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8314 Sörl-nblaUd. DN4N. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ISS, 11. Zuü 1S12. Stelle war, den Zug verpaßte. Dringender Geschäfte halber — das wäre ja möglich,— sollte er das'Abfahrtssignal übersehen haben und vom Bahnsteig-Oorbsrus dann nicht mehr eingelas- sen worden sein. Durch einen Blick aus dem Fenster konnten wir nur noch zu unserem Leidwesen fcststellen, daß er von außen zusah, wie unser Zug ins sonnige Neckartal htnaussuhr. Trotzdem ging's aber im Zug bald lustig zu. Die schwäbische Frühsommerlandschaft ist im Sonnenglanz von ganz, unbeschreiblichem Reiz. — Da mutz der Mensch einfach singen, wenn er nur so zur Lust ins Land fährt. Der Jubel klang und sang im Ru aus allen Wagen. Zuweilen war's, als ob alle Stuttgarter Liedertafeln ein transportables Gauliederfcst veranstalteten. Aber gleich hinter Mettingen, — wo fünfc gerade sein sollen, nämlich am Kirchturm, der Ms Spitzen hat, — also unweit Eßlingen, da ertönte — nein, er dröhnte — schon vom Bahnhof her eine Empfangs-Piece des Eßlinger Stadlmusikchors. Dieser Töne Macht blieb auch unser Jubelgesang nicht gewachsen und war schnell verstummt. Und das war gut so, denn sie eignete sich besser für unfern Einzug in die Feststadt. Herr Verlagsbuchhändler Walter Schreiber i. Fa. Paul Reffs Verlag, Eßlingen, setzte sich hier mit noch einigen Eßlinger Kollegen an die Spitze unserer Bewegung zur Führung durch die Sehenswürdigkeiten der alten ehemaligen freien Reichsstadt. Unter den Klängen so einer Art Braut- werbungs-Piece, wenn wir recht gefühlt haben, konnte man sich nun nach vier ausgepflanzten, sagen wir mal, »Wegzeittaseln« auswählen, ob man zu einem Stadtbummel von 15, 30, 45 Mi nuten, oder gar einer Stunde Lust und Kraft verspürte, oder auch gleich zu dem allgemeinen Treffpunkt »Der Burg« mit dem dicken Turm aufsteigen wollte. Bald hatte sich das Ge wimmel in fünf Rotten verteilt. Ein kräftiger Marsch der Stadtkapelle setzte ein, und im Huirassel war der Menschen- auslaus, — man heißt das in Schwaben »eine Kuhflieget« — vom Baynhofplatz wie weggeblasen. Aus Wiederlugen beim dicken Turm! Wir etwas wandermüden Dreitagefestler strebten gerade wegs zur Burg. Das ganz unverhoffte, vertrauliche Kafsee- stllndchen aus der unsagbar heimeligen Gartenterrasse der Villa Max Schreiber wird keiner von uns der liebenswürdigen Frau Hofrat Schreiber nebst Gemahl und Schwiegertochter je mals vergessen können. Wir fühlten uns mit Eduard Mörike aus einer Wanderung und müssen ihn zitieren, um unseren Lesern an der Stimmung, die wir von dort Mitnahmen, Anteil zu verschaffen: »In ein freundliches Städtchen tret' ich ein. In den Straßen liegt roter Abendschein. Aus einem offenen Fenster eben, Über den reichsten Blumenflor Hinweg, hört man Goldglockentöne schweben, Und eine Stimme scheint ein Nachtigallenchor, Daß die Blüten beben. Daß die Lüfte leben, Daß in höherem Rot die Rosen leuchten vor.« Gegen 6 Uhr traten wir durch die mächtigen Tore der noch ausgedehnt erhaltenen Burgmauer in den Burgfrieden des dicken Turmes ein, wo der lustige Umtrieb bei Vesper, Bier und Tanz mit Konzert im Freien seinen Höhepunkt nahezu über schritten hatte. Die Ausflügler gruppierten sich gerade vor der Dunkelkammer des Lichtbildfallenstellers, vor der sich, wie ich nachholen mutz, morgens auch die Frllhschoppengäste mit dem Federhalter zum Bilde gestellt halten. Nach der Aufnahme auf dem Plane der Burgruine nur noch ein Erholnngstänzchen im Freien, dann zogen sie mit ihrer Musik von dannen, alle die lustigen Leute, und ließen Burg- und Abendsriedensstilll hinter sich zurück. Das alte Eßlingen ist in starker Entwicklung zur Grotz- industriestadt der Neuzeit begriffen, eine Wandlung, die man chen Ortes sür Natur und Dichtung stimmungsseindliche Züge in das Stadtbild eingräbt und es ernüchtern und verdüstern. In Eßlingen bemerken wir noch leine Spur davon. Man schaue von der Weinberghalde der Burg, die unser Festzug soeben hinabstieg, in die Stadt im Tal so recht froh gemut hinein, und iminer wieder drängt es sich auf Gemüt und Lippe, wie unserem Mörike: »In ein freundliches Städtchen tret' ich ein, In den Straßen liegt roter Abendschein.« Man nimmt von oben und außen den poetischen Zauber der Frohnatur mit hinein in seine Gassen und seine Räume. So ging es auch unserer heiteren Gesellschaft, die sich nun im Kugelschen Festsaal zur Abendfeier nochmals niederlieb. Fast war der Raum zu eng sür diese Fülle von Menschen und Musik. Die wackere Stadtkapelle erschütterte uns und das Haus in den Grundfesten. Sie war für den Garten gedacht, in dem keiner sitzen mochte, um seinen guten Platz sür die Bühnen auffllhrungen im Saal zu beyaupten. Theatralische An ziehungskraft übertrumpft die des Gartens selbst am wärmsten Sommerabend. Man muß Vorgänge auf der Bühne auch im Original selbst gesehen haben. Die Zeitung kann sie nicht zu ausreichendem Ersatz nachliefern als Schilderung, wes halb wir uns auch hier nicht aus einen ausgedehnten Bericht über die Einzelleistungen einlassen können. Er würde für die Mehrzahl unserer Leser, die nicht persönlich dabei war, zu wenig Wert haben. Wir können nur noch aufzählen, was uns der Stuttgarter Festausschuß, Curt A. Hosemann, hier wie der sür vielseitige Unterhaltung bot, wobei ihm heute vr. Druckenmllller als Verfasser des gelungenen Schwanks: »Im Buchhändler-Erholungsheim« durch diesen hochzuschätzenden Beitrag opferwillig zur Seite getreten war. Zweimal ließ sich die unseren Gästen längst durch ihre tüchtigen^Leistungen bekannte Sängerrunde des Jung buchhandels, der »Schimmelklub«, mit je zwei Männer chören hören. Herr und Frau Förtsch boten eine Gesangszene im Biedermeierstil, der in Stuttgart bekannte Wirt der Elsässer Taverne, Herr W. Widmann, überraschende Zaubereien mit erstaunlicher Gewandtheit, die Gäste vollkom men zu täuschen. Die kgl. Solotänzerin, Fräulein E. Müller, entzückte durch zwei Meisterleistungen moderner Tanzkunst: einen Schleiertanz und einen türkischen Tanz; und endlich er weckten sechs fidele Bäckerbuben eine durchschlagende Heiterkeit. — Der schon erwähnte, sür unser Fest geschriebene Schwank: »Im Buchhändler-Erholungsheim« wurde von sieben Angehöri gen desStuttgarterJungbuchhandles mit viel dramatischer Ge staltungskraft herausgebracht. Die feinsinnigen Hinweise auf buchhändlerische Berufsverhältnisse führten die allgemeine Stimmung zur Höhe eines würdigen Abschlusses unserer Junimetz-Festlichkeiten. Als kurz nach 11 Uhr unser Sonder zug, natürlich unter Sang und Klang, heimwärts fuhr, wurden die Gäste durch den unermüdlichen Festausschuß noch mit einer besonderen Überraschung als Abschiedsgruß erfreut: die Weinbergshöhen des Neckartales erstrahlten im bengalischen Lichte zahlreicher Höhenfeuer. — Für nächsten dritten Montag im Juni, wenn wieder in höherem Rot die Rosen glühen, er hoffen wir ein frohes Wiedersehen in Stuttgart. Ernst Mohrmann. s.exicoll abbreviatursium. Lappelli, Xcl., virio- lisno <1i sbbreviature Islioe eä itslisoe usste lie»e csrte e coäici specislmente <lel meäio-evo riproäotts eon oltrs 14 000 ssxlli ivoisi cou 6i Ullo 8tuäio 8uUa braebixraüa msäiosvals, uu pron- tuario äi Lixls Lpizraüeds, 1'ant.iea uuwsrar. romana «ä arabiea eä i 86Svi inäioavt.i mcmsts, ps8i, mi8urs, sto. — Läirious oowplölswsvts rikatta (Uanuals Hospii). vlrioo Sospli, M1auo1912. I.XVIII, 527,1 88. 16<> Da? vorliegende Merkchen, ein Wörterbuch der lateinischen und italienischen, in gedruckten und geschriebenen Büchern und