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brachte, ihm auch die im Urteile genannten Namen der Kunden der Nebenkläger, die Nr. der von diesen Kunden bisher bezogenen Waren und die seitens der Nebenkläger von den einzelnen Kunden geforderten »Spezialeinzelpreise« mitgeteilt habe. An anderer Stelle im Urteile wird wiederholt, es könne nach allen — vorher getroffenen — Festellungen keinem Zweifel unterliegen, »daß B. in allen den Artikeln, in denen er unterbietende Offerten gemacht hat, die ent sprechenden Verkaufspreise der Nebenkläger durch M. er- fahren hat«. Es ist auch festgestellt, daß M. keineswegs nur fahrlässig, leichtfertig oder unbedacht gehandelt habe, sondern vorsätzlich, im Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit. Mit Bezug auf die Muster ist als Überzeugung der Strafkammer bereits hervorgehoben, daß beide Angeklagte nach der ebenda bezeichneten Richtung in arglistigem Einverständnis miteinander tätig waren. Außerdem stellt aber die Strafkammer in allen hier fraglichen Beziehungen fest, daß M. dem erkennbaren Willen seiner Geschäftsherren zuwidergehandelt habe und daß die Mitteilung an B. zum Zwecke des Wettbewerbs geschehen sei. Dies wird noch besonders dahin begründet, daß B. in die Lage versetzt werden sollte, die nachgemachten Muster »denselben Kunden«, nämlich denen der Geschäftsherren des M., zu niedrige rem Preise anzubieten, und daß M. hierdurch dem B. einen Wettbewerb auch ermöglichte. Es ist unerfindlich, in welcher Weise der Wettbewerbszweck noch deutlicher, als es in diesen Urteilsfest stellungen geschehen ist, hätte zum Ausdruck gebracht werden sollen. Gegen B. ist insbesondere auch festgestellt, »daß er diese Mit teilungen in dem Bewußtsein empfing, M. verletze dadurch seine Schweigepflicht als Angestellter, indem er die mehrgedachten Geheimnisse preisgab«, und daß er seine solchergestalt erlangten Kenntnisse insoweit zu Zwecken des Wettbewerbes — bewußter Weise unbefugt — verwertete, als er zufolge der ihm gemachten Mitteilung gerade denjenigen Kunden dieselben von den Neben lägern bisher bezogenen Waren zu niedrigeren Preisen offerierte. Beide Angeklagte waren demnach nach Ansicht des Reichsgerichts mit Recht bestraft, und ihre Revisionen wurden verworfen. Immanuel Kant gegen die lateinische Schrift. — In der »Tägl. Rundschau« lesen wirr Daß der Schöpfer des kategorischen Imperativs gegen seinen Verleger vom Jahre 1912 das Ein schreiten der Polizei fordert, könnte als Ausgeburt eines sommer lichen Feuilletonistentraumes erscheinen. Und dennoch ist es Tatsache. Kant, der die von der heutigen Physiologie bestätigte Wahrnehmung gemacht hatte, daß der einförmige Lateindruck die Augen mehr anstrengt als die charakteristische deutsche Schrift mit ihren klaren Wortbildern, war aus diesem Grunde ein grimmiger Feind der Lateinschrift (Antiqua), worin er sich mit Bismarck berührt. Dieser Haß ging bei Kant so weit, daß er die staatliche hygienische Fürsorge zum Schutz der Augen gegen die Antiqua anrief. Er äußerte sich einmal: »Wenn wir durch die (damals eben einsetzende) Mode des Lateindrucks unfern Augen Schaden antun, gleichen wir den Einwohnern der StadtMarokko (Marrakesch), die ihre Häuser allzu gleichmäßig mit Weiß übertünchten und darum zum Teil ihre Augenkraft einbüßten.« Der Lateindruck flimmere vor empfindlichen Augen und strenge das Gehirn mehr an als der Deutschdruck. Deshalb forderte der Königsberger Philosoph die Polizei auf, gegen die Verwendung des Lateindrucks einzuschreiten! An diesen Zornesausbruch Kants hat man sich jetzt vielfach erinnert, da kürzlich eine 'Ausgabe seiner Werke in Antiqua erschienen ist. Dagegen bedient sich bekanntlich die große Kant-Ausgabe, die von der Berliner Akademie der Wissenschaften veranstaltet wird, auf Anraten ausländischer wie inländischer Gelehrter des Deutschdrucks, und so brauchen ihre Herausgeber kein Strafmandat aus dem Olymp zu befürchten. Ei» Fritz Renter Musenur. — Der vor kurzem verstorbene Reuterforscher vr. Karl Theodor Gaedertz hat seine Reuter sammlungen der Stadt Neubrandenburg, wo auch bekanntlich nahe dem Bahnhofe dem größten plattdeutschen Dichter ein Denkmal gesetzt worden ist, unter der Bedingung vermacht, daß die Stadtverwaltung sich verpflichtet, der Sammlung für alle Zeiten die Bezeichnung »Fritz Reuter-Museum von Karl Theodor Gaedertz« zu geben. Sine Bereinigung der Dramaturgen. — Die mannig fachen Anregungen, die in letzter Zeit einen Zusammenschluß der Dramaturgen zur Bildung einer fachmännischen Zentralstelle für die Prüfung von Dramenmanuskripten forderten, haben jetzt zur Gründung eines Lektorats deutscher Dramaturgen, Berlin 15, geführt, dem Julius Bab, Gustav M. Hartung, Hans Franck, Siegfried Jacobsohn, Johannes Tralow, der Oberregisseur der Leipziger Oper vr. Ernst Lert, der Regisseur des Schillertheaters in Berlin Alfred Walter-Horst, der Redakteur an der »Deutschen Bühne« Ernst Neumann-Jödemann, der erste Kapellmeister des Chemnitzer Stadttheaters vr. Kurt Ottzenn u. a. beigetreten sind. Reue Bücher, Kataloge usw. für Buchhändler. I'ds Vidrar^ 3ourng.1, ebieü^ ckevotsck tc> librar^ s,r><1 biblioxrapd^. Nün-^orlcr kudlieation OlLos, 298 vroLävs.^. vooäon: 8olä Xegav ka.ul, Irenod, l'rüdver L 60., vroackv^a/ V0U86, 68—74 vartsr Vs>n6, K.6. Vol. 37. wo. 8. 1912. Ottawa Oollssrsnoe Bumber. 6r. 8^. k. 417—488. ^us cksru labg-Its: Läitorlalz. — Llmenäorf, Ive publio Personalnachrichten. «cstorben: am 22. August an den Folgen einer unerwartet schnell auf getretenen Krankheit nach schwerem Todeskampfe Herr Buchdruckereibesitzer und Buchhändler Robert Noske in Borna im 57. Lebensjahre. Am 15. August 1884 begründete der im besten Mannesalter Verstorbene in Borna eine Buchdruckerei, nachdem er vorher 6 Jahre lang im Hause Otto Spamer in Leipzig tätig und von 1880 bis 1844 Besitzer der früheren Fr. Heringschen Buchhandlung in Grimma gewesen war. In den ersten Jahren seiner neuen Selbstän digkeit nahmen die Druckerei und die täglich erscheinende Zeitung seine Kräfte voll in Anspruch. Am 16. März 1892 gliederte Noske seinem Betriebe eine Sortimentsbuchhandlung an, die er jedoch wegen Arbeitsüberhäufung am 1. Juli 1903 an Herrn Otto Engert aus Leisnig verkaufte. Nunmehr widmete der jetzt Verstorbene seine Kräfte ganz der Druckerei und dem Verlage, wobei ihn die letzten Jahre hindurch sein Sohn als Teilhaber unterstützte. Die Firma Noske erfreut sich in Fachkreisen des besten Rufes und ist weithin bekannt durch den Druck von Dissertationen für alle Fakultäten. LndNßig Passarge -fi. — Der erste Übersetzer Ibsens und Björnsons, der Schriftsteller Ludwig Passarge, ist 88jährig am 19. August in Lindenfels am Odenwald gestorben. Passarge war in Wolitnick bei Heiligenbeil in Ostpreußen geboren, hatte als Jurist in verschiedenen ostpreußischen Städten, zu letzt als Oberlandesgerichtsrat in Königsberg, gewirkt und war als Geheimer Justizrat in den Ruhestand getreten. Neben seiner amtlichen Tätigkeit war er schon früh literarisch tätig gewesen. Sein Buch »Aus baltischen Landen« (1878) erfreut sich im Osten noch heute großer Beliebtheit. Am bekanntesten wurde er durch seine zahlreichen Übersetzungen Jbsenscher und Björnsonscher Dramen (bei Reclam); daneben hat er auch litauische Dichtungen ins Deutsche übertragen, sowie Novellen und Reisebeschreibungen veröffentlicht. Rudolf HoerneA -fi. — Der Paläontologe, Professor vr. Rudolf Hoernes, Vorstand des geologischen Instituts der Grazer Universität, ist dieser Tage im 62. Lebensjahre einem Herzleiden erlegen. Er zählte zu den ersten Vorkämpfern für den Darwin- Haeckelschen Gedanken und trat mit feurigem Temperament für den Ausbau einer natürlichen Schöpfungsgeschichte ein. Das Hauptgebiet seiner Forschungen betrifft die Tertiär- und Erdbeben- Untersuchungen. Hoernes war der Schöpfer des ersten Lehr buches der Erdbebenkunde; er bereiste die mazedonischen Erdbeben gebiete und war Erdbebenreferent der Zentralanstalt für Meteoro logie und Geodynamik.