan von Geschlechtlichkeit, daß einen das Grausen überwältigen würde, wenn nicht eine dichterische Gestaltungskraft von beispiel loser Verve es zum Kunstwerk geformt hätte. Leider haben die Leute, die Georg Müllers Verlag jetzt in ihren Händen haben, diese Dichtung in einer so skandalös schmutzigen Form öffentlich ausge schrieen, daß viele es als Bordell-Lektüre kaufen und blind dafür sein werden, wie hier gewagtester Stoff gebändigt wurde in den Reflexen und Strahlenbündeln eines reinen K r i st a l l s, der e i n Dichter herz ist«. Herr Or. Ruprecht hat selbst zugegeben, das Buch nicht gelesen zu haben. Wenn er sich also trotzdem fiir berechtigt hält, von meinem Werk als von schmutziger Literatur und von einem Werk nieder trächtiger Fugend zu sprechen, so charakterisiert sich diese Handlungs weise selbst, und ich kann — zumal es mir die Redaktion dieses Blattes nicht gestattete — uni so eher davon Abstand nehmen, sie mit denjenigen Worten gebührend zu kennzeichnen, die Auge in Auge Herrn I)r. Ruprecht gegenüber zu gebrauchen ich mich allerdings nicht scheuen würde. Berlin-Wilmersdorf, Kaiserplatz 1. Curt Corrinth. Valutaausgleich-Iuschlag und Kanada. Kanada ist bilinguisch. Die englische und die französische Sprache find gesetzlich bestimmte Landessprachen. Wohl als Schutzzoll ge dacht, wird mit gewissen Ausnahmen auf nach Kanada eingeführte französische und englische bzw. englisch-amerikanische Bücher Zoll er hoben. Dagegen wurden früher Bücher in irgend einer Sprache, aus genommen in den eben erwähnten zwei Landessprachen, zollfrei nach Kanada eingcführt, ein Zugeständnis, das ausdrücklich in Nr. 172 des kanadischen Zolltarifs festgestellt war! Ganz kürzlich hat die kanadische Bundesregierung dieses Zugeständnis zurückgezogen und hinsichtlich des Einfuhrzolls auf Bücher alle fremden Sprachen den beiden Landessprachen »gleichgestellt«, d. h. alle Bücher, gleichviel in welchen Sprachen gedruckt (mit gewissen Ausnahmen), sind fortan zoll pflichtig. Tie erwähnten Ausnahmen sind technische Bücher, fer ner solche vor mehr als 12 Jahren veröffentlichte und von Lehranstal ten, Bibliotheken usw. bestellte Bücher. — Auf wissenschaftliche Bücher (medizinische Bücher nicht ausgenommen) sind 10°/, Zoll und auf Bücher der Dichtkunst und Unterhaltungsliteratur jeder Art sind 25°/, Einfuhrzoll zu zahlen, ferner auf letztere noch 7^°/, Kriegstare, und schließlich wird ohne irgendwelche Ausnahme eine Ein fuhrsteuer von 1°/, erhoben. — Diese Zollsätze, an und fiir sich erträg lich, treffen alle Preiszuschläge (Teuerungözuschlag und Valutaaus- gleich), aber das größte Hemmnis der Einfuhr deutscher Bücher nach Kanada ist die von der kanadischen Zollbehörde bestimmte Höhe der Valuten des Auslandes, bemessen nach der eigenen Währung. Die Einheiten der kanadischen Währung sind Dollar und Cent. Die kana dische Zollbehörde bestimmt zunächst, daß die cingeführten Waren in der Währung des exportierenden Landes ans den Fakturen berechnet werden. Der Zoll fiir Bücher wird erhoben ack valorem. Gemäß ihrer Valutatabelle berechnet die kanadische Zollbehörde die deutsche Mark (Vorkriegsknrs) mit 24 Cents. Wie einschneidend diese Maß nahme ist. zeigt die folgende Beispielbcrechnung: Der in Deutschland gültige Nettopreis eines gedachten Buches sei .Vi 100.— Valutaausgleichzuschlag (350°/«) 350.— Betrag der Faktur ^450^ Zoll und Einfuhrsteuer 33^ä°/o 150.— ä 24 Cts. — § 36.— — ca. 1250.—. Heutiger hiesiger Kurs 100.— — K 2.86. Also der in Deutschland gültige Nettopreis eines gedachten Buches in Höhe von ^ Ivo.— erhöht sich in Kanada um den Valuta- ausgleich-Zuschlag WO.- ferner um den Betrag von z 3«.—, eingezogen von der Zollbehörde ca. 1250 - auf 17M, - Ohne Valutaansgleichzufchlag würde auf das gedachte Buch im Werte von 100.- Zoll erhoben werden 8 7.04 — 240.— Es würde also in Kanada kosten 34«.- Die »Valutaausgleichzttschlag«-Maßnahme ist gewiß eine national- ökonomische Notwendigkeit für Deutschland, doch die Wirkung dersel ben, vereint mit der Wirkung der Maßnahmen der kanadischen Zoll behörde, bedeutet eine solche Preiserhöhung (17fach) deutscher Bücher in Kanada, daß deren Einfuhr nach Kanada fast vernichtet ist; ein deutsches Buch wird in Kanada eine Seltenheit werden. So wird manche deutsche Familie in Kanada darauf verzichten müssen, ein deut sches Buch zu erwerben. Das ist um so bitterer, da während der gan zen Kricgsdauer keine deutschen Bücher nach Kanada eingcführt wer den durften, lind nun ist Frieden! Die Sehnsucht nach der Heimat ist stärker als zuvor, das harte Gebot der Notwendigkeit fiir die meisten heißt: »bleiben«! Wie naheliegend ist da der Wunsch, wenigstens etwas »Deutsches« zu lesen, aber nur wenige der in Kanada lebenden Deutschen sind wohlhabend genug, tun 8 5.— bis § 6.— (ca. 200 ./() für ein Buch zahlen zu können, das man in Deutschland mit 10 kaufen kann. Der Versand deutscher Bücher nach Kanada wird auf eine Geringfügigkeit herabsinken. Liegen Statistiken vor. die den Betrag der von Deutschland nach Kanada eingeführten Bücher Nach weisen? Es wäre interessant, wenn sich deutsche Verleger die Mühe geben würden, aus ihren Kontobüchern festzustellen, für wieviel sie von ihren Verlagswerken nach Kanada verkaufen. Ich mutmaße, die Beträge sind ungemein niedrig in Anbetracht dessen, daß in Kanada ungefähr 400 000 Deutsche leben, einschließlich der von aus Deutsch land eingewanderten Eltern Geborenen. Die jetzige Gesamtbevölkerung Kanadas ist etwa 0 Millionen, und unter der nichtdeutschen Bevölke rung sind Gelehrte, die an deutschen Universitäten studiert haben, an dere waren der Musik wegen in Deutschland, noch andere, um in München zu »malen«, viele weiter können deutsch wenigsteus »lesen«, die meisten derselben würden wohl gern nach einem deutschen Buch greifen, wenn es ihnen nahegelegt würde. Was könnte das »deutsche« Buch nicht wie der ausglcichen, wie viele Mißverständnisse könnte es beilegen! Ge wiß, die nationalökonomischen Interessen Deutschlands gebieten die Maßnahme des Valntaausgleich-Zuschlags, aber Bücher haben nicht nur »Handelswert«, ein jedes gute deutsche Buch im Auslande, beson ders in den Ländern der ehemaligen Kriegsgegner Deutschlands ist ein Sendbote des Deutschtums, ein Fürsprecher der Verständigung. Jede Minderung der Anzahl dieser deutschen Sendboten ist fiir Deutschland ein Verlust an ideellen Werten. Montreal, Kanada, am 10. Juni 1920. Bruno Heßling. Eine Blütenlese aus unserem Auslandsbriefwechsel. Beitrag zur Frage des Wiederabbaus der Aus land v e r k a u f s o r d n u n g wegen unvorhergesehener Steigerung der deutschen B tt ch e r p r e i se. Ort in Südbrasilien, den 30. März 1920. Ihre Zusendung betreffs Lieferungsbedingungen kam mir heute zu Händen, und muß ich zu meinem Bedauern Sie ersuchen, meine Be stellungen vorläufig nicht auszuführcn, sondern dieselben in Nota zu behalten, mit folgenden Ausnahmen:.... Auch mein Guthaben wollen Sie in laufender Rechnung behalten, es werden ja doch wohl auch mit der Zeit in Deutschland andere Valutaverhältnissc eintreten. Was mich zu der Abbestellung zwingt, werden Sie verstehen, wenn Sie jMir bei folgender Aufstellung folgen. ! Ich schaffte mir deutsches Markkonto bei der hiesigen Bank an im August v. I. zum Preise von 300 Reis die Mark, weil man damals all gemein der Überzeugung war, Deutschland würde sich bald erholen und die Valuta nicht viel weiter sinken, war sie doch schon von 800 Reis heruntergegangen auf 300 Reis. Die Anschaffung schien also »vorteilhaft. 755