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der katholischen Theologie, theils aus der zeitgenössischen Ge schichte. Wirklich original sind weder Hamlet noch der Inferno. Sic lassen sich auf tausend äußere Einflüsse aus den Geist des Dichters zurückführen." Sodann ist die Vorstellung, daß der Verleger entweder ganz entbehrt werden könne oder doch einen Profit einziche, der in keinem Verhältnisse zu seinen Leistungen steht und nur aus einem verwerflichen Monopol hervorgeht, mit der Thatsache zu corrigiren, daß aus ein Buch, welches einen lleberschuß abwirst, vier kommen, die ihre Kosten nicht decken; daß aber außer bei ganz bekannten und in der Gunst des Publi kums feststehenden Autoren der buchhändlerische Erfolg eines Werkes nie mit irgend welcher Gewißheit vorherzusehen ist. Freilich sind die ersten Ausgaben englischer Bücher häufig enorm theuer, ein neuer Roman von James Payn, einem Schriftsteller zweiten oder dritten Ranges, wird jetzt gerade sür 31 Mk. an gezeigt; die „Reise im Sonnenstrahl", Beschreibung einer Jacht- sahrt um die Welt in einem Bande, kostet 21 Mk.; Mill's „Grundsätze der Nationalökonomie" in zwei Bänden 30 Mk.; Froude's englische Geschichte in zwölf Bänden 178 Mk.; um nur einige aufs Gerathewohl herausgegriffene zu nennen, lind so sind denn manche des Lesens und Verbrcitens werthe Literatur erzeugnisse bei ihrem ersten Erscheinen allerdings nur für wenige bevorzugte Bücherfreunde erschwinglich. Aber es ist doch ein Jrrthum, zu meinen, daß sie unmittelbar nach ihrer Veröffent lichung zur Volksbildung unentbehrlich wären. Wirklich werth volle Bücher veralten nicht; diejenigen, denen mit dem Reize der Neuheit das Beste fehlt, sind es eben nicht Werth, in die Hände auch der Ungebildeten zu kommen. So lange ein Bändchen von Walter Scott's Romanen für 50 Ps. zu haben ist, kann der gewöhnliche englische Leser ohne Schaden für seine Geistesbil dung auf die Werke der Payn und Genossen verzichten. Für Werke, die dauernd dem größten Leserkreise Nutzen bringen, wird sich immer rechtzeitig auch vom geschäftlichen Standpunkte die Veranstaltung sogenannter Volksausgaben empfehlen; manche an dere, an sich werthvolle, würden auch bei Preisermäßigung keinen größeren Absatz erfahren, so wenig wie sich etwa der Consum von Leberthran durch Herabsetzung des Preises wesentlich heben würde. An der Undurchsührbarkeit des Tantiümcsystems ist gleich falls nicht zu zweifeln. Der Handelsminister und ein Commisstons mitglied, Sir Louis Wallet, welche es befürworten, wollen die öffentliche Controls dabei ganz ausgeschlossen wissen, den Autor also zur Wahrung seiner Rechte auf den Weg der Civilklage verweisen. Angenommen, es erschiene ein neues Werk von Tennyson, so würden natürlich sofort zehn oder zwölf Buch händlerfirmen die erste Ausgabe in vielen Tausenden von Exem plaren Nachdrucken. Die ehrlichen unter ihnen geben die Zahl der Exemplare, von denen sie eine Abgabe geben müssen, richtig an; wer will die unehrlichen controliren, die statt viertausend angegebener fünftausend drucken? Sollte der von; Stationary Office zu beziehende Stempel Sicherheit genug geben? Soll der Autor überall im ganzen Königreiche Agenten besolden, welche aus un gestempelte Exemplare fahnden und für jeden einzelnen Contra- ventionsfall einen Prozeß anstrengen? Und wieviel Arbeitskräfte würden bei der riesigen literarischen Production Großbritanniens allein für den mechanischen Prozeß des Stempeln? erforderlich sein? In jedem anderen Falle ist das Publicum dabei inter- essirt, zuzusehen, daß ein Stempel echt ist, weil es sonst mit einem nachgemachten Artikel betrogen wird. Das nachgedrucktc Exemplar hat seinen größeren oder geringeren Werth für den Käufer und Leser ganz unabhängig davon, ob es gesetzlich, un gesetzlich oder gar nicht gestempelt ist. Der schlimmste Nachtheil aber würde nicht sowohl auf den schwer geschädigten Schriftsteller als auf die Literatur fallen. So lange der Verfasser eines Werkes lebt, ist er für dasselbe, wenn es unter seinem Namen und seiner Autorität circulirt, verantwortlich. Folglich muß ihm das volle Verfügungsrecht über den Gedankeninhalt und die literarische Form desselben jederzeit zustehen. Es möchten wenig Werke von Bedeutung sein, die nicht während einer Reihe von Auflagen Veränderungen von Seiten des Verfassers nöthig gemacht und erfahren hätten. Von den Unvollkommenheiten der Form abgesehen: wer ist denn so unfehlbar sicher in seinen Ansichten, daß er nach zwanzig oder vierzig Jahren noch in jede Einzelheit hinein vertreten möchte, was er vor jener Zeit gedacht und geschrieben hat? Ja, muß dem Autor und dem Verleger nicht das Recht zustehen, ein Werk, das sie etwa selbst für ein schädliches anerkennen gelernt haben, ganz zurückzuziehen? Dies Recht sowohl wie das viel häufiger nöthigc, keinen später entdeckten Jrrthum, keine später geänderte Meinung länger in einem Werke zu lassen, als bis die sie enthaltende Auslage erschöpft ist, wird vollkommen illuso risch, wenn Jeder unter dem Vorbehalte einer Abgabe Nach drucken kann, was ihm gefällt. Und wer soll für die Correct- heit, Vollständigkeit, Genauigkeit der Nachdrucksansgaben aus- kommen? Kurz, eine heillosere Verwirrung auf dem Felde der Literatur ist wohl nicht denkbar, als sie aus den im Schoße des Handelsministeriums geplanten Maßregeln hervorgehen würde. Der ganze Vorgang bietet, wenn er auch weit weniger Wellen geschlagen hat und sich auf ganz anderem Gebiete bewegt, mehr als eine Beziehung zu den Verhandlungen wegen des Tabakmonopols bei uns. In England soll ein vermeintliches Monopol aufgehoben, in Deutschland ein sehr reales eingesührt werden, in beiden Fällen zu Gunsten, wie man an maßgebender Stelle meint, der Nation im Großen, der hier die Last der Matricnlarbeiträge erleichtert, dort der Zugang zu den wichtigsten Bildungsqucllen ungehemmt eröffnet werden soll. In beiden Fällen stützt sich die vorgeschlagene Maßregel nicht auf eingehende Sachkunde Dessen, der sie anregt, sondern auf ein rein theore tisches Raisonnement ohne Berücksichtigung thatsächlicher Verhält nisse. In beiden Fällen stimmt die überwiegende Mehrheit der Commission gegen die Neuerung. In beiden Fällen ist auch das letzte Wort noch nicht gesprochen. Für England dürfte kein an derer Ausweg sein, als auf irgend eine Weise zu erstreben, was die meisten europäischen Staaten infolge günstigerer geographisch politischer Verhältnisse bereits haben: eine Ausdehnung des Ver lagsrechts auf alle Länder englischer Zunge, vor allem aus die Vereinigten Staaten, deren literarisches Eigenthum in England bereits geschützt ist. Mit der Erweiterung des geschützten Absatz gebiets wird die Möglichkeit billiger Ausgaben wachsen und so der Wunsch Derjenigen ersüllt werden, welche in der möglichsten Verbreitung gesunder literarischer Erzeugnisse einen der wichtig sten Hebel der Volksbildung sehen. Die Gründung des Buchhändlcrvcrbandc« für das Königreich Sachsen. Am 16. März fand in Chemnitz die constituirende General versammlung des Buchhändlerverbandes für das Königreich Sachsen statt. Nachdem vorher auf Grund einer von den Firmen: H. Graser in Annaberg, C. Schmidt in Döbeln, H. Burdach in Dresden, Craz L Gerlach in Freiberg, F. E. Neupert in Plauen, Gebr. Thost in Zwickau erlassenen Aufforderung 48 sächsische Firmen außerhalb Leipzig ihren vorläufigen Beitritt zu dem Verband ausgesprochen