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Redaktioneller Teil. 210, 9. September 1916. Lieferungen im Inland bezogener Waren an das Ausland. Wenn also ein Sorlimenler von einem inländischen Verleger Werke be zogen hat, die er an ausländische Kunden versendet, oder wenn ein Verleger einen Teil seiner Verlagsgegenstände in das Ausland verkauft, dann können diese Summen von der Umsatz summe abgezogen werden. Ebenso sind vom Ausland eingeführte Waren nach dem Sinne dieses Gesetzes steuerfrei. Namentlich für Handlungen an den Grenzen des Reiches können diese Bestimmungen von Vorteil sein. Ausbewahrungspflicht der Geschäftsbücher. Die Gewerbetreibenden haben ihre Geschäftsbücher fünf Jahre lang vom Schluß des Geschäftsjahres ab, in welchem die Abgabe entrichtet ist, aufzubewahren. Für Kaufleute, also auch für Buchhändler, erübrigt sich diese Anordnung, weil diese ja so wieso verpflichtet sind, ihre Geschäftsbücher, von der letzten Ein tragung an gerechnet, zehn Jahr« lang aufzubewahren. Strafbestimmungen. Wer über die empfangenen Zahlungen oder Lieferungen wis sentlich unrichtige Angaben macht, hat eine Geldstrafe verwirkt, die dem zwanzigsachen Betrag der hinterzogenen Abgabe glcich- kommt. Wenn der Betrag der hinterzogenen Abgabe nicht fest- gestellt werden kann, dann tritt Geldstrafe von ISO bis 3000 -/k ein. Nach dieser Anführung und Besprechung der wichtigsten Be stimmungen des Gesetzes soll eine kurze Betrachtung darüber folgen, in welcher Weise das Gesetz die einzelnen Zweige des Buchhandels und verwandter Gewerbe berührt. Es geht daraus hervor, wie schwierig die durch das Gesetz geschaffene Sachlage ist, und über wie viele Punkte man sich klar werden muß, wenn die richtige Umsatzfumme gesunden werden soll. Kommissions-Verlag. Der Umsatz von Werken, die man nicht in eigenen, sondern nur in Kommissions-Verlag übernommen hat, kann nur in der Höhe des Betrages umsatzsteuerpflichtig sein, den der Kommis sions-Verleger als Entgelt für den Vertrieb erhält. Hat ein Ver leger beispielsweise außer seinem eigenen Verlag aus dem Kom missions-Verlag einen Barabsatz in Höhe von 2000 »L ge habt, von welcher Summe er laut Vertrag den Verfassern und Herausgebern der Bücher die Hälfte auszuzahlen hat, dann ist der Steuerbehörde nur der Betrag von 1000 ^ anzugeben. Auslieferung durch den Kommissionär, Kom missions-Buchhandel, Bar-Sortimente. Vereinnahmte Summen für Auslieferungen, die der Kom - Missionär für Rechnung des Verlegers vornimmt, sind nur vom Verleger anmeldepflichtig, nicht aber auch vom Kommissionär, der ja die Auslieferung, den Verkauf nur ver mittelt. Die durch den Kommissionär für Warenauslieferung erhaltenen Zahlungen mutz der Verleger also der Summe hinzu rechnen, die er selbst für im eigenen Betriebe gemachte Liefe rungen erhält. Anders ist es, wenn der Kommissionär buchhändlerische Er zeugnisse vom Verleger auf seine eigene Rechnung über nimmt und vertreibt, wie es z. B. durch die Bar-Sortimente ge schieht; dann hat er die durch den Vertrieb und Absatz dieser von ihm übernommenen Waren vereinnahmten Zahlungen als seinen eigenen Warenumsatz der Steuerbehörde ebenso anzumelden, wie der Verleger es tun muß für die ihm vom Kommissionär oder Barfortiment abgekauften Verlagsartikel. Lieferungen des Hauptgeschäfts an Zweig- ge sch äste (Filialen). Die Leitung von Zweiggeschäften erfolgt im allgemeinen durch das Hauptgeschäft, in dem auch die Buchführung für die Zweiggeschäfte besorgt wird. Die Zweiggeschäfte bilden in der Hauptsache nur eine Verkaufsstelle der Erzeugnisse des Haupt geschäfts. Die Buchführung der Filialen ist im allgemeinen sehr einfach und beschränkt sich, besonders im Warenhandcl, meist auf die Eintragung der vereinnahmten Gelder und kleinerer Bar- llSO ausgaben (Kontrollkasse), sowie auf die Notierung etwa in Rech nung an die Kundschaft gelieferter Waren, alles weitere wird aber vom Hauptgeschäft besorgt. Lieferungen des Hauptgeschäfts an die Zweiggeschäfte können hiernach nicht unter das Gesetz über den Warenumsatzstempcl fallen. Die an die Zweiganstalten ge lieferten Warenmengen brauchen also nicht besonders benannt zu werden. Anders liegen die Verhältnisse, wenn ein und derselbe Ge werbetreibende mehrere Geschäfte besitzt, von denen jedes für sich einen selbständigen Gewerbebelrieb bildet, als solcher in das Handelsregister eingetragen ist, eigene Ver waltung, selbständige Einkaufs- und Verkaufs-Abteilungen und eine eigene Buchhaltung besitzt. Wenn solche Geschäfte, die oft ganz verschiedener Art sind, unter sich Waren beziehen oder austauschen, dann werden diese gegenseitigen Warenlieferungen als der Umsatz selbständiger Betriebe, wenn sie auch ein und den selben Besitzer haben, bei der Anmeldung zu berücksichtigen und abgabepflichtig sein. (Fortsetzung solgt.) Verkehrte Steuern. Unter der Überschrift: »Die Wirkung des Reichsabgaben- gcsetzes im Stuttgarter Postverkehr« bringt das »Neue Stutt garter Tagblatt« vom 12. August 1916, Nr. 405 Abendausgabe, einen Artikel, den wir nicht unwidersprochen lassen möchten. Es heißt darin u. a.: »Was nun den Stuttgarter Post-, Telegraphen- und Fern sprechverkehr anbelangt, so ist bei dem am stärksten besteuerten Brief- postvcrkehr (bv—KV °/» Zuschlag) bis setzt keine Spur von Vcrkehrs- abnahmc zu entdecken. Tatsächlich bemerkt man iin Briefabserti- gungsdienst der bedeutendsten Stuttgarter Postämter eher eine Zu nahme des Briespostverkehrs. Rur muß sich das Auge immer noch erst an die neuen Farben der Kriegsmarken gewöhnen. Eine unlieb same Erscheinung — unliebsam wenigstens vom Standpunkt der Ver waltungen aus — ist freilich auch hier schon zutage getreten: die Befreiung der Drucksachen von jeder Rcichsabgabe macht sich in einer Weise geltend, die von jedem Kenner der kaufmännischen und postalischen Paragraphenverhäitnisse vorausgeschen wurde. Der Ver sand von Sendungen als Drucksache, also zu der billigsten Taxe (von 3, s, 1v, 2ü, 3ll Pf.) hat ebenfalls stark zugenominen. Tie Möglich keit, namentlich für Großbetriebe, Schriftsätze, die im Grunde genom men denselben Inhalt haben, zu vervielfältigen, ist ja dank der Ausnahmen der Postgcsctz-Ausslihrungsbcstimmungcn überaus rcich- gcstaltet und weit ausgebaut. Von dieser Möglichkeit wird denn auch, soviel bis heute zu sehen, bereits soweit als möglich Gebrauch gemacht. Ein größeres Stuttgarter Geschäft soll sogar den Versuch gemacht haben, Briefe in Form von Massendrucksachcn Herstellen zu lassen und das, was dem Briefempfänger speziell zu sagen war, durch Unterstreichung bestimmter Worte oder Sätze auszudriickeu, was allerdings verboten ist.« Wir haben seinerzeit keinen Zweifel darüber gelassen, daß wir die neuen Verkehrssteuern für einen wenig glücklichen Ver such halten, der Finanzkraft des Deutschen Reiches aufzuhelfen, und dies in der Hauptsache damit begründet, daß durch diese Steuern unsere Volkswirtschaft an der Wurzel getroffen werde, insofern, als nicht der Gewinn, sondern die Möglichkeit seiner Herbeiführung der Besteuerung unterliege. Wenn der Vorstand des Börsenvereins und mit ihm zahlreiche andere kaufmännische Korporationen geglaubt haben, von einer Bekämpfung dieser ge setzgeberischen Maßnahmen durch Eingaben an die zuständigen Stellen absehen zu müssen, so geschah das im Hinblick auf die Zeitverhältnisfe und in Erkenntnis der Notwendigkeit der Be schaffung neuer Mittel für das Reich, nicht zuletzt auch deshalb, weil es sich um eine vorübergehende Maßnahme handelt, die in ab sehbarer Zeit wieder verschwinden soll. Keineswegs aber ist man sich in Handelskreisen darüber im unklaren gewesen, daß mit der Portoerhöhung — trotz ihrer zeitlichen Begrenzung — ein Weg bcschritten worden ist, auf den man der Regierung ungern folgt, nicht weil Steuern an sich von den davon betroffenen Kreisen stets unliebsam empfunden werden, sondern weil jede Erschwerung des Verkehrs im Widerspruche zu der Aufgabe der Reichspost steht, der gerade aus ihrer Monopolstellung die Pflicht der Verkehrs-