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248, 25. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 12733 von seiten der Vertriebsfirma kostenfrei zu geschehen: ausdrücklich ist im Vertrage festzusetzen, daß die lagernden Exemplare aus schließliches Eigentum des Verlegers sind und daß die Vertriebs firma selbst für den Fall, daß sie Ansprüche gegen ihre Kontra hentin zu haben glaubt, sich niemals durch Beschlagnahme oder Verkauf der bei ihr lagernden Exemplare schadlos halten darf. Es muß bestimmt werden, wie es mit den unverkauften Exemplaren gehalten werden soll, ob diese zu remittieren sind, auf Kosten welcher Partei, oder ob sie nach Verlauf einer bestimmten Zeit als Makulatur zu verkaufen sind. Ebenso ist im Vertrage festzusetzen, innerhalb welcher Frist die Vertriebsfirma Remittenden ihrer Kundschaft annehmen darf, sowie wann sie über den Verkauf der einzelnen Publikationen abzurechnen hat. Der deutsche Verleger wird sich hierbei eben falls das Recht Vorbehalten, sich durch eine Vertrauensperson einen Überblick über die bei seinem ausländischen Geschäftsfreunde lagernden Vorräte zu verschaffen. Festzulegen im Vertrage sind die Nummern, Bände oder Hefte, bis zu welchen die Vertriebsfirma die Exemplare in Kom mission geliefert erhält, ferner an welchem Termin sie sich für die Übernahme der Publikation in den eigenen Verlag zu ent scheiden hat, falls sie sich hierzu nicht schon von Anfang an bereit erklärt; ebenso ist die alsdann in feste Rechnung zu liefernde Auflage festzusetzen. Bei allen Verträgen hat der Verleger darauf zu achten, daß ihn die Einstellung des Erscheinens seiner Publikation auch ohne weiteres von seinem Vertrage für die fremdsprachliche Ausgabe entbindet. Unterläßt der Verleger eine derartige Bestimmung, so wäre er verpflichtet, für die Dauer des Vertrages der aus ländischen Firma zu liefern, selbst wenn die deutsche Ausgabe nicht mehr erscheinen sollte. In der Praxis würde ein derartiges Unterlassen der ausländischen Firma Veranlassung geben, Schaden ersatz-Ansprüche für Nichtlieferung zu stellen. — Ich glaube, im Vorstehenden die wichtigsten Punkte, die in der Praxis auftreten, erörtert zu haben. Die vielen Kom binationen, die sich beim Abschluß von Auslandsverträgen ergeben können, lassen natürlich noch andere Vertragsbestimmungen zu: aber im allgemeinen werden die angezogenen Punkte stets das Gerippe eines Auslandsvertrages bilden. Auf jeden Fall können derartige Verträge in ihrer Ausführung nie detailliert und klar genug abgefaßt sein, da man so am besten spätere Differenzen und Enttäuschungen vermeiden wird. Charlottenburg. Costa Franco. Kleine Mitteilungen. Philosophisches Seminar an der Universität Berlin. — Das neugcgründete philosophische Seminar der Universität Berlin wird mit dein Beginn des kommenden Wintersemesters in seinen provisorischen Räumen Behrenstraße 73 eröffnet werden. Es untersteht zurzeit der Direktion von Geheimrat Professor Alois Riehl und dem aus Bonn neu berufenen Ordinarius Professor Or. Benno Erd mann sowie der Mitdirektion des Psychologen Geheimen Rats Professor I)r. Karl Stumpf. Von den sechs dem Seminar zur Verfügung stehenden Räumen ist der größte für seminaristische Übungen eingerichtet. Diese werden hier im kommenden Semester von Professor Riehl über Humes »Unter suchung über den menschlichen Verstand« und von Professor Erd mann über Spinozas Ethik abgehalten werden. Zwei kleinere Räume stehen den Studierenden für Arbeitszwecke zur Ver fügung, für die eine hier aufgestellte Präsenzbibliothek bestimmt ist. (Vossische Ztg.) * Neue Bücher, Kataloge «sw. für Buchhändler. Aus der Geschichte des Feuilletons. Von Tony Kellen. Kl 8°. 72 Seiten. Essen (Ruhr) 1909, Fredebeul L Koenen. Bro schiert 60 -Z. In dieser Broschüre wird zum ersten Male ein Überblick über die Entstehung des Feuilletons und über dessen Ent wickelung in Deutschland und den wichtigsten andern Ländern geboten. Da das Feuilleton heutzutage sowohl Romane, Novellen und Skizzen als auch literarische Kritiken, Theaterberichte und Plaudereien über die ver schiedensten Gegenstände bringt, so hat der Verfasser auch die Geschichte dieser einzelnen literarischen Gattungen behandelt. Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. Gestützt auf eine eingehende Kenntnis des Zeitungswesens und der Literaturwissenschaft, hat er es verstanden, eine Menge wertvollen Materials zusammenzutragen und zu einer wohlabgerundeten Darstellung zu verarbeiten. Die Ab- Handlung bildet einen wertvollen Beitrag zur Geschichte des Zeitungswesens und wird gewiß auch buchhändlerische Kreise lebhaft interessieren. * Wie soll man lesen? — Arbeiter-Bibliotheken in Leipzig. — Im Katalog der Freien Öffentlichen Bibliothek in Zwittau (Mähren) finden sich folgende Ratschläge an den Leser vorgedruckt, die auch das »Allgemeine Arbeiterbildungs-Jnstitut für Leipzig« ihrem »Bücherverzeichnis der Bibliotheken der Orts vereine im Westen Leipzigs«, das uns vorliegt, vorangestellt hat: Wie soll man lesen? Sieben Ratschläge an den Leser. I. Lies nur, wenn Du darüber nicht Deine Pflicht ver säumst. Lies nicht zu lange, sonst ermüdest Du Deinen Geist, liest unaufmerksam und verstehst die Feinheiten des Buches nicht. II. Lies nur gute Bücher, denn die Zeit, die Du zum Lesen hast, ist kostbar; schlechte Bücher verderben den Geschmack und fördern Dich nicht, während Du aus dem Lesen guter Bücher einen bleibenden Gewinn ziehst. III. Lies nichts, was über Dein Alter und Deinen Ver stand hinausgeht; nicht jeder Magen kann schwere Speise vertragen. Lies Dich vielmehr allmählich zu ' schwerer verständlichen Büchern hinauf. IV. Lies solche Bücher, die Dich besonders erhoben oder ge fördert haben, immer noch einmal wieder; Du wirst ihren Wert dann immer deutlicher erkennen und wirst bei jeder Wiederholung einen größeren Genuß haben. V. Lies auch nicht immer nur Romane, Erzählungen und Novellen, sondern auch Dichtungen; vor allen Dingen lerne unsere Klassiker kennen. Und weiter: lies auch Bücher wissenschaftlichen Inhalts — die Geschichte des Menschen geschlechts und das Leben der Natur müssen für jeder- mann die unentbehrlichsten Grundsteine des Wissens sein. Vieles, was Dich als Kind nicht interessiert hat, hat jetzt für Dich das größte Interesse. VI. Lies stets aufmerksam und langsam — nur so wirst Du das Gold des Buches zutage fördern. Wiederhole nachher im Geiste den Inhalt des Gelesenen und durch denke ihn; es kann sonst sein, als hättest Du das Buch überhaupt nicht gelesen. VII. Halte die Bücher stets sauber und ordentlich. Benetze die Finger nicht beim Umblättern; das ist eine zwecklose Angewohnheit. Vor allen Dingen gib die Bücher nicht Kranken in die Hände, die au ansteckenden Krankheiten (Scharlach, Masern, Diphtheritis, Typhus u. a.) leiden oder sich eben erst auf dem Wege der Besserung befinden; Du könntest damit leicht zur Übertragung dieser Krankheiten beitragen. Welche bedeutende Aufgabe das eingangs erwähnte Arbeiter- bildungs - Institut bewältigt, erweist die Tatsache, daß es in Leipzig (im Stadt- und Landbezirk) am Schlüsse des Jahres 1908 insgesamt 64 Bibliotheken geschaffen und versorgt hatte, deren Umfang, Benutzung und Zahl beständig im Wachsen ist. Das sehr inhaltreiche Bücherverzeichnis umfaßt beinahe alle Gebiete der Literatur, die schöne Literatur, neue wie alte in guter Auswahl und in den besten Namen, Jugendschriften, gewerblich.technische, populäre, sozialmissenschaftliche, natürlich auch sozialpolitische (in maßvoller Beschränkung auf Schriften namhafter Ver- fasser), insbesondere aber alle Richtungen der wissenschaftlichen Literatur, auch Sammelwerke, Lexika, Zeitschriften, Kalender usw. Interessant sind auch fünf Zusammenstellungen von ganzen Biblio. theken für bescheidene und bescheidenste Mittel zu eigenem Besitz, und zwar je für insgesamt 5, 10, 20, 60 und 100 Personalnachrichten. * Gestorben: Am 22. Oktober im Alter von 65 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung nach kurzem Krankenlager der 1653