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Hs 185, 11, August 1911, Künftig erscheinende Bücher. Wrs-Ilblall s, d. Mich», Bilchki»nb°l. 9099 Leipzig, l l. August 191 l. Am 12. September d. I. erscheint: Zungdeutscher Sturm und Drang Ergebnisse und Studien von vr. H. H. Houben. 8°. 700 Seiten. Titel- undU Llmschlagzeichnung von Erich Grün er-Leipzig. Geh. M. 10.-, in Lwd. geb. M. 12.-. Zn diesem Werke gibt der auf seinem Forschungsgebiet als Autorität bekannte Literarhistoriker die Resultate einer zehnjährigen Beschäftigung mit der Sturm- und Drangzeit des „Jungen Deutschland" (1830—1840), der sich das literar historische Interesse immer stärker zuwendet. An die Namen Heinrich Heine und Ludwig Börne, Ludolf Wienbarg und Heinrich Laube, Karl Gutzkow und Theodor Mundt, Varnhagcn von Ense und Gustav Schlesier, Alexander Jung und Gustav Kühne knüpft der Verfasser Charakteristiken markanter Persönlichkeiten und epochemachender Ereignisse, und aus diesen Einzeluntersuchungen entwickelt sich ein Gesamtbild jener stürmisch bewegten Zeit mit ihrem fast modern nervösen Strebe» und Lasten, mit ihrer verschwenderischen Fülle von Anregungen auf allen Gebieten des literarischen und politischen, religiösen und sozialen Lebens. Wir sehen bewundernswerte Kräfte im Kampf gegen äußere und innere Hemmungen sich abklären und erstarken, andere in der Last des Tages sich zersplittern oder an innerem Widerstreit zugrunde gehen. Dieses rein menschlich fesselnde Schauspiel sichert diesem Buche ein über die Kreise der Fachgelehrten hinausgehendes Interesse; denn die Sympathie der gebildeten Lesewelt ist immer da geweckt, wo es sich um die stürmischen Anfänge einer aufstrebenden, talentvollen Jugend in Literatur und Leben handelt. Selten wohl hat ein literarhistorisches Werk eine solche Masse neuer „menschlichen Dokumente" in Form von charakteristischen Briefen und Aktenstücken zutage gefördert. Des Altmeisters Goethe Verhältnis zum jungen Geschlecht des 19. Jahrhunderts erfährt eine neue Beleuchtung, der ganze Zensurjammcr der vormärzlichcn Zeit entwirrt sich aus den Aktenstößen der verschiedenen deutschen Staatsarchive, und die Korrespondenz des übermütigen Burschenschafters Lcinrich Laube mit seinen zech- und sangeslustigen Iugendgenossen entwickelt ein intimes, überaus amüsantes Bild des deutschen Studentenlebens vor 80 Jahren. Die seinerzeit viel besprochene Tragödie der „modernen Älteste", Charlotte Stieglitz, bietet in dem Briefwechsel der Leldin mit Theodor Mundt die Grundziige eines psychologischen Romans, und der Schleier, der bisher über Ludolf Wienbargs Leben lag, wird hier zum erstenmal gelüstet. Die Geschichte der berüchtigten „Wally" des jungen Gutzkow zeigt den Zusammenprall zwischen Staatsgewalt und freiem Schrifttum, wie er bis heute einzig dasteht, und ein ungewöhnliches Schauspiel ist der Kontrast des kluge» Diplomaten Varnhagcn von Ense mit der verdächtigen Kaltung des bisher verschollenen Renegatcn Schlesier, dessen lichtscheues Treiben zum erstenmal gekennzeichnet wird. Durch eine ganze Reihe solcher eigenartigen Bilder führt uns Loubens Buch hinter die Kulissen der jung deutschen und der Literatur überhaupt, und die klare und temperamentvolle Darstellung des Verfassers wird jedem, der bei seiner Beschäftigung mit der Literatur des >9. Jahrhunderts auf die verborgenen Quellen zurückzugchen liebt, eine Fülle von Anregung und Belehrung bieten. Käufer dieses Werkes sind natürlich in erster Linie die akademischen Kreise der Listoriker und Literar historiker, alle Bibliotheken einschließlich der historischen und germanistischen Seminare und ähnlicher Anstalten, ferner alle Sammler der einschlägigen Literatur und Antiquare, denn das Buch handelt fast nur von literarische» Selten heiten, und weiterhin alle gebildeten Leser, die über die Vorgänge unserer Nationallitcratur intimeren Aufschluß zu suchen gewöhnt sind. Ein gutes Register am Schluß des Bandes bietet einen trefflichen Schlüssel zu der ganzen jungdcutschen Literatur. Die Ausstattung des Buches ist dem Inhalt entsprechend und Titel und Umschlag von bewährter Künstlerhand gezeichnet. Lochachtungsvoll F. A. Vrockhaus.