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Nr. IIS. MMeOmWllGuMaM Erscheint werktäglich. Für Mitglieder des DSrsenvereinS z; ift der ^«zugspreis im Mitgliedk-beitrag elnßei-hlojlsn. ^ ^ ^ ^ ^ ^ sen^ Leipzig, Dienstag den 26, Mai 1914, 81. Jahrgang. Redaktion Am Strome der Zeit. Rückblicke und Ausblicke auf Literatur und Buchhandel, V, (IV siche Rr, 1V1,) Hinter uns die Arbeit und Abrechnung der Ostermesse, vor uns die Stille der Sommerszeit mit der Aufgabe, sie nicht ganz in die Sauregurkenzeit aufgehen zu lassen. Diese Signatur der Gegenwart hat aber auch ihre Sonnenseite, Sie ist gewisser maßen die notwendige Reaktion und sorgt für den Ausgleich der Kräfte, Der Buchhändler kann den Blick einmal vom Arbeits- Pult erheben und ihn freier in seiner Umgebung umhcrschweifen lassen, er kann sein Augenmerk in stärkerem Matze auf die großen allgemeinen Bcrufsfragen richten und im Jnnenbetriebe alle Vor kehrungen treffen, um zu Beginn der Wintcrsaison gerüstet zu sein. Er kann aber auch an seine eigene Erholung und an die seiner Angestellten denken, die um so notwendiger und wünschenswerter erscheint, je größer die Anforderungen werden, die die Arbeit auf dem Büchermärkte an den Einzelnen stellt. Im Mittelpunkt des allgemeinen Berufsinteresses steht gegen wärtig die deutsche Bibliographie, Man geht Wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß die Reform für den Gesamtbuchhandel Vorteile bringen wird, die kein Privatunternehmer zugestehen kann, nicht allein in bezug auf die Vollständigkeit der Registrie rung, sondern auch hinsichtlich der Anschaffungskosten, Je größer die Produttion auf dem Büchermärkte wird, desto mehr Wert muß auf die Vollständigkeit dieses Materials gelegt werden. Denn im Buchhandel spielt die Ware nicht die kurzlebige Rolle wie im übrigen Handel, Die Mehrzahl der Muster, wenn wir einmal für die Neuigkeiten diese Bezeichnung gebrauchen wollen, behält eine andauernde Marktfähigkeit, die den Buchhändler zwingt, beson deren Wert aus die Vollständigkeit des Katalogmaterials zu legen, wenn er seine Leistungsfähigkeit der Konkurrenz und der Allge meinheit gegenüber erweisen will. Ebensowenig wie es dem Juristen möglich ist, die Unsumme aller Gesetzesparagraphen im Gedächtnis festzuhalten, ist der Buchhändler imstande, auch nur das Titclmatcrial einer Jahresproduktion in feinem Kopfe auf zuspeichern, An die Stelle des Gedächtnisses tritt die Geschäfts bibliothek, deren Vollständigkeit und zweckmäßige Einrichtung immer mehr zum dringenden Bedürfnis wird. Gerade die beginnende stillere Zeit gibt Anlaß, eine Revision dieser oft arg vernachlässigten Einrichtung ins Auge zu fassen. Dabei wären in erster Linie die Fragen zu prüfen, ob Neuanschaffungen nötig und möglich erscheinen, und ob das Material an einer Stelle untergebracht ist, wo das Arbeiten mit ihm die größte Bequem lichkeit und den geringsten Zeitaufwand gewährleistet. Wie steht es mit den Verlagskatalogen? Ist es möglich, das System ihrer Aufbewahrung zu verbessern, erscheint cs angebracht, veraltetes Material zu entfernen und neues von den Verlegern zu verlangen? Oder haben sich im Laufe der Zeit besondere Geschäftszweige stär ker ausgebildet, die die Anschaffung von Sonderbibiiographien empfehlenswert erscheinen lassen? Von der Prüfung dieser Frage wäre z,B, die Anschaffung der Bibliographie »Sport 1890—1912« abhängig, die neuerdings im Verlage von K, F, Koehler in Leip zig erschienen ist und nicht allein die einschlägige deutsche, sondern auch die österreichische, schweizerische, englische, französische, hol- eller Teil. ländische, belgische und amerikanische Literatur verzeichnet. In Frage kommt vielleicht auch das vom Verlage Friedrich Hofmeister in Leipzig herausgegebene »Handbuch der Musikalischen Literatur«, dessen 14,, die Jahre 1909—1912 umfassender Band in Lieferun gen zu erscheinen begonnen hat. Bei der Ankündigung taucht fol gender bemerkenswerter Hinweis auf: »Handlungen, die eine Reihe der früheren Bände gegen monatliche niedrige Ratenzah lungen mit erhöhtem Rabatt zu beziehen beabsichtigen, wollen Preisliste und Bedingungen verlangen«. Dadurch wird auch den kleineren Betrieben, die vor einer großen einmaligen Anschaffung znrllckschrecken, Gelegenheit gegeben, ihre Geschästsbibliothck zu vervollständigen. Alle Geschäftsmöglichkeiten, die inzwischen der Tag und die Zeit bringen, sind voll auszunutzen, denn je weiter die stille Sai son vorschreitet, desto geringer wird ihre Zahl, Jetzt muß das Lager der Reise- und Touristenliteratur auf der Höhe sein, und diese Vollständigkeit auch nach Möglichkeit im Schaufenster und in den Schaukästen zur Geltung kommen. Den Zeitereignissen ist erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden, weil die mit ihnen in Zu sammenhang stehende Literatur noch am ehesten gekauft wird, zumal wenn sie an bevorzugter Stelle im Schaufenster ausgestellt wird. Dahin gehört auch die Beachtung von Gedenktagen, z, B, des 50, Geburtstags des frühvollendeten Otto Erich Hartleben und des 75,Geburtstags des noch immer rüstig schaffenden PaulLindau am 3. Juni. Ebenso sind die Zirkulare über die Kalender des Jahres 1915 zu berücksichtigen. Wer genaue Absatz- und Fort- setzungslisten führt, hat Gelegenheit, deren Vorteile jetzt kennen zu lernen. Die sorgfältige Auswahl der Vertriebsmittel und deren gewissenhafte Verteilung soll keine Unterbrechung erleiden, auch wenn die Wirkung momentan zu wünschen übrig läßt. Zeitgemäß ist die Versendung der nunmehr erschienenen Reise kataloge der Barsortimente an Verkehrs- und Touristenvereine sowie an geeignete Privatadressen, Aber auch die Verteilung anderer Vertriebsmittel braucht man sich nicht verdrießen zu lassen, zumal einige Änderungen, eigentlich mehr Wandlungen auf diesem Gebiete, einen besseren Erfolg als bisher verheißen. Zu den bereits in Nr, IV dieser Artikelfolge genannten beiden Fir men, deren Verlagsberichte immer mehr der Form der Vertriebs zeitschrift näher kommen, ist nunmehr auch die Firma S, Fischer Verlag in Berlin getreten, die unter dem Titel »Fischers Mittei lungen über neue Literatur« von Mitte Mai ab periodische Ver lagsberichte herausgeben wird, die neben einer Fülle inter essanten Lesestoffes auch Bilder enthalten sollen. Auch die Weih- nachtskatalogc werfen bereits ihre Schatten voraus. Der Katalog »Christliche Bücherei«, hinter dem 80 evangelische Sor timents- und Verlagsbuchhandlungen stehen, soll voraussichtlich in 100 000 Exemplaren erscheinen, eine Riesenauflage, für die schon heute vom Verlage Propaganda gemacht wird. Daneben werden die Weihnachtskataloge, die ihre Tendenz von konfessio nellen oder lokalen Rücksichten nicht abhängig machen, sondern sich von allgemeinen literarischen und künstlerischen Gesichtspunk ten leiten lassen, weder in der Höhe ihrer Auslage noch sonst eine Einbuße erleiden. Nur der Verlag wird angesichts der Vermeh rung dieser Vertriebsmittel sorgfältiger in der Vergebung von Anzeigen und Beilagen Verfahren müssen, wenn er den an ihn herantretenden neuen Anforderungen nicht durch die Erhöhung 849