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9136 Nichtamtlicher Teil. 270, 20. November 1900. Sorgfalt Kenntnis davon haben, daß Sonderausgaben der beiden B.'schen Dramen im Jenaer Verlage erschienen sind? Der Vorstand hat das Gutachten des Hauptausschusscs zu dem scinigen gemacht, laut dem eine Notwendigkeit, daß der Charlottenburger Verleger Kenntnis von dem Vor handensein der beiden Dramen im Buchhandel gehabt hat, nicht vorliegt. Bei der Fülle von Erscheinungen, die der deutsche Buchhandel Jahr für Jahr auf den Markt bringe, sei es kaum einem Sortimenter, geschweige denn einem Ver leger möglich, die 'Publikationen der letzten zehn Jahre im Kopfe zu behalten. Es sei dem Angeklagten auch uicht mangelnde Sorgfalt zum Vorwurf zu machen, weil er sich nicht aus Katalogen über das Vorhandensein der beiden Jenaer buchhändlerischen Erzeugnisse belehrt habe, da er gar nicht die Absicht hatte, das in Frage stehende Buch im Buch handel herauszugeben. Die Frage, ob der Charlottenburger Verleger bei gehöriger Sorgfalt Kenntnis von dem Vorhanden sein der beiden Jenaer Publikationen haben mußte, sei daher Hu verneinen. Im vorigen Jahresberichte war mitgeteilt worden, daß der Präsident des 8. Civilsenats des Kgl. Kammergerichts die Frage gestellt habe, ob in dem Geschäftszweige des Beklagten die Monate Februar bis Mai und August bis November diejenigen Monate sind, in denen der Besuch der Kundschaft durch die Reisen den stattfindet. Die Antwort lautete, daß die gestellte Frage ohne Prü fung der Akten nicht zu beantworten sei. Die Akten sind alsdann eingesandt worden, und hat sich aus denselben folgen der Thatbestand ergeben. Eine hiesige Kunstverlagshaud- lung A. hatte einen gewissen K. als Buchhalter und Reisen den zum Besuch von Künstlern, Kunstvereinen und Verlags buchhandlungen auf unbestimmte Zeit engagiert. Am 25. Mai 1898 hatte die Firma A. den Reisenden K. entlassen. Letz terer beansprucht das Gehalt für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli, außerdem an Unterhaltungskosten 150 indem er geltend macht, daß er bei Nicht-Entlassung während dieser Zeit auf Kosten der Firma A. gelebt hätte. Die letzte For derung wird von der Firma A. bestritten, indem sie be hauptet, daß in ihrem Geschäftsbetriebe im Juni und Juli nicht gereist würde. Die Beantwortung der gestellten Frage lautet: Eine Usance, daß in dem Geschäftszweige von Kunst anstalten, die Reisende beschäftigen, die Monate Februar bis Mai und August bis Dezember diejenigen Monate sind, in denen der Besuch der Kundschaft durch die Reisen den stattsindet, ist uns nicht bekannt; jedoch dürften that- sächlich die nicht genannten Monate in einer Zahl von Kunsthandlungen nicht zum Ausschicken von Reisenden be nutzt werden. Bei Besuch von Privatkundschaft durch Reisende ist eine Beschränkung auf gewisse Monate aus geschlossen. Das Königliche Landgericht Berlin I Civilkammer 5 hat den Vorstand um amtliche Auskunft ersucht: I. Ist nach Handelsgewohnheitsrecht oder Haudelssitte ein Handlungsreisender, der bevollmächtigt ist, Offerten der von ihm Ausgesuchten an das Handelshaus zu übersenden, auch bevollmächtigt, mit dem Offerenten die Rückgängigmachung der Offerte zu vereinbaren? I>. Ist nach Handelsgewohnheitsrccht oder Handelssitte ein solcher Offerent, der durch einen Agenten der be- zeichneten Art ein Werk, wie ein Meyersches Kon versationslexikon, bestellt hat, befugt, die Offerte zu widerrufen, wenn er binnen einer Woche keine An nahme-Erklärung oder Lieferung empfangen hat? Der Vorstand der Korporation hat die Frage dem Haupt ausschuß überwiesen und dessen nachstehende Antworten zu den scinigen gemacht: I. Ein Reisender ist in keinem Falle bevollmächtigt, der artige Abkommen zu treffen. ü. Der Besteller ist nicht berechtigt, seine Bestellung zu widerrufen, wenn er nicht binnen einer Woche eine Annahme-Erklärung oder Lieferung erhalten hat. In einer Strafsache gegen den hiesigen Buchhändler I. war der Vorstand von der Staatsanwaltschaft I zu Berlin um Beantwortung folgender Fragen ersucht worden: I. Ist es im Verlagsbuchhandel hier Usance, daß der Verleger sich zum Neuabdruck ihm veräußerter Werke — im eigenen oder fremden Verlage — für befugt erachtet, sobald nicht der Autor dieserhalb im Verlags vertrage oder beim Empfange des Honorars einen ausdrücklichen Vorbehalt gemacht hat (tz 5 Gesetz vom 11. Juni 1870), und wie insbesondere dem gegen über die Vorschrift des § 10 a. a. O. aufgefaßt und ausgelegt wird? I>. Sind ewutuell in dieser Hinsicht in den beteiligten Kreisen die Ansichten wenigstens so unbestimmt, daß ein Irrtum auf seiten des Beschuldigten nicht aus zuschließen ist? Den Fragen der Staatsanwaltschaft lag folgender That bestand zu Grunde. Eine Schriftstellerin G. verkaufte dem Buchhändler I. im Jahre 1895 ein Märchenspicl für dessen Kinder-Kalender, in dessen Jahrgang 1896 solches auch er schiene ist. 1899 verkaufte I. dieses Märchenspiel an eine andere Berliner Verlagsfirma für einen in deren Verlag erscheinenden Kinder-Kalender. Die Schriftstellerin G. hat nun den Buchhändler I. wegen Nachdrucks belangt. I. wendet ein, er habe das Märchenspiel mit allen Rechten erworben und sei daher befugt gewesen, es zum Abdruck weiter zu ver äußern. Zum Beweise beruft er sich auf eine Quittung über das Honorar, ausgestellt von der Schriftstellerin G., die den Satz enthalten soll, daß die G. keine Ansprüche mehr an ihn habe. Dieses Schriftstück kann er aber nicht vorlegen, weil es angeblich nicht zu finden sei. Die erste Frage wurde mit einen: Nein beantwortet, während die zweite Frage — Irrtum des Beschuldigten — nicht ohne weiteres verneint werden konnte. Ein Rechts irrtum sei nicht ausgeschlossen, da die Kenntnis des Urheber rechtes bei kleineren Verlagsbuchhändlern (um einen solchen handelt es sich im vorliegenden Falle) eine sehr mangelhafte zu sein pflege, auch eine irrige Auffassung des § 36 der Verlagsordnung für den Deutschen Buchhandel nicht aus geschlossen sei. Ein Buchhändler N. in L. schrieb dem Vorstande, daß er von einem Verleger H. in W. verklagt sei und daß das Gericht ihm die Beibringung eines unparteiischen Gutachtens auferlegt habe. Er bäte daher, ein Gutachten darüber ab zugeben, ob er verpflichtet sei, das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel in seinem Geschäfte zu halten und zu lesen, und zwar so, daß ein Uebersehen einer dreimal im Börsenblatt eingerückten Annonce, des Inhalts, daß ein Ver leger seinen Verlag verkauft habe und daher zur Ostermesse Disponenda nicht gestalte, ihn verpflichte, für die von dem betreffenden Verleger in Kommission erhaltenen Bücher Zahlung zu leisten. Der Fragesteller bemerkt, daß er nicht Mitglied des Börsenvereins sei und daß er keine bezügliche Erklärung irgendwelcher Art unterschrieben habe. Eine Remit- tendenfaktur von H., auf der ein Vermerk bezüglich der Dis- ponenden enthalten sei, habe er nicht empfangen. Der Vorstand der Korporation hat geglaubt, dem Wunsche des Kollegen N.