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212, 12. September 1899. Nichtamtlicher Teil. 6501 zeitung nach, sie schickte aber der Berichtigung die Worte voraus: -Was einer Zeitung nicht alles zugemutet wird!» und schloß den Abdruck mit der Bemerkung: »Wir haben weder zu dieser noch überhaupt zu einer Ehrenerklärung Anlaß». Nun mehr revanchierte sich die Firma S. Sie griff einen Vordruck der Speditions- und Schiffahrtszeitung als unfein und unkaufmännisch auf, verfaßte darüber ein Cirkular und sandte von diesem einen Bürstenabzug an H. mit der Drohung, daß sie das Cirkular an interessierte Firmen versenden werde, wenn H. in seiner Zeitung noch einmal Angriffe gegen die Firma S. erhebe. Einen zweiten Bürstenabzug erhielt ein Kaufmann in Cottbus, dem man ebenfalls mit Versendung des Circulars drohte, wofern er nicht auf H. in dem von der Firma S. gewünschten Sinne einwirke. In der Haupt verhandlung ergab sich, daß R. S. allein der Schuldige sei, und seinen Bruder A. kein Vorwurf treffe. Letzterer wurde deshalb freigesprochen. Elfterer erhielt wegen versuchter Nötigung eine dreimonatliche Gefängnisstrafe zuerEannt. (Leipz. Ztg.) Fliegende Konten. — In der »Papier-Ztg.-- befand sich kürzlich folgende Anfrage: »Im Buchhandel besteht vielfach der Gebrauch, die Konten der Kreditoren und Debitoren auf losen, alphabetisch geordneten Blättern zu führen. Macht sich ein Kaufmann oder Buchhändler eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches schuldig, wenn er diesen Gebrauch auch nach erfolgter Eintragung seines Geschäfts in das Handelsregister beibehält? Ein Buchhändler.» Die Antwort der Redaktion lautete: »Nach Art. 32 HGB müssen die Bücher, aus denen die Handelsgeschäfte und die Ver mögenslage eines Kaufmanns vollständig zu ersehen sind, ge bunden sein. Dieser Vorschrift müssen auch die Buchhändler ge nügen, d. h. sie müssen neben oder statt der aus losen Blättern bestehenden Bücher gebundene führen, die den gesetzlichen Anfor derungen entsprechen. Hingegen steht es ihnen frei, die neben sächlichen Bücher lose oder gebunden zu führen.» Auf Wunsch bestätigen wir hiermit, daß nach unserer Kennt nis die gegebene Antwort richtig ist. Auch das neue Handels gesetzbuch stellt in seinem Z 43 die Forderung auf, daß die Han delsbücher gebunden sein müssen. Im Jahre 1888 ist eine Reichs gerichts-Entscheidung ergangen, in der die -fliegenden Kanten der Buchhändler nicht als den Vorschriften des Handelsgesetzbuches entsprechend angesehen wurden und die deshalb zur Bestrafung des be treffenden Buchhändlers, der in Konkurs geraten war, geführt hat. Bei den großen Vorteilen, die die «fliegenden Konten» aber gerade für die Buchhändler mit ihren vielen kleinen Rechnungs posten haben, muß ausdrücklich hervorgehoben werden, daß es nicht die Führung der -fliegenden Konten» überhaupt ist, die unzulässig ist, sondern zur Bestrafung kann (wie auch in oben erwähntem Fall) nur der Umstand führen, daß der Inhalt dieser Konten in keiner Weise in das sonst noch geführte (gebundene) Abschluß- oder Hauptbuch ausgenommen ist, daß diese Konten also selbst einen Teil des Hauptbuches bilden. Als Er gänzung und Erläuterung der Einträge in das Hauptbuch können sie aber nicht beanstandet werden. Wenn der Buch händler also eine Strazze in Form eines gebundenen Kontobuches führt, die Uebertragung der einzelnen Posten auf die Konten der einzelnen Firmen auf losen Blättern vornimmt, die Summen des Debet und Kredit (Transport) dann aber in ein fest gebundenes, ordnungsmäßig geführtes Abschlußbuch überträgt, so gilt das letz tere als Kontobuch im Sinne des Handelsgesetzbuches und die losen Blätter nur als ein Hilfsbuch, gegen dessen Form der Richter nichts einzuwenden haben wird. Andere Ansichten werden gern gehört werden. Antiquariats-Kataloge. — In der Zeitschrift für Bücher freunde 1899/1900, Heft 5,6, gicbt Victor Ottmann in München folgende Anregung für die Herren Antiquare: Wer die Kataloge unserer angesehenen Antiquariate genau verfolgt, dem kann es nicht entgehen, in welcher erfreulichen Weise sich immer mehr das Bestreben äußert, statt unbedeutender Preiscourante von flüchtigem Interesse liebevoll ausgearbeitete, bibliographisch exakte Kataloge zu bieten, die nicht nur ihren Hauptzweck, zum Kaufen einzuladen, gut erfüllen, sondern sich auch als bibliographische Hilfsmittel von bleibendem Werte charakterisieren. Ich möchte nun jenen Anti quaren, die für ihre -Ware» etwas zärtlichere Gefühle hegen, als sie sonst der Kaufmann seinen Handelsobjckten entgegenzubringen pflegt — und es sind ihrer gottlob ja eine ganze Menge —, eine kleine Anregung geben, wie sie den literarischen und biblio graphischen Reiz ihrer Kataloge noch erhöhen könnten. Cs wäre sehr hübsch, wenn die Kataloge von kleinen Monographieen über irgend ein Thema der Bibliophilie eingelcitet würden; natürlich kämen dabei zunächst solche Themata in Frage, die durch den Inhalt des Katalogs, also z. B. durch ein darin verzeichnetes, besonders inter essantes Werk, aufgeworfen werden. Wenige Seiten, vom Antiquar selbst oder einem ihm befreundeten Sammler geschrieben, würden hin- Sechsundsechjigjtrr Zahrgan«. reichen, um dem nüchternen Preisverzeichnis den Stempel der lite rarischen Individualität auszudrücken und ihm den Charakter einer beachtenswerten Gelegenheitsschrift und damit eine, wenn auch be scheidene Stellung in der Litteratur zu verleihen. Ich weiß nicht, ob dieser oder jener Antiquar schon einmal den Versuch gemacht hat — mir ist noch kein derartiger Katalog vorgekommen, abgesehen von bedeutenden Auktionskatalogen, die ja hin und wieder mit längeren Einleitungen versehen sind. Vielleicht fällt mein Vorschlag doch irgendwo auf fruchtbaren Boden. Postanweisungsformulare mit angehängter Post karte. — Vom 1. Oktober ab sollen für den deutschen Verkehr ungestempelte Postanweisungsformulare mit angehängter Postkarte zur Empfangsbestätigung ausgegeben werden. Der Verkauf wird in Mengen von mindestens fünf Stück zum Preise von 5 für je fünf Stück erfolgen. Die angehängte Karte wird dem Adressaten der Postanweisung zur Ausfertigung der Empfangsbestätigung überlassen; die Karte kann auch zu sonstigen Mitteilungen benutzt werden. Goethe-Nummern. — Aus Anlaß des Goethe-Jubiläums versendet das Freie Deutsche Hochstift in Frankfurt a. M. folgende Aufforderung: -Zur Goethefeier haben fast alle Tages-, wie Wochenschriften besondere Goethe-Nummern gebracht oder haben doch wenigstens mit einem Artikel über Goethe der Bedeu tung des Tages gedacht. Die verschiedensten Körperschaften und Vereine haben Feste gefeiert, zu denen Einladungskarten, Programme und andere Drucksachen hergestellt worden sind. Die Bibliotheks- vcrwaltung des Freien Deutschen Hochstifts in Goethes Vater- Hause, die in ihrer Spezialbibliothek alle, selbst die kleinsten lite rarischen Lebensäußerungen, Goethe und seine Zeit betreffend, sammelt, richtet an alle Autoren, Redaktionen und Vereinsvor stände die ebenso herzliche wie dringende Bitte, einige Exemplare ihrer Zeitungsnummern, in denen Artikel über Goethe p. s. w. enthalten sind, und sonstigen Drucksachen (Programme, Ein ladungskarten u. s. w.) einzusenden, damit sie der Sammlung einvcrleibt werden können. Wenn diese kleinen Produkte auch nicht von welterschütternder Bedeutung sind, so bieten sie doch einmal einen interessanten Beleg dafür und zeigen in späteren Zeiten, welchen Umfang die Feier in allen Schichten der Be völkerungen in fast allen Ländern, nicht bloß deutscher Zunge, ge nommen hat. In der Hochstiftsbibliothck liegen die verschiedensten Berichte früherer Goethescher Geburtstage vor, z. B. der Feier der hundertjährigen Wiederkehr. Der 150. Geburtstag ist viel reicher an literarischen Aeußerungen gewesen; um diese alle zu sammeln, bitten wir um allseitige Unterstützung und darum auch um mög lichste Verbreitung dieser Zeilen. Sendungen bitten wir zu richten: An das Freie Deutsche Hochstift, Gocthehaus, Frankfurt am Main.» Or. ror. tsoün. — Die gestern aus der -Nat.-Ztg.» über nommene Mitteilung, daß die Frage wegen Verleihung des Pro- motionsrcchtcs an die technischen Hochschulen unter Ein führung eines „Uootor rerum tsoünioarum" zum Abschluß gekommen sei, wird jetzt von der -Nat.-Ztg.» selbst wieder dementiert. Die Angelegenheit sei noch nicht entschieden und es schwebten darüber noch Verhandlungen mit den anderen Bundesstaaten. Auch darf daran erinnert werden, daß sich die Universitäten fast sämtlich gegen den technischen Doktortitel ausgesprochen haben. Technische Hochschule zu Danzig. — Für die neue tech nische Hochschule sind jetzt die Baupläne in der Ausarbeitung be griffen. Die umfangreichen Ncuanlagen werden eine Bauzeit von etwa vier Jahren in Anspruch nehmen. Jedenfalls kann vor dem Jahre 1904 an eine Eröffnung der neuen Hochschule zu Danzig nicht gedacht werden. Wenn jetzt schon hier und da in den Zei tungen Nachrichten über Berufungen von Professoren an die Danziger Hochschule auftauchen, so sind sie zum mindesten ver früht, wenn nicht überhaupt erfunden. Der Kaiser gegen die secessionistische Richtung. — Bei der Besichtigung von Schülerarbeiten der Straßburger Kunst schule erklärte der Kaiser dem Leiter der Anstalt, Professor Selcr, gegenüber, er sei sehr erfreut, daß der Studiengang die Natur formen als Vorlage benutze und sie dann auf die verschiedenen Zweige des Kunstgewerbes übertrage. Die ausgestellten Arbeiten ließen bei peinlichster Strenge in der Zeichnung doch nie die er quickende Frische vermissen, die die Natur in ihren Formen dar- bietc. Es erfülle ihn mit Befriedigung, daß die Schule mit ganzem Herzen an der Natur hänge und die Ausschreitungen, wie sie die moderne secessionistische Richtung zeitige, streng vermeide. Sammelsport. — Wie verschiedene Zeitungen melden, hat der von uns in Nr. 209 schon erwähnte Poststempel 9. 9. 99. wirk lich die Sammlerkreisc in nicht geringe Aufregung versetzt. So 866