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Nichtamtlicher Theil, Aus den Papieren der Wcidmannschen Buchhandlung. Neue Folge. III. Karl Wilhelm Ramler.*) Von den Briefen, die Namler an die WeiLmannsche Buchhandlung gerichtet hat, sind die meisten verloren. Von einem Verkehr, der in den fünfziger Jahren begann und in den neunziger Jahren erst endete, geben nur noch 23 Briefe Zeugniß. Aber diese Briefe sind von außerordentlicher Liebenswürdigkeit und liefern dabei einen erwünsch ten Beitrag zur Kenntniß des Verkehrs zwischen Schriftsteller und Verleger damaliger Zeit. Auf ihnen fußen die nachstehenden Mit teilungen. Ein Jahr, bevor der Magister Lessing in die Reihe der Weid- mannschcn Autoren trat und Law's Ermunterung für die Firma übersetzte, hatte des Herrn Magisters Freund, Herr Ramler, Pro fessor am Berliner Cadettenhause, zwei Seiten im Hauptbuche der Leipziger Handlung eingeräumt erhalten, und Reich, der Geschäfts führer, bemerkte auf des Professors Haben: „p. die Uebersetzung des Batteur 3 Thlr. den Bogen". Es war Batteur's Werk ,,?rineip6 cle ln litt^rnturo orr eours cle^s Keiles lettres", das die Verbindung knüpfte. Namler übernahm eine Bearbeitung desselben für deutsche Leser. Die Bearbeitung erschien 1758 in vier Bänden, wohl zu der Zeit, da Philipp Erasmus, in heftigem Zorn über Lessing, die bei den ersten Bogen eines Buches vernichtete, das dieser im Verlage der Handlung hatte erscheinen lassen wollen.**) Das Honorar, das mittlerweile auf rund 300 Thaler war erhöht worden, gelangte in einzelnen Raten bis zum Jahr des Er scheinens zur Auszahlung. Eine Rate scheint Reich persönlich ge legentlich einer Reise nach Berlin im Januar 1755 Namler über bracht zu haben. Noch gleichzeitig mit dem Batteur beschäftigte den Berliner Pro fessor, diesmal mit Lessing gemeinschaftlich, ein andres Unternehmen, die Herausgabe der Sinngedichte Logau's. „ki'v ladore" dieses Wer kes kamen den Herausgebern — zu fünf Thalern der Bogen — 175 Thaler gut, die nebst 20Thalern für eine von dem damals viel beschäftigten Kupferstecher Meil gelieferte Platte und Vignette auf Namler's Conto erscheinen. Lessing, der die Vorrede schrieb, erhielt von der Handlung direct nichts für den Logau. Die Uebersetzung von Richardson's Fabeln ist der letzte Posten aus seinem Haben; Zahlung ward hierfür im November 1756 und März 175? geleistet mit zusammen 50 Thalern. Der Batteur erwies sich als ein guter Verlagsartikel, der von Zeit zu Zeit neu aufgelegt werden mußte. So im Jahr 1760, wo Reich 219 Thaler für die zweite Auflage, so 1768, wo der nun mehrige Mitbesitzer von Weidmanns Erben und Reich 200 Thaler für die dritte Auflage^ an Ramler zu zahlen hatte. Und es dauerte nicht lange, da hatte dieser Veranstaltungen zu einer vierten Auflage zu treffen. So kam allgemach der September 1772 heran und mit ihm eine Reise Neich's nach Berlin. Mancherlei Ursache mag Vorgelegen haben dazu, daß Philipp Erasmus zu dieser immerhin weiten Reise *) I!. S. Nr. 180. *"*) Lessing hatte Reich, dessen Bekanntschaft er s. Z. durch Weiße ge macht, einen Band von sechs Komödien versprochen. Das erste Stück, zu dem Oolckoni's Ll-oüe l'orlunals Anregung und Stofs geliefert, war im Satz schon bis zum dritten Bogen gediehen, als das Manuscript ansging und weiteres von Lessing nicht zu bekommen war. Daher des hitzigen Reich Entschluß und wohl auch die Thatsachc, daß auf Lessing's Conto die demselben gelieferten Bücher nie durch irgend ein Haben Ausgleichung fan den. Vgl. Lessing, von Maltzahn, ll. 505. Xll. 42. sich entschloß, vielleicht daß ihm auch ein persönliches Benehmen mit Ramler damals erwünscht war. Denn einmal bot der neue Druck des Batteur Anlaß zur mündlichen Unterhaltung, dann aber auch die „Lieder der Deutschen", die Ramler 1766 bei Winter in Berlin hatte erscheinen lassen, die er aber jetzt gerne nebst der in Vorberei tung befindlichen Fortsetzung an Weidmanns Erben und Reich hätte übergehen sehen. Es fanden zweifellos einige Zusammenkünfte zwischen Reich und Ramler statt, und ersterer fuhr dann am 15. September wieder durchs Thor, Leipzig zu. Kaum hatte er fünf Minuten den Gasthof verlassen, da erschien der Professor, in der Tasche einen Brief, den Reich an Herrn Weiße mitnehmen sollte. Gern hätte er noch eine Viertelstunde mit seinem Verleger geplaudert und auch gefragt, ob Reich „die Winterin", deren verstorbener Mann die „Lieder der ! Liebe" gedruckt, gesprochen. Er würde, sofern Reich im Wagen Platz gehabt, bis gegen das Thor milgefahren, dann ausgestiegen und in den Thiergarten zu Fuß gegangen sein, dann hätte er sich wieder ! eingesetzt und den Leipziger Freund noch „einige Feldwege" begleitet. Da er nun zu spät gekommen war, setzte er sich zum Schreiben ^ und fügte seinem Brief an Reich den an Weiße bei. Und zur Be- ! sorgung bot sich dann die beste Gelegenheit durch Madame Kochin, die mit ihrem Mann und dessen Truppe in diesen Tagen von Berlin ' nach Leipzig ging, um dort zur Herbstmesse und den Winter hindurch von dem Leipziger Privileg Gebrauch zu machen. „Nehmen Sie", ! schreibt Ramler, „unsere vortreffliche Schauspielerin ja so gut auf, ^ wie wir sic hier ausgenommen haben. Anfang und Ende war hier in Berlin ganz vortrefflich. Wenn Sie uns auch hierin (wie in vielen andern Stücken) übertreffen wollen, so machen Sie Anfang, Mittel und Ende gut. Sie werden viel neue Stücke zu sehen bekom men, die man bloß Ihnen, den galanten Leipzigern, zu Gefallen in Berlin auswendig gelernt hat, damit man sie ohne Anstoß Herspielen könnte. Aber ich höre, Sie fcyern dort den ganzen Advent: wie, wenn Sie diese, unsre Lieblingsschauspieler alsdann fein wieder zurückschickten?" Doch zweifelt Ramler daran, denn „die Einwohner des Pleißathens" werden wieder gut machen wollen, was sie, durch Begünstigung des Concurrenten Wäser an den „besten Schauspie lern" unsanft gehandelt haben. Gleichzeitig meldet Namler noch, daß er eifrig am ersten Theil des Batteur feilt. Wie sehr wünscht er sich dabei den Beistand, den er so oft seinen Mitbrüdern geleistet hat. „Man wird einerlei) Ar beit endlich von Herzen satt, sowie einerley Speise, und sollten es gleich Rebhühner sein." Zwei Wochen später ist die zweite Auflage des Wieland'schen Don Sylvio bei Ramler angekommcn, und dieser fängt den Roman, den er schon kennt, sofort wieder zu lesen an. Er meldet das Reich nebst seinem Dank und fragt gleichzeitig an, ob es wahr sei, daß, wie er vernommen, der von F. H. Jacobi in Aussicht gestellte Neu druck des „Agathon" „wieder in die besten Hände gerathen" sei, „nehmlich in die Hände des vortrefflichen Pflegevaters der Dichter.*) *) Die erste Auflage des Agathon erschien bei Orell, Gcßner L Co. in Zürich (1766—67); als Wieland spä'.er über seine Verleger — sekr unge rechtfertigter Weise — ärgerlich war. überredete ihn F. H. Jaccbi. eine zweite, vollendete Auflage zu eignem Nutzen zu veranstalten; Jacobi übernahm selbst die Leitung des Ganzen, auch dem Publicum gegenüber. Dieser Neudruck war offenbarer Nachdruck des Züricher Drucks und die Züricher Firma dachte daher daran, sich ihrerseits durch einen Nachdruck zu rächen, falls Wieland sich nicht mit ihnen abfändc. Dies geschah durch Neich's Vermittelung, nachdem der für den Jacobi-Wieland'schen Nachdruck gewon nene Commissionsbuchhändlcr sich als unzuverlässig erwiesen. Die zweite Auflage des ..Agathon" erschien dann bei Weidmann'ö Erben und Reich 1773. Vgl. Buckncr, Wieland und die Weidmannsche Buchbandlung. S. 52 ff. 473'