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954 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 18, 23. Januar 1912. gibt. Die sonst für Postschecks festgesetzte Höchstgrenze von 10000 ^ besteht für die durch die Abrechnungsstellen der Reichs bank zu verrechnenden Postschecks nicht; solche Postschecks müssen jedoch vor der Einlieferung mit dem quer über die Vorderseite gesetzten Vermerke »Nur zur Verrechnung« versehen werden. Eine Ausnahme hiervon besteht nur für die Abrechnungsstelle in Hamburg, wo dieser Vermerk nicht erforderlich, dafür aber auch die Höchstgrenze für Postschecks auf 10000 festgesetzt ist. Sin Lehrstsbl für Musikwissenschaft. — An der Universität Halle a. S. soll ein Extraordmariat in der philosophischen Fakultät für Musikwissenschaft eingerichtet werden. Der Staatshaltsetat 1912 sieht dafür bereits 4300 vor. Personalnachrichte». Auszeichnungen. — Der großbritannische Generalkonsul a. D. Di-. Freiherr Bernhard von Tauchnitz, Inhaber der Fa. Bern hard Tauchnitz in Leipzig, wurde von Sr. Maj. dem König von Sachsen durch Verleihung des Komturkreuzes 2. Klasse des Albrechtsordens ausgezeichnet. — Anläßlich des Krönungs- und Ordensfestes wurde Herrn August Scherl in Berlin von Sr. Maje stät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen der Kronen orden 2 Klasse mit dem Stern verliehen. Gestorben: am 19. Januar im vollendeten 78. Lebensjahre an den Folgen einer Lungenentzündung Herr Alexander Flinsch sen. in Berlin, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Firma: Ferd. Flinsch, G. m. b. H. in Leipzig. Der Verstorbene hat vor Errichtung der jetzigen Gesell schaftsform die Firma Flinsch jahrzehntelang geleitet und sie zu schönen Erfolgen geführt. Nach Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat er das Geschäft als Vorsitzender des Aufsichtsrats weiter überwacht und sein ganzes Interesse, seine Erfahrung und Arbeitskraft dem Unternehmen gewidmet. Vielen Buchhändlern, die mit der Firma Flinsch in Geschäftsverbindung stehen, ist er wohl bekannt, und sein Heim gang wird daher auch in buchhändlerischen Kreisen lebhaft be dauert werden. Paul Kunad s. — Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Berlin ist der Leipziger Lyriker Paul Kunad, 48 Jahre alt, gestorben. Er war Herausgeber der Monatsschrift »Lernen« und Verfasser einer Anzahl Bände Gedichte und Aphorismen. Sprechsaal. Die künftige Schrift des Börsenblattes. In den Vorschlägen zur Umgestaltung des Börsenblattes finde ich folgende Stelle- »Endlich ist noch der Vorschlag der Frakturfreunde zu er wähnen, gemäß welchem alle Anzeigen, die nicht ausdrücklich in Antiqua bestellt seien, aus Fraktur gesetzt werden sollten. Diese Anregung sand nicht den Beifall der Versammlung.« Der hochgeehrte Ausschuß, der sonst zu manchen sehr guten Ergebnissen gekommen ist*), möge mir, als ehemaligem Vorsitzen den des Börsenblatt-AusschusseS. die ganz freundschaftliche Be merkung gestatten, daß jener Beschluß die Logik vermissen zu lassen scheint. Es soll, wie es scheint, nicht daran gerüttelt werden, daß die Hauptschrift des Börsenblatts auch künftig die deutsche bleibt. Sehr gut. Nun kommen aber der Geschäftsstelle eine Menge Satzvorlagen für Anzeigen zu, in denen die Schriftart nicht aus drücklich vorgeschrieben ist. Es muß also jetzt entweder die Ge schäftsstelle oder der Setzerfaktor oder der Setzer die Ent- *) Übrigens: auch ich sehe mit Herrn vr. W. Ruprecht (s. 1911, Nr. 2^8) nicht ein, warum der Börsenverein mit eigenem Schaden mehreren Inhabern einer Firma je ein Börsenblatt auf nötigen will, wo eins für die Firma genügt. scheidung über die Schriftart treffen. Nach welchen Grund sätzen? Der im Ausschuß abgelehnte Antrag wollte die Entscheidung vom Einzelfall und von Stellen, deren Amtes sie gar nicht ist, loslösen und den Grundsatz schaffen: Wenn der Auftraggeber nicht ausdrücklich lateinische Lchrift wünscht, wird die Anzeige in deutscher gesetzt. Das ist die einzige logisch mögliche, unanfechtbare Vorschrift. Sie tritt niemand zu nahe, auch den Antiqua-Freunden nicht, denn es ist wahrlich nicht zu viel verlangt, daß, wer Latein will, dies neben anderen notwendigen Angaben (Spaltenzahl. Umfang, Wiederholung der Anzeige usw.) zu erkennen gebe. Nach Gründen für den Beschluß des Ausschusses habe ich vergeblich geforscht. Antiqua-Vorliebe kann der Grund nicht sein; sonst hätte man beschließen müssen: Das Börsenblatt wird lateinisch gesetzt. Aber hat man vielleicht gesagt: Es könnte doch möglich sein, daß einmal jemand eigentlich seine Anzeige in Antiqua wünscht, aber vergißt, das vorzuschreiben, und dann könnte es ihm passieren, daß der Setzer Fraktur anwendet? Allerdings ein er schreckender Gedanke. Aber auch er kann der Beweggrund des Ausschusses nicht gewesen sein. Denn anscheinend sollen die Bücher-Gesuche und -Angebote auch künftig in Latein gesetzt werden, wobei nicht die mindeste Rücksicht auf diejenigen Auftrag geber genommen wird, die die Antiqua für ihre Anzeigen auch in jenem Teile für unnötig und falsch halten. Und daneben jene zarte, allerzarteste Rücksicht auf die Antiquafreunde? Das vermag ich von der Unparteilichkeit des Ausschusses nicht zu glauben. Also kurz: Ich hoffe und bitte, daß der Fehler in der für die Hauptversammlung bestimmten Vorlage verschwinden möge. Wenn nicht, wird ein entsprechender Antrag nicht fehlen, und dann haben wir in der Abgeordneten- und in der Hauptversamm lung die schönsten Fraktur-Antiqua-Debatten. Noch ein Wort über die Antiqua für die Anzeigen ange botener und gesuchter Bücher. Ich habe aufs Geratewohl die Seite 413 des Börsenblattes ausgezählt und unter 143 Büchertiteln 130 Titel deutscher Bücher gefunden. Also wegen 10 Prozent fremder Titel soll auch künftig die deutsche Schrift das Feld räumen! Der Deutsche hat ja nun einmal den Respekt vor allem Fremden. Was wäre es für eine Mühe, jedem das Seine zu geben und die betreffenden Anzeigensetzer des Börsenblattes aus zwei Kästen arbeiten zu lassen? Oder noch einfacher: das ganze Börsenblatt und damit die Büchergesuche aus Schwabacher zu setzen')? Die Schwabacher eignet sich auch zu romanischem Satz trefflich, wie aus der verdienstvollen Flugschrift Gustav Ruprechts: »über das Kleid der deutschen Sprache« prächtig zu sehen ist. Amerikaner, Engländer, Franzosen können ihre Sprache in dieser Schrift lesen; da wird's wohl auch der deutsche Buch- Händler können. Um gleich eine Probe zu machen, setze ich jene 13 romanischen Büchertitel in Schwabacher Schrift hierher: Bain, Logic. 2 Bde. Wilkes, Ltoffes sicil. ^ ^ Bender, Assiögä et prise p. l. Busses. Wells, new Macchiavelli. Ist das nicht gut lesbar? Obendrein würde der Börsenverein sparen, denn lOoO Buchstaben Fraktur kosten 44 H, Antiqua 46 Man schlüge damit sogar zwei Fliegen auf einen Streich: Man schaffte Schrift-Einheit ins Börsenblatt und Schrift- Schönheit. Denn mit dem ärmlichen Schnitt der jetzigen Schrift seines Blattes, ärmlich im Vergleich mit den markigen Fraktur schnitten Dürerschen Geistes aus alter und neuer Zeit, legt der deutsche Buchhandel nirgends Ehre ein. Robert Voigtländer. *) Anmerkung. Daß ich'S ja nicht vergesse; die lateinisch be stellten Anzeigen lateinisch!