5243 BSrsmblatt 5 d. rusch». Buchhandel. Künftig erscheinende Bücher. 97, 27. April 1912. Ein neuer Roman! Ein Aviatiker-Roman! Anfang Mai, Lest Nr. ZI, beginnen wir mit dem Abdruck unseres neuen Romans: „Der Märchenvogel" Von Erich Ebenstein. /^s ist ein Aviatiker-Roman im besten Sinne des Wortes, d. h. nicht etwa einseitig an das Schicksal oder die Persönlichkeit einer bekannter gewordenen Erscheinung unter den modernen Fliegerberühmtheiten geknüpft. Er weist vielmehr ein durchweg typisches Gepräge auf. Innerhalb des ganz neuartigen und z. T. glänzend geschilderten aviatischen Milieus offenbart sich uns das uralte männliche Streben nach höchster per sönlicher Vollkommenheit. Auf den Tragflächen der großen modernen Niesenvögel rauschen Kraft und Streben gleichsam wie auf Adlerfittichen vor uns empor; doch der letzte und größte Erfolg bleibt dem Mutigen lange versagt — die Angst des liebenden Weibes hält ihn, trotz offenkundiger Bewunderung, mit „klammernden Organen" an der Erde fest. Der Konflikt zwischen zärtlich gehorsamer Gattenliebe und der höher stehen den Treue zum Beruf geben dem Roman die Spannung und zugleich seinen ewig allgemeingültigen menschlichen Gehalt. Es ist dem Verfasser hoch anzurechnen, daß er Kraft und Entschlossenheit auf seiten des Mannes trotz aller Fehlschläge und Ent täuschungen bis zuletzt einheitlich durchgeführt hat; Schwäche und Nachgiebigkeit sind überhaupt nicht seine Sache, und so baut sich die Lösung in einer Linie von überzeugen der Einfachheit vor uns auf. Alle Lalbheit, alle Zaghaftigkeit der weiblichen Seele richten sich allmählich aus tausend Ängsten bis zum großen Glauben an die männliche Bezwingerkraft auf, und das Letzte und Schönste ist ein in seiner heroischen Entschlossen heit wunderbar ergreifender Ltebesbeweis: mit ihm, dem geliebten Mann, will sie den Flug aus seinem neuen Flugzeug über das Mittelmeer wagen. Lind so hebt der „Märchenvogel" zwei Glückliche — im wirklichen und im übertragenen Sinne — ins Licht. Der Roman wurde vor Jahresfrist geschrieben. Einzelne Erfolge und Ent wicklungsmöglichkeiten, mit denen der Verfasser bereits zur Zeit der Entstehung seines Werkes gerechnet hat, sind inzwischen größtenteils zur Tatsache geworden oder doch der Verwirklichung nahe. Wir haben inzwischen auch eine deutsche Flugsahrzeug-Ausstellung gehabt, ferner sind Sammlungen zur Beschaffung neuer Militärflugzeuge im Gange — das alles, hoffen wir, sind Gründe genug zu der Annahme, mit der Veröffentlichung eines so hervorragenden Gegenwartsromans dem dankbaren Interesse der deutschen Leser welt zu begegnen. Leipzig, am 27. April 1912. Verlag und Redaktion von „Welt und Haus".