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X- 218, 18. September 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d.Dtschn. Buchhandel. Die neue Theatergesetzgebung und das Laienspiel Die nachstehende Zusammenstellung der wichtigsten Bestimmungen verdanken wir dem Verein der Laien- und Bühnenspielverleger e. V., Berlin. D. Schriftl. I. Rechtsgrundlage: Theatergesetz vom 15. Mai 1934 nebst Verordnung zur Durchführung des Theatergesetzes vom 18. Mai 1934 (beide veröffentlicht im Reichsgesetzblatt Nr. 56 vom 19. Mai 1934). N. Geltungsbereich: Theaterveranstalter ist lt. § 1 der Durchführungsverordnung jeder, der Aufführungen von Schau spielen, Opern oder Operetten veranstaltet, wenn sie für den allgemeinen Besuch bestimmt sind. Damit ist auch das öffentliche Laienspiel in den Geltungsbereich des Theatergesetzes mit einbezogen. III. Welche Laienspiele bedürfen keiner Zu lassung? 1. Alle nichtöffentlichen Ausführungen, d. h. solche, die nicht für den allgemeinen Besuch bestimmt sind, zu denen also nicht jedermann ohne weiteres die Befugnis zum Besuch erwerben kann (vgl. 8 1 Abs. 2 DVO.), bedürfen wie bisher nicht der Zulassung. Öffentlich ist eine Veranstaltung insbesondere dann, wenn sie einem unbegrenzten Personenkreis gegenüber, also öffentlich angekündigt wird und jedermann durch Lösen einer Ein trittskarte Zutritt erlangen kann, gleichviel ob die Veranstaltung gewerbsmäßigen oder gemeinnützigen, ständigen oder gelegent lichen Charakter trägt. 2. Alle, auch öffentliche Aufführungen von Körperschaften öffentlichen Rechts (Behörden, Reichswehr, SA, Frontkämpfer bund, Hitlerjugend, SS, BDM usw.). (Vgl. 8 3 Th. Ges. u. 8 3 DBO.) IV. Welche Laienspiel-Veranstalter bedür fender Zulassung? 1. Wer innerhalb eines Jahres höchstenssechsöffent- liche Theateraufführungen veranstalten will, kann als gelegentlicher Theaterveranstalter zugelassen werden (8 6 DVO.). Die Zulassungsurkunde für gelegentliche Thcaterveranstalter wird nach der sechsten Aufführung ungültig und muß für das nächste Jahr neu beantragt werden. 2. Zulassungsverfahren. Der Zulafsungsantrag ist an die von der Landesregierung bestimmte untere Verwaltungs behörde (in der Regel die Ortspolizeibehörde zu richten, 8 5 DVO.). Es empfiehlt sich, den Zulassungsantrag zu begründen unter beson derer Hervorhebung des Umstandes, daß dem Berufstheater kein Wettbewerb bereitet werde (z. B. nur Einakter, das nächstgelegcne Berufstheater vermag die für die Veranstaltung in Betracht kom menden Bevölkerungskreiss nicht zu erfassen usw.). Vor Aus stellung der Zulassungsurkunde hat die entscheidende Behörde die örtliche Stelle der Reichstheaterkammer (den Ortsausschuß für Theaterfragen bzw. den entsprechenden Bezirksausschuß) gutachtlich zu hören. Das Verzeichnis der örtlichen Stellen der Reichstheater kammer (z. Zt. 127) kann bei der unteren Verwaltungsbehörde eingesehen werden. Praktisch wird dieses Gutachten in der Regel ausschlaggebend sein, denn die Verwaltungsbehörde muß die Ent scheidung an die Reichstheaterkammer abgeben, wenn sie von dem Gutachten abweichcn will oder aus anderen Gründen Zweifel hat, ob ihm entsprochen werden kann (8 7 DVO.). Wird der Zulassungsantrag abgelehnt, so ist dies dem Antrag steller unter Angabe der Gründe durch eingeschriebenen Brief be kanntzumachen. Gegen diese Entscheidung kann er binnen einem Monat nach Bekanntgabe Beschwerde an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Abt. VI, Berlin, Boß straße 9, einlegen, das endgültig entscheidet (8 11 DVO.). Es empfiehlt sich, die Beschwerde mittels eingeschriebenen Briefs ein zulegen und zu begründen. Das Verfahren ist gebührenfrei. V. Ständige Theaterveran st aller: Diese be dürfen der Zulassung durch die Reichstheaterkammer selbst. Prak tisch wird dies für das Laienspiel kaum in Frage kommen. Hermann Löns*) Zu seinem 20. Todestag am 27. September 1934 vr. H. L. — Am 27. September kehrt zum zwanzigsten Male der Tag wieder, an dem der Dichter Hermann Löns an der Westfront sein Leben für Deutschland ließ. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, daß das lange verschollen gewesene Grab des Dich ters nunmehr aufgesunden worden sei, und daß seine sterblichen Überreste daher am 20. Jahrestag seines Todes in seine deutsche Heimat übergesührt werden sollen. Selten wurde ein deutscher Dichter so mit Absicht und bösem Willen falsch und verzerrt ge sehen wie Hermann Löns. Selbst den Heldentod, den er in den ersten Wochen des großen Krieges am 27. September 1914 vor Reims erlitt, glaubte man als gewollten und von dem Dichter mit Absicht gesuchten Tod entheiligen zu müssen. Mit Recht schreibt einer der nächsten Freunde des Dichters von ihm: »Löns war anders, absolut anders, als er jetzt in den Vorstellungen der Men schen lebt, und nur wer die nötige Liebe und den guten Willen hat, wird diesen Menschen ganz verstehen können, mit all seinen Widersprüchen, in all seiner Dämonie, Besessenheit und im letzten Grunde großen Kindlichkeit«. Da Löns im deutschen Volk hinreichend bekannt ist als Ver fasser von zahlreichen und lebendigen Tier- und Jagdgeschichten, als Dichter jener vor allem von der Jugendbewegung freudig auf genommenen und auch heute noch gern und viel gesungenen Volks lieder, die heute in der bekannten Sammlung »Der kleine Rosen- -> Die hier gebrachten wörtlichen Anführungen sind in der Hauptsache entnommen dem 1928 im Eugen Dtederichs Verlag, Jena, erschienenen Werke: »Der u »'bekannte Löns« von Hermann Knottncrus-Meyer, einem der ausschlutzreichsten biographi schen Bücher, die es über den Dichter gibt. Der Vs. garten« in den mannigfachsten Vertonungen allgemein zugänglich sind, und als Schöpfer einiger größerer Romane, von denen einer der wertvollsten die Baucrnchronik »Der Wehrwolf« ist, so können wir bei diesem Anlaß des Gedenkens an Hermann Löns ruhig darauf verzichten, ein neues Gesamtbild des Dichters zu geben; wir heben vielmehr einige Züge seines Schaffens hervor, die bisher im allgemeinen wenig oder gar nicht bekannt geworden sind, und aus denen Hermann Löns doch gerade so zu uns spricht, als ob er heute noch unter uns lebte und schriebe. Wie wenige, auch von den Verehrern des Dichters Hermann Löns, verbanden bisher mit dem Bild seines Schaffens und seiner Persönlichkeit eine genaue Vorstellung von dem deutschen, dem politi schen Löns, der mit so großer Liebe und mit einer so unbändigen Leidenschaftlichkeit an allem echt Volkhaften, Rassischen, Nordi schen des deutschen Wesens hing; der mit so scharfem Blick die Ver fallserscheinungen des übersatt gewordenen Vorkricgsdeutschland erkannte, und der auch die Gründe und Quellen sah, aus denen eine Erneuerung des deutschen Lebens allein sich vollziehen konnte. Alles Undeutsche haßte und bekämpfte er bis aufs Messer, ohne Rücksicht darauf, in welcher Schicht oder in welchem Stand es sich in dem zerklüfteten sozialen Raum zwischen Proletariat, Bürger tum, Adel und kaiserlichem Hof eingenistet hatte und sein verhäng nisvolles Unwesen trieb. Er haßte den Ausländerkult des im naturalistischen Taumel versinkenden Deutschland, das russischen, französischen, amerikanischen Schriftstellern zu Ruhm, Ansehen und hohen Auflagen verhalf, »während deutsche Dichter sich mühsam durch das Leben quälen mußten, ehe sie vor Not und Sorge ge schützt waren, oder, wie Peter Hille, auf der Straße umkamen»; und er tadelte mit unbarmherziger Schärfe den absinkenden Teil 819