Volltext Seite (XML)
A« d8, 26. April 1824. Redaktioneller Teil. Redaktioneller Teil. <Rr. 58.) Wahlausschuß des Dörsenvereins. Da sich die Versuche, den Wahlausschuß in seiner Tätigkeit zu beeinflussen oder zu beeinträchtigen, immer mehr häufen, sehen wir uns zu folgender Erklärung veranlaßt: Der Wahlausschuß hat seine Existenzberechtigung verloren, wenn er sich zum Spielball der Organisationen, noch dazu solcher, die nicht einmal Organe des Börsenvereins sind, machen läßt. Er muß vielmehr unter genauer Abschätzung aller Interessen selbständig und frei in allen seinen Vorschlägen zum Besten der großen Organisation des Börsenvereins handeln. Selbstver ständlich wird er sich den Wünschen und Vorschlägen der Berufsgruppen nicht von vornherein verschließen, sondern wird als ehr licher Makler zwischen deren Meinungen austreten und teils auf dem Weg« der Verhandlung, teils durch freien Entschluß nach bestem Wissen und Gewissen das für den Börsenverein Richtige wählen. Der Wahlausschuß erwartet ober, daß ihm die Möglich, keit für die Verhandlungen nicht durch eigenmächtiges Vorgehen von Korporationen oder Einzelpersonen versperrt wird. In früheren Jahren sind di« Wahlen auch allein nach diesen Grundsätzen vorbeieilet worden, und wenn auch in Einzel heiten hie und da einmal anders gewählt worden ist, als die Vorschläge des Wahlausschusses lauteten, so ist cs doch niemandem eingefallen, in die Befugnisse des Wahlausschusses «inzugreifen. Zum erslemnal bei der Vorbereitung der vorjährigen Wahl trat in dieser Beziehung eine Änderung ein, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen. Der Wahlausschuß in seiner jetzigen Zusammensetzung will aber die Wiederholung derartiger Vorkommnisse unbedingt vermieden wissen, da er der Meinung ist, daß dann die Stellung des Wahlausschusses überhaupt unhaltbar wird. Unter solchen Verhältnissen wird für di« Folge kein selbständig denkender Buchhändler sich dazu hergeben wollen, ehrenamtlich in einem derartig bedeutungslosen Ausschuß lediglich Handlangerarbeit zu leisten. Auch in diesem Jahre ist die Ausschaltung des Wahlausschusses wieder planmäßig betrieben worden. Der"Wahlausschutz hat sich aber durch alle Sonderbestrebungen, die vor Bekanntgabe seiner Vorschläge offen oder versteckt betrieben worden sind, in seiner Tätigkeit nicht beirren lassen. Nach reiflicher Überlegung und eingehender Abschätzung der vorliegenden Verhältnisse kommt er zu Wahlvorschlägen, die nicht die Billigung gewisser Organisationen finden, weil ihnen die Möglichkeit fehlt, von ihrem Stand punkt aus alle Verhältnisse und Folgen für die Zukunft zu übersehen. Es zeigt sich gerade hierbei deutlich, daß ein Wahlausschuß dringend nötig ist, weil nur ein solcher aus den verschiedenen zusanunenströmenden Meinungen die Motiv« klar ersehen und das für den Börsenverein wirklich Nutzbringende herauslesen kann, ohne einseitige Interessen wahrzunehmen. Die bloße Nennung von Kandidatennamen wird unter den augenblicklichen Verhältnissen den Mitgliedern und Organisa tionen nicht genügen, deshalb sieht sich der Wahlausschuß genötigt, seinen Vorschlag diesmal auch in der Öffentlichkeit vorher zu begründen. Zum Ersten Vorsteher schlägt er Herrn Max Röder, Mülheim, zum Zweiten Vorsteher Herrn Ernst Reinhardt, München, zum 2. Schatzmeister Herrn vor. Der Wahlausschuß glaubt in Herrn Max Röder dem Börsenverein einen Kandidaten für den Ersten Vorsteherposten Vorschlägen zu können, der in jeder Beziehung geeignet ist, dieses Amt voll aus- zufüllen. Herr Röder ist in den Vorstandsämtern des Börsenvereins erfahren wie kaum ein anderer und hat sich bereits in dessen Führung und Vertretung mehrfach bewährt. Seine Persönlichkeit rechtfertigt das Vertrauen, daß er auch fernerhin den Börsenverein nach innen wie nach außen in geeigneter und würdiger Weise vertreten wird. Die Bedenken, die wegen allzu großer Entfernung seines Wohnortes von Leipzig gegen seine Aufstellung geäußert worden sind, hat der Wahlausschuß doll gewürdigt. Herr Röder bietet aber die Gewähr, daß die Geschäfte des Börsenvereins keineswegs darunter zu leiden haben werden. Er will zum Besten des Buchhandels dos Äußerste an Zeit und Arbeitskraft aufbringen. Das sollte im ganzen Buchhandel freudig begrüßt und dankbar ausgenommen werden. Also nicht aus bloßen Etiketterücksichten hat der Wahlausschuß Herrn Röder als dem der zeitigen Zweiten Vorsteher das Amt angeboten. Der Wahlausschuß stellt es nicht als Prinzip auf, daß unter allen Umständen der Zweite Vorsteher die Anwartschaft auf den ersten Posten im Börsenverein hat. Allerdings hält es der Wahlausschuß für seine Pflicht, einem Zweiten Vorsteher, der alle Qualitäten für das Amt des Ersten Vorstehers besitzt, zuerst das Amt anzubieten. Das trifft im vorliegenden Falle zu. Di« vom Verlag und auch einen Teil des Sortiments angeregte Kandidatur eines wissenschaftlichen Verlegers erscheint gerade im Hinblick auf die in Aussicht genommene Persönlichkeit durchaus sympathisch, bietet aber gegenüber dem Vorschläge des Wahlausschusses nicht so große Vorteil«, daß dieser deshalb von seiner von vornherein ins Auge gefaßten Kandidatur Abstand zu nehmen sich gezwungen sähe. Zu unserem Bedauern sind die für die Besetzung des Zweiten Schatzmeisterpostens gepflogenen Verhandlungen auch heute noch nicht abgeschlossen, da der Wahlausschuß gern einen Vertreter des schwer-wissenschaftlichen Verlages in den Vorstand zu ziehen wünschte. Der Wahlausschuß wollte aber mit der Veröffentlichung der Kandidaten für die beiden ersten Posten nicht länger warten und wird den dritten Kandidaten baldmöglichst bekanntgeben'). Wir unterbreiten nunmehr mit bestem Wissen und Gewissen dies« Wahlvorschläge den Mitgliedern des Börsenvereins und überlassen es ihnen, bei der Wahl ihre Entscheidung zu treffen. Der Wahlausschuß des Börscnvcreins. ') Bezüglich verschiedener Anfragen verweisen wir auf K 7 der Geschäftsordnung für den Wahl-Ausschuß des Börsenvereins, der lautet: Unbeschränkte Freiheit für seine Vorschläge ist das Recht des Wahl-Ausschusses; er ist somit in der Lage, noch unmittelbar vor der Hauptversammlung Vorschläge zu machen, die auch von feinen eigenen früheren Vorschlägen abweichen. -