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Redaktioneller Teil. X- 85, 21, April 1928, Die allgemeine Unsicherheit unserer Wirtschaftslage hat zu sehr verschiedenen Teuerungszuschlägen der Verleger geführt, die letzt hin teilweise die Höhe von 280°/, erreicht haben. Wir haben diese Teuerungszuschtäge verschiedenen Preisprüfungsstellen und son stigen Behörden gegenüber mehrfach vertreten, und es scheint, als zeige sich allmählich für die zwingenden Gründe des Buchhandels und für die Eigenart seiner Preisbildung Verständnis, Leider werden aber des Übels Wurzeln nicht allenthalben erkannt, die in den riesigen Preisen der Kohle, des Holzes und dem Stande unserer Valuta liegen. Für das Sortiment machte sich eine Erhöhung des Teue- rungszuschlages auf 28"/» nötig, die am 8. Januar d. I. nach außerordentlich umfangreichen statistischen Erhebungen und langwierigen Verhandlungen mit den bekannten Ausnahmen all gemeinverbindlich festgelegt wurde. Während noch auf der Würzburger Tagung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine das zur Begründung der wirtschaftlichen Notlage vorgelegte Zahlenmaterial Zweifeln Raum ließ, ob der Zeitpunkt bereits gekommen war, erbrachten am Schluß des Jahres angestellte Er hebungen den Nachweis, daß die dem Sortiment verbleibende Gewinnspanne trotz des gesteigerte» Umsatzes die Betrtcbs- sähigkeit nicht länger verbürgt. Daß einzelne Orts- und Kreis- Vereine bereits vorher die Erhöhung des Sorlimenler-Teue- rungszuschlags selbständig vorgenommen hatten, erschwerte die Sachlage, weil der Verlag hierin zum Teil einen Bruch der Not standsordnung erblickte. Schon mit Rücksicht hierauf muß für die Zukunft unter allen Umständen gefordert werden, daß die dem Börsenvereinsvorstand in der Kantate-Versammlung 1818 ein- geräumte Befugnis seiner Kompetenz verbleibt, und daß nicht ein ordnungswidriges Vorgehen die Grundlagen unserer Organisa tion erschüttert. Im Laufe dieser Verhandlungen wurde festgestellt, daß die auf Zeitschriften gemäß K 5 Nr, 3 der Vcrkaufsordnung zulässige Bestellgebühr nur die Bestellung ins Haus betrifft. Darüber hinaus können die Kreis- und Ortsvereine zwar mit Verbind lichkeit für ihre Mitglieder die Einführung eines allgemeinen Bezugsgeldcs in Höhe des jeweiligen Teuerungszuschlags be schließen, müssen aber den Schutz solcher Beschlüsse selbst über nehmen, Die wenigen Verleger illustrierter Zeitschriften, die auf Grund der Sonderstellung, die ihnen die Notstandsordnung einräumt, für eigene Verkäufe die Erhebung von Bezugsgeldern ablehnen, werden durch solche Beschlüsse nicht verpflichtet. Den Bibliotheken niit einem Vermehrungsetat von minde stens 18 888 sind vom I, April 1826 an 18"/» Teuerungszuschlag in Anrechnung zu bringen. Bis zu diesem Zeitpunkt lief ein Vertrag, wonach die Bibliotheken gegen Verzicht auf den bis herigen Rabatt keinen Sorlimentcr-Teuerungsznschlag zu ent richten hatten. Nach Ablauf dieser Vereinbarung kamen wir den Bibliotheken weiter dadurch entgegen, daß wir jetzt nur einen Zuschlag von 18"/» vorgesehen haben, dem sie sonach vom I, April 1828 an keinen begründeten Widerstand entgegensetzen können. Diese Sonderstellung der großen Bibliotheken muß überdies ans die Zeit beschränkt bleiben, wo sie irgend mit der wirtschaftlichen Lage des Sortimenis vereinbar ist. Wir behalten uns auch das Recht vor, die genannte Vergünstigung künftig nur Bibliotheken mit einem wesentlich höheren Vermehrungsetat als einem solchen von 18 868 ,st! zu gewähren oder wenigstens auf die bisher be vorzugten Bibliotheken zu beschränken, weil inzwischen der Ver mehrungsetat eine der Geldentwertung und der Bücherverteue- rnng Rechnung tragende Erhöhung erfahren hat oder erfahren wird. Wir bitten unsere Mitglieder, bindende Abmachungen nach dieser Richtung hin nur im Einvernehmen mit dem Börsenverein zu treffen. Leider hat das Reichswirtschaftsministerium das zur Be gründung des 26°/»igen Teuerungszuschlags der Notstandsord nung dieser Stelle cingereichte Material bislang noch nicht als beweiskräftig für die Notwendigkeit der Erhöhung anerkannt und einzelnen Warenhäusern die Nichterhebung des Teuerungszn-- schlags ausdrücklich nahegelegt. Dies hat in Verbindung mit der bekannten Stellungnahme eines Teils wissenschaftlicher Ver. »76 leger außerordentlich verworrene Verhältnisse geschaffen, zu deren Beseitigung unsererseits alles Erdenkliche versucht wor den ist. i Wir haben in wiederholten Zusammenkünften versucht, die genannten wissenschaftlichen Verleger zu einer Aufgabe ihres satzungswidrigen Verhaltens zu bewegen. Die Verhandlungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen, es steht aber zu hoffen, daß sie in letzter Stunde noch zu einem befriedigenden Ergebnis führen werden, j Vielleicht beschleunigen diese Ereignisse eine grundsätzliche Klärung der Auchbuchhändlerfrage. Denn selbstverständlich steht der Sorlimenter-Teuerungszuschtag mit den Rabattbedingungen der Sortiments und mit der Anzahl der rabattberechtigten Ver- Irtebsstellen im engsten Zusammenhang, Und es kann nicht Auf gabe des Börsenvereins sein, wenn sich etwa ergibt, daß der auf den einzelnen Sortimenter fallende Absatz zu gering wird, durch günstigere Rabatlbedingungen oder Teuerungszuschläge eine für den Gcsamlbedars des Publikums zu große Anzahl von Verkaufs stellen künstlich über Wasser zu halten. Das Sortiment könnte sich dieser volkswirtschaftlichen Erwägung nicht verschließen, wie sich umgekehrt der Verlag mehr als bisher damit wird abfinden müssen, daß allenthalben der sogenannte Kleinhandel eine wesent liche Verteuerung der Ware verursacht. Auch hier würde es sich als ein Trugschluß Herausstellen, wenn der Verlag auf die Mit hilfe des Sortiments verzichten zu können glaubt und eigene Vertriebsstellen einrichten wollte, Sic würden ihn aller Vor aussicht nach bald davon überzeugen, daß er einen billigeren Ver- trieb auf solche Weise nicht zu erreichen vermag, sobald er sich - auch mit dem Bezüge anderer Verlagserscheinungen besaßen will. Es muß auch hier davor gewarnt werden, voreilig einzureißen, ! ehe eine Gewähr für einen besseren Neubau besteht, j Die Verstöße gegen die Notstandsordnung, soweit sie dem Börsenverein bekannt geworden sind, hielten sich in ziemlich mäht gen Grenzen. Insgesamt wurden im verflossenen Berichtsjahr 75 Verletzungen der Verkaufsbestimmungen behandelt, ! Der Vorstand hat sich bereits mit der Frage beschäftigt, für die Zeit nach Ablaus der Notstandsordnung andere Wege zu finden, um das Sortiment lebensfähig zu erhalten. Die Ver- Handlungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen. Die zunehmende Verschlechterung des Kursstandes unserer Mark im Ausland hat, ebenfalls nach außerordentlich langen und schwierigen Verhandlungen mit allen Fachgruppen des Buch handels, schließlich zu der am 15, Januar d, I, veröffentlichten Vcrkaufsordnung für Auslandlicfcrungcn geführt. Auch der Vor stand des Deutschen Verlegervereins hatte seinen ursprünglichen Widerstand aufgegeben und eine einheitliche Regelung selbst ge fordert, Es kann nicht Aufgabe unseres Berichts sein, über die Entstehungsgeschichte und die Zwecke dieser Verkaufsordnung nähere Angaben zu machen, nachdem das Börsenblatt ausführ liche Erörterungen hierüber im Laufe des letzten Geschäftsjahres enthalten hat. Wir müssen uns auf die Feststellung beschränken, daß sie einer unbedingten Notwendigkeit entsprach und daß nur über einige Einzelheiten noch Meinungsverschiedenheit herr schen kann. Der aus dem Auslandaufschlag fließende Mehrerlös kommt dem deutschen Buchhandel und dem deutschen Publikum insofern zugute, als er dem Ausgleich der erhöhten Produktionskosten und damit der Herabsetzung der Jnlandpreise dient. Auch jeder Ausländer sollte cinsehen, daß es eine unbillige, Deutschlands Wirtschaft sinnlos vernichtende Härte ist, wenn dem Deutschen für ein Buch, das vor dem Kriege etwa 2,— im Inland und Fr. 2,58 im Ausland kostete, jetzt der Ausländer nur !etwa 38 Cts, zahlt, während der Deutsche für das ausländische Buch, das er früher zum Preise von Fr, 2,58 oder 2.— be ziehen konnte, fetzt etwa 48,— entrichten muß. Hier stünden die auf beiden Seiten aufzuwendenden Vermögensopfer in einem schreienden Mißverhältnis, Auch kann eine Ware nicht auf dem Weltmarkt lediglich darum, weil sie deutschen Ursprungs ist, an deren Waren gleicher Art und Güte gegenüber fast wertlos sein. Am 15, März hat die Außenhandelsnebenstelle für das Buchge werbe, der die staatliche Überwachung der Durchführung der Ver