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8394 Börsenblatt s d. Tisch» Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 162, 16. Juli 1909. bei einer Kraftprobe die Gehilfen den Unternehmern überlegen, und man wagt es seitens der Unternehmer gar nicht mehr, cs dazu kommen zu lassen. Die Gehilfen gehen nun systematisch darauf aus, die Arbeitsleistung immer weiter herabzusetzen. Nicht nur daß durch den Taris die Zahl der Lehrlinge stark eingeschränkt ist, auch jeder technische Fortschritt ist von vornherein zur prak tischen Unwirksamkeit verurteilt. So z. B. dürfen nur gelernte Setzer an den Setzmaschinen beschäftigt werden, und der Maschinensatz ist wie Handsatz zu berechnen. Auch hin sichtlich der Anschaffung von Setzmaschinen sind die Unter nehmer durch künstlich verschlechterte Kreditbedingungen überaus beschränkt. Die Auflehnung einzelner Druckereien gegen den Tarif ist aus dem Grunde kaum möglich, weil sie dann keine Gehilfen bekommen und sich selbst ruinieren würden. Den Auftraggebern gegenüber halten Unternehmer und Gehilfen zusammen. Der Tarif ist im weiteren Verlaufe (Preistarif) zur großartigsten Preisvereinigung geworden, die existiert; er will eine Abspenstigmachung der Kunden aus schließen und beschränkt somit die Gewerbefreiheit. Aus der Schrift des Verlegervereins wie auch aus anderen einschlägigen Schriften kann man lernen, daß von irgend welcher Gewerbefreiheit im Buchdruckgewerbe kaum noch die Rede sein kann. Die durch den Lohntaris ständig steigenden Kosten werden den Konsumenten aufgebürdet, und kein technischer Fortschritt kommt der Kundschaft zugute. Es ist Zeit, daß das Publikum darüber aufgeklärt wird. Zu fordern ist, daß 1. bei Druckausträgen in Zukunft die tariffreicn Druckereien bevorzugt werden, 2. fachkundige Kontrollstellen eingerichtet werden, in denen die Rechnungen der Buchdrucker für die Konsumenten geprüft werden. Der Vortrag fand bei den Anwesenden lebhaftes Interesse, und es wurde beschlossen, dem Deutschen Ver- legeroercin entsprechende Mitteilung zu machen. Zur Bücherproduktion Rußlands im Jahre 1908 ,Vgl. Nr. IS7 d. Bl.» Zur Ergänzung des Artikels über die Bücherproduktion Ruß lands im Jahre 1908 wären noch die nachfolgenden Angaben nachzutragen, da sie wohl als besonders interessant bezeichnet werden können. Es muß jedoch wiederholt werden, daß die an richtig anzusehen sind. Die Anzahl der Druckwerke wird inhaltlich folgendermaßen spezialisiert: Schul- und Lehrbücher 1105, — Volksschriften 1051, — Belletristik 804, — Religion 836, — Medizin 835, — Musika lien mit russischem Text 815, — Detektivromane u. dergl. 624, — Kinderschriften 573, — Bibliographie, Kataloge rc. 632, — Militär und Marine 501, — Zeitgenössisches Leben 461, — Naturkunde 429, — Landwirtschaft 397, — Geschichte 344, — Dramatische Werke 342, — Technologie 284, — Geographie 259, — Nachschlagebücher 248, — Soziologie 236 (darunter Jüdische Frage 38 und Fraucnfrage 34), — Jurisprudenz 232, — Biographie 227, — Statistik 221, — Pädagogik 217, — Literatur 194, — Poesie 177, — Eisenbahnwesen 174, — Kalender 174, — Sammelwerke 129, — Volkswirtschaft 104, — Psychologie 87, — Gesammelte Werke 86, — Musik 84, — Philosophie 77, — Archäologie 77, — Mathematik 75, — Physik 68, — Malerei 64, — Sport 62, — Buchführung 56, — Handwerk 51, — Sprachen kunde 49, — Chemie 44, — Gesang 41, — Kunst 39, — Popu- larisationen 37, — Theater 35, — Architektur 23, — Photo graphie 18. Daß diese wissenschaftliche Einteilung mit der in Deutschland üblichen nicht übereinstimmt, wurde bereits erwähnt. Über die Zahl der in russischer, polnischer und deutscher Sprache im Jahre 1908 in Rußland veröffentlichten Drucksachen ist bereits berichtet worden. Die Zahlen der in anderen Sprachen erschienenen Schriften folgen hier: Hebräisch 654, — Lettisch 557, — Estnisch 303, — Tatarisch 299, — Armenisch 208, — Grusinisch 185, — Französisch 127, — Litauisch 115, — Ara bisch 90, — Kirgisisch 41, — Tschuwaschisch 25, — Türkisch 19, — Lateinisch 13, — Englisch 9, — Tscheremissisch und Japanisch je 8,— Weißrussisch, Persisch, Tschagataisch, Esperanto je 5, — Ader- beidshanisch und Wotjakisch je 4, — Awarisch, Griechisch, Chinesisch, Molduanisch, Kumykisch, Sanskrit je 3, — Italienisch, Tibetisch, Tschetschanisch je 2, — Tschechisch, Karaimisch, Koreanisch, Mongo lisch, Permisch, Slowenisch, Finnisch und in den Sprachen der kaukasischen Juden, der Bewohner des nördlichen Dagestan und der Turko-Tataren je 1 Druckschrift. Auffallend ist die Tatsache, daß die Sprache der Kleinrussen und Nutbenen, die eine nicht unbedeutende Literatur hat, im Süden Rußlands von einer zahlreichen Bevölkerung gesprochen und geschrieben wird und sich sowohl vom Russischen wie vom Polnischen wesentlich unter scheidet, hier nicht besonders angeführt ist. Offenbar hat der Statistiker die in dieser Sprache veröffentlichten zahlreichen Bücher unberechtigterweise den Drucksachen in russischer Sprache hinzu gefügt. Erwähnenswert ist es, daß über die ansehnliche und sehr einflußreiche russische periodische Presse hier keine statistischen Angaben gemacht werden können, da sie in den Materialien, die mir zu Gebote standen und aus denen ich geschöpft habe, leider fehlen. Ferner wäre noch zu bemerken, daß das Großfürstentum Finnland, obwohl es einen Teil des russischen Reiches bildet, hier gänzlich unberücksichtigt geblieben ist. W. Henckel. Kleine Mitteilungen. * Born NcichStag. — Der Deutsche Reichstag hat in seiner Sitzung vom 13. Juli das Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Dänemark vom 12. Juni 1909, betreffend den gegen seitigen Schutz der Muster und Modelle, und den Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reiche und dem Freistaat Venezuela in dritter Beratung ohne Debatte unverändert endgültig angenommen. * Kunstausstellung in Frankfurt (Main). — Am 15. d. M. ist in Frankfurt a. Main die diesjährige Sommer-Ausstellung des Frankfurter Kunstvereins eröffnet worden. Sie ist zu Ehren Professor vi-. Hans Thoma's, der am 2. Oktober d. I. seinen sieb zigsten Geburtstag begeht, als Thoma-Jubilüums-Ausstellung be zeichnet und wird neben graphischen Arbeiten gegen 100 aus- Zeit^ etwa von 1857 ab, fortlaufend bis zur Gegenwart umfassen, darunter manches bisher wenig bekannt gewordene Werk. Die Ausstellung wird bis Ende September dauern. * Albrccht Dürer-Ausstellung. — Im alten Ausstellungs saal des Kupferstichkabinetts der Königlichen Museen in Berlin ist am 14. d. M. eine Ausstellung von Zeichnungen Albrecht Dürers und seiner Schüler eröffnet worden. * Klingers Wandgemälde sür die Aula der Universität Leipzig. — Professor Max Klingers großes Wandgemälde für die Aula der Universität Leipzig ist vor kurzem aus dem Atelier des Künstlers an den Ort seiner Bestimmung gebracht worden, wo es der Enthüllung am Festtage der Universität, Ende Juli, harrt. Es bedeckt eine Wand von 20 m Länge und wird zurzeit, den Lichtverhältnissen des Saales entsprechend, vom Künstler in seiner Farbenwirkung nachgearbeitet. Die Wirkung des mächtigen Bildes wird als bedeutend, die künstlerische Komposition als meisterhaft gerühmt. Vom finnischen Sortimenter-Verein. — Die Jahres versammlung der »Hska LoitimsntsbolrtiancklaretöreninAen« fand am 12. und 13. Juni in Wiborg statt. Der Verein hat jetzt 53 Mitglieder, gegen 60 im Vorjahre. Der Kassenbcstand betrug 2225 Fmk. Den Hauptpunkt der Verhandlungen bildete die Frage »Ein Versicherungsfonds des finnischen Buchhandels« (vgl. hierüber Nr. 131 d. Bl. v. 10. Juni 1909), die eine mehr stündige Debatte hervorrief. Im Prinzip sprach man sich für Gründung eines solchen Fonds aus und billigte den Vorschlag zu