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-V 240, 15. Oktober. Nichtamtlicher Theil. 4573 nach unseren stenographischen Auszeichnungen hier ihrem Wort laute nach wiedergeben. Der Redner sprach Folgendes: Werthe und liebe jüngere College» I An einem so seltenen Fest- und Jubeltage, wie Sie ihn heute zu begehen die große Freude haben, an einem so bedeutsamen Tage, soll der Verein der Leipziger Buchhändler nicht fern bleiben, um den warm empsnndenen Gruß der Freude an Ihrem Ehrentage zum herzlichen Ausdruck zu bringen. Nicht allein der Buchhandel Leipzigs, auch der Gesammtbnchhandel erkennt es als eine der wichtigsten Bedingungen sür die gedeihliche Ent wicklung unseres Beruses, daß ein tüchtiger, gediegener, auf ehrenhafter Grundlage ruhender, von Ehrenhaftigkeit durchdrungener Gehilsenstand erhalten bleibe, ein Gehilsenstand, der fort und fort in diesen Eigen schaften sich erneuere und verjünge. Gott Lob! daß wir es heute in dieser Festesstunde aussprechen können — und diese glänzende zahlreiche Festversammlung spricht es ja lauter aus, als meine Worte es vermögen — Gott Lob! sage ich: wir besitzen einen solchen tüchtigen, gediegenen Gehilsenstand, auf den wir die frohe Hoffnung einer glücklichen Zukunft, die in Ihrer Hand ruht, auszubauen vermögen. Wir, die wir heute in Ihrer Mitte erschienen sind, wir sind auch aus Ihrem Kreise hervorgegangen, und nur der unablässigen, rastlosen, sich iinmer gleichbleibenden ehrlichen Arbeit haben wir es zu danken, daß wir aus den früheren engen Schranken herausgetreten, daß wir empor gekommen und daß wir endlich aus diese Stelle gelangt sind, aus der wir uns nun befinden und von der aus wir berechtigt sind, zu Ihnen zu sprechen. Aber auch Ihnen, meine jüngeren Freunde ist die Bahn geebnet und- frei gemacht; auch Sie können emporkommeu, ein Jeder nach dem Maß seiner Kräfte und seiner Einsicht; auch Sie werden dereinst unsere Stellen einnehmen, wenn Sie Sich unentwegt geloben, die Fahne der Ehrenhaftigkeit, der unwandelbaren Treue immer hochzuhalten. Mit großer Befriedigung und Freude gedenken wir noch des Festes, das vor 2b Jahren in Ihrem Verein, aus gleichem Anlaß wie heute, stattgefundeu hat und das damals in so überaus würdiger Weise ver lief. Seit jenen Tagen sind stürmische Zeiten vorübergerauscht, die Manches geändert haben. Auch Ihr Verein hat sich nicht entbrechen können, außer dem früheren einzigen Ziel, das er sich gesteckt hatte — der Pflege der Geselligkeit — noch anderen edleren Zielen Raum zu gönnen, namentlich der Wohllhätigkeit und der Linderung der Noth der Berufsgenossen sich zuzuwenden. Ehre sei dafür Ihre» Vorständen, die die Initiative dazu ergriffen, und auch Ehre Ihnen Allen, die dieses wohlthätige Streben durch Rath und Geldmittel zu unterstützen bereit waren. Der Dank dafür wird Ihnen nicht fehlen, und hochwillkommen ist es mir, es Ihnen sagen zu dürfen, daß die Deputation des Vereins der Leipziger Buchhändler beschlossen hat, in dankbarer Anerkennung Ihrer gemeinnützigen Wirksamkeit, eine angemessene Summe Ihrer Uuter- stützungskasse zuzuwendcn, um Sie in den Stand zu setzen, noch aus giebiger als bisher da einzugreisen, wo es Noth thut. Lassen Sie mich, meine jüngeren College» und Freunde, nun ehe ich schließe, Ihnen die bedeutungsvollen Worte nochmals zurusen: Unsere Zukunft liegt in Ihrer Hand! Wir sind das niedersteigende Geschlecht! Möge es Ihnen gelingen und mögen Sie die Kraft dazu finden, aus dem Wirrwarr, der sich jetzt so heftig bekämpfenden, meist wohl un klaren Meinungen, das Richtige herauszulösen und daraus die Gestalt zu formen, die unserem Berufe so sehr Noth thut. Sollte Ihnen dies gelingen, dann Ehre Ihnen, dann aber auch wohl uns! Dann würde, wenn die zweite Hälfte des Jahrhunderts sich zum Abschied neigt, ein hellerer und sonnigerer Himmel da über uns leuchten, wo jetzt noch ein düsterer Wolkenschatten sich lagert. So möge denn zum Ende meiner vom Herzen kommenden Worte mit dem Glückwunsch noch verknüpft werden der Dank, den wir den treuen Mitarbeitern an unserem Werke schulden. Diesen Dank hier in einem feierlichen Augenblicke vor vielen Zeugen auszusprechen, ist mir eine ernste Gcwissenspflicht. Ich meine, daß die Worte, die bei der heutigen Veranlassung gesprochen werden, nicht innerhalb dieses Saales verhallen, sondern daß sie über diese Mauern hinausklingen, um auch von denen noch gehört zu werden, die ffie hören sollen. Darum sage ich: Unser Dank soll bedeuten, daß das Band der Eintracht, das Jung und Alt in unserem Beruf umschließt, noch nicht gelockert ist; und er soll auch Zeugniß davon ablegen, daß die verderblichen Lehren, die un ablässig Eingang zu erlangen suchen, um in unseren Kreisen Haß und Zwietracht zwischen Haupt und Gliedern zu erregen, noch keine Stätte gesunden haben. Und somit sei als Schluß meiner Worte, unser Glückwunsch, unser Dank und unser Gruß an Ihren Verein zusammengefaßt in den Spruch: Gott besohlen die Zukunft! Als nächster Redner betrat das Oberhaupt der Universität, Herr Rsotor iimgnitieus Prof. vr. His, die Tribüne, das große Interesse hervorhebend, welches die Universitäten, die Pflegstätten der Wissenschaft, an dem Gedeihen des Buchhandels haben, und dem Jubelvereine die aufrichtigsten Glückwünsche zu seinem fer neren fröhlichen Gedeihen darbringend. Namens der Stadt Leipzig begrüßte Herr Bürgermeister vr. Tröndlin den Jubilar. Der Redner betonte, daß der Buchhandel als eine der frischesten und ergiebigsten Quellen der Lebenskraft der ehrwürdigen Stadt Leipzig sprudele, und die freudige Theilnahme derselben an dem heutigen Ehrentage damit nur gerechtfertigt sei. Aber auch die fernere dankenswerthe Thatsache, daß der Buch- handlungsgehilsen-Verein bei mehrfacher ernster Veranlassung direct für das Wohl der Stadt eingetreten sei und jederzeit dem lebhaften Impulse eines ernsten patriotischen Geistes gehorcht habe, habe ihm Anspruch auf die Anerkennung und die herz lichen Wünsche der Stadtgemeinde erworben. Herr H. Haessel brachte sodann den Glückwunsch des Börsen-Vereins in aufrichtig empfundenen herzlichen Worten. Im Namen des Deutschen Buchhandlungsgehilfen-Verbandes überreichte dessen Vorsitzender, Herr Ed. Baldamus, eine Glück wunschadresse. Herr Bamberg, Vorsitzender des Berliner Ge hilfen-Vereins „Krebs" in Berlin, brachte die aufrichtigsten Wünsche und Grüße seines Vereines. Weitere prächtig ausge stattete Adressen wurden vom Gehilfen-Verein „Buchsink" in Wien durch Herrn H. I. Rech und vom „Palm" in München durch Herrn H.O. Sperling feierlich überreicht. Mit tiefbewegtenWorten dankte Herr Carl Rühle für all die Liebe und ehrende Theil nahme, welche der Verein heute an seinem Festtage erfahren habe. Es folgte die feierliche Weihe des dem Vereine von Leipziger Damen zu seinem Ehrentage gestifteten prächtigen Vereinsbanners, welches von Frau Kasprowicz mit einer poetischen Ansprache übergeben wurde. Das Einschlagen zweier goldenen Nägel durch die Vertreter des Berliner „Krebs" und des „Stuttgarter Ge Hilfe »Vereins" vollendete den symbolischen Act der Weihe, welchen Herr Oberschulrath vr. Möbius mit schwungvollen, feier lichen Worten begleitete. Die wuchtigen, erhabenen Klänge des Krönungsmarsches aus der Oper „Die Folknnger" schloß diesen ernsten, in jeder Beziehung würdig und glänzend verlaufenen Theil der Feier. III. und IV. Das Festessen und der Ball. Von der Galerie des prächtigen rothen Saales des Krystall- palastes schaute am Nachmittage des Festsountages das kostbare blauseidene Banner auf eine glänzende Versammlung hernieder, welche sich in bunter Reihe an festlich gedeckten Tischen zum Schmause niedergelassen hatte. Es mögen gegen 400 Personen gewesen sein, welche gekommen waren, das schöne deutsche Fest nach Erledigung der Vormittagsfeier nun auch ans deutsche Art durch Essen und Trinken und manchen würzenden, wohlgemeinten Toast ernstlich zu würdigen. Der letzteren begrüßten denn auch nicht weniger als 23 (!), von beredten Lippen freudig hervorquellend, das himmlische Licht, und wirkten nach ihrer Art in hohem Grade belebend auf die Feststimmung des Tages. Nach einer begrüßenden Ansprache des Vorstehers, Herrn Carl Rühle, eröffnete Herr Alwin Schmidt die Reihe der Toaste mit einem von ernstem patiotischen Geiste getragenen Hoch auf Ihre Majestäten Kaiser Wilhelm und König Albert, welches in der Versammlung aufrichtigen, freudig begeisterten Widerhall fand. — Ihm folgte Herr Paul Hcmpel, welcher in Dankbarkeit der Theil nahme hoher Behörden der Universität, der Stadt und des Buch handels gedachte und sein Glas auf das Wohl der Ehrengäste des