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6566 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 122, 29. Mai 1912. frage selbst wurde eine vom Landtagsabgeordneten vr. Elsaß- Stuttgart eingebrachte Resolution angenommen. Darin heißt es: Es wird einmütig beschlossen, die dem Reichstage eingereichte Resolution auf Beseitigung der Präventiv-Zensur zu erneuern. Der Goethe-Bund verwirft die Theaterzensur als eine unwürdige Bevormundung des Volkes. Die Theaterzensur ist in praktischer Beziehung unnötig, ja schädlich und daher im Interesse der nationalen Kultur verwerflich. Zum Ort des nächsten Delegierten- tages wurde Breslau bestimmt. Dann wurde noch im Anschluß an einen Vortrag von Professor vr. Nagel eine Resolution an- genommen, worin es heißt: Der Goethe-Bund hält es für eine dringende Notwendigkeit, daß die staatliche und städtische Fürsorge für das Theater im Interesse eines durch wahrhaft künstlerische ideale Gesichtspunkte bestimmten Spielplanes stärker einsetze. Post. — Infolge der Wiedereröffnung der Dardanellen für die Schiffahrt sind die durch die Sperrung der Meerenge notwendig gewordenen Beschränkungen des Postverkehrs mit der Türkei aufgehoben worden. Dem Erholungsheim für deutsche Buchhändler hat sich eine Ortsgruppe angegliedert, die am 18. Mai in Dresden ge gründet worden ist und bereits mehr als 25 Mitglieder zählt. Weitere Anmeldungen für Dresden und Umgebung nimmt der Schriftführer K. Gleisberg i/H. C. C. Meinhold L Söhne, Dresden, entgegen. Deutscher Lehrertag. — Unter Beteiligung von über 8000 Lehrern aus allen Teilen des Reichs sowie aus dem Auslande begannen am 27. Mai in der Reichshauptstadt die Verhandlungen der diesjährigen deutschen Lehrerversammlung, die vom Allge meinen deutschen Lehrerverein mit dem Sitz in Berlin veran staltet worden ist. Den Verhandlungen ging die Eröffnung einer Schulausstellung voraus, die im Preußischen Abgeordnetenhaus untergebracht ist und ein übersichtliches Bild über die Fragen der Schul hygiene, der Heimatkunde und des Werkunterrichts bietet. In der Abteilung für Schulhygiene erregen besonderes Interesse die Ausstellung für Zahnpflege, sowie die Tabellen über die Er nährungsverhältnisse der Berliner Gemeindeschulkinder. Besonders lehrreich sind die statistischen Angaben über die Kinderkrankheiten, und es ist interessant zu erfahren, daß, während sonst die Tuber kulose zurückgeht, sie bei Kindern im Zunehmen begriffen ist. Die interessanteste Abteilung schon im Hinblick auf die kommenden Verhandlungen des Lehrertages ist die Ausstellung für Werk unterricht. Es wird darin gezeigt, wie das Kind spielend all mählich zu reifer Werkarbeit herangezogen wird. Zahlreich sind auch die Nebenveranstaltungen des Deutschen Lehrertages, aus denen hervorzuheben sind die Tagung der Freien Vereinigung für philosophische Pädagogik, die sich mit folgender Resolution beschäftigen wird: »Wir sind soweit entfernt, die Religion aus dem sozialen Leben entfernen oder vertilgen zu wollen, daß wir sie vielmehr durchaus für wichtig und nötig er achten zur Lösung des großen Problems, um das es sich handelt; nur soll sie in gereinigter, veredelter Form wirksam werden.« Der schweizerische Pressetag (Verein der schweizerischen Presse) findet dieses Jahr in Luzern am I. und 2. Juni statt. Schweizerisches BereiuSsortimeut in Olten. — Die 30. ordentliche Generalversammlung des Schweizerischen Vereins- fortiments findet Sonntag, den 3. Juni, vormittags halb 11 Uhr in Zürich, im Zunfthaus »Zur Saffran« statt. Eine Tagnng des GesamtansschusseS des HansabuudeS wird am 12. Juni in Berlin stattfinden. Die Tagesordnung lautet: 1. Begrüßung durch den Vorsitzenden Geheimrat vr. Riesser. 2. Erstattung des Geschäftsberichts. 3. Beschlußfassung über Änderung der Satzungen. 4. Bericht der Revisionskommission. 6. Zuwahlen in das Direktorium und Kooptation in den Gesamt ausschuß des .Hansabundes. 6. Die Einzelforderungen des Hansa bundes auf Grundlage einer Neufassung der Richtlinien vom 4. Oktober 1909. Die Reform der sächsische« Lehrerseminare. — Die Gesetzgebungsdeputation der Zweiten sächsischen Kammer hat noch vor der Vertagung des Landtags die Vorberatung des Dekrets über die Abänderung des Gesetzes betr. die Höheren Schulen und die Seminare beendet. Der von ihr herausgegebene Bericht beschäftigt sich in interessanten Ausführungen mit einer Reform der Lehrer-Seminare, die ja seit langem in Fachkreisen diskutiert wird. Die wichtigste Neuerung ist die, daß der Lehrgang um ein Jahr verlängert wird. Das Seminar soll also für die Folge siebenjährig sein. Die ersten fünf Jahre sollen der gemeinwissen schaftlichen Ausbildung dienen, die durch einige musische Fächer wie Zeichnen, Musik usw , ergänzt wird. Eine gemeinwissenschaft liche Prüfung soll den Abschluß dieser fünfjährigen Ausbildung geben. Im sechsten und siebenten Jahre sollen alsdann die Schüler ihrer Begabung entsprechend in einzelne Gruppen (sprach- lich-geschichtliche, in naturwissenschaftlich-mathematische, in fremd sprachliche und technische) geteilt und in beschränktem Umfange in eine eLaktwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweise eingeführt werden. Gemeinsam für alle Schüler soll der Unterricht in deutscher Sprache und Literatur sein, ferner muß jeder an einer zweiten der obengenannten Gruppen sich beteiligen. Die Berufsbildung umfaßt die pädagogische Psychologie und die pädagogisch.philosophische Propädeutik (Ethik, Ästhetik, Logik), die allgemeine Erziehungslehre und die Didaktik, — auch in ge schichtlicher Darstellung. Verbunden sind damit die praktischen pädagogischen Anschauungsübungen und die Lehrversuche. Die beiden letzten Jahrgänge, also der sechste und siebente, werden als Pädagogische Akademie zusammengesetzt und mit der Uni- versität in Leipzig und der Technischen Hochschule in Dresden in Verbindung gebracht. Der Deutsche Zentralverband für Handel und Gewerbe (Sitz Leipzig) wird seinen Verbandstag (die 25. ordentliche Haupt versammlung) am 26. und 27. August in Hannover abhalten. Neue Bücher» Sataloge usw. für Buchhändler: 6r. 30. III u. 116 8. irr. 109 lakola. Verlegt bei Lugen Personalnachrichten. Earl Hepp -f. — In Darmstadt ist vor kurzem der Dichter und Literarhistoriker Carl Hepp im Alter von 71 Jahren gestorben. Außer einer Reihe dramatischer und erzählender Werke in Prosa und Versen schrieb er auch eine s. Zt. vielumstrittene Schiller- Biographie. Henri Morel f. — Der langjährige Direktor der inter nationalen Bureaus für gewerbliches, literarisches und künst lerisches Eigentum in Bern, Henri Morel, ist in Bex nach langer Krankheit im Alter von fast 74 Jahren gestorben. Er war ur sprünglich Graveur, trat dann in die Verwaltung des Kantons Neuenburg, ging später zum Eisenbahnwesen über und wurde 1867 Bahnhofsvorstand. Alsdann widmete er sich der Rechtswissenschaft und wurde Advokat und Notar. Er betrat nun die richterliche Lauf bahn, wurde Gerichtspräsident in La Chaux-de-Fonds, später Mit glied des Neuenburger Kantonsgerichts, dann Präsident des Kriminalgerichts. Ein ausgesprochener Radikaler, war er 1876 bis 1880 Vertreter des Kantons Neuenburg im Ständerat, von 1880 bis 1888 gehörte er dem Nationalrat an, dem er 1886/87 präsi dierte. Im Jahre 1888 ernannte ihn der Bundesrat mit dem Titel Generalsekretär zum Leiter der internationalen Bureaus für gewerbliches, literarisches und künstlerisches Eigentum, am 1. Januar 1893 wurde er zum Direktor der beiden Bureaus ernannt. In dieser Stellung ist er auch mit dem deutschen Buchhandel in Be ziehungen getreten und hat sich durch sein entgegenkommendes Wesen Sympathien zu erwerben gewußt. Seine Aufgabe als »internationaler Weichenwärter«, wie er sich einst humorvoll be- zeichnete, erfüllte er mit diplomatischem Scharfblick und wußte das Gefühl der Sicherheit bei denjenigen zu erwecken und zu be festigen, die mit dem Amte zu tun hatten. Wegen andauernder Krankheit trat er vor kurzer Zeit von seinem Amte zurück, das Bundesrat Comtesse übertragen wurde.