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Nichtamtlicher Theil. 252, 28. Oktober. 4000 selbstverständlich der Weg rückwärts der nämliche sein, wie der Weg vorwärts, und die ernsteren Unternehmungen ans dem Gebiete ver wissenschaftlichen Literatur würden mit zunächst in Wegfall kommen müssen. ,.Wenn wir das System des englischen und französi schen Luchhandels hätten",— sagt Braun, und fügt hinzu, daß ,,ibm die ausländischen Verhältnisse bekannt seien". Es wäre interessant zu erfahren, was denn eigentlich das System speciell des französischen Buchhandels ist. Der französische resp. Pariser Buch handel (denn die Departements galten auch damals nicht viel) hatte bis zur ersten Revolution eine Art Organisation und einen festen korporativen Verband, gegründet aus das altsranzösischePrivilegien- Wesen und die Einrichtung der Obambro r^uckiealo. Letztere ent schied gesetzlichen Anforderungen gemäß über die Aufnahme neuer Candidaten, schlichtete Streitfälle innerhalb der Corporation und gab sogar ein wenn auch nicht bindendes Gutachten über den Druck neuer Manuskripte ab. Der Buchhandel war in Wahrheit mehr Ämt und Würde als Geschäft. Seine Organisation war kein Aus fluß innerer geschäftlichen Anforderungen, sondern sammt der Obambrtt 8^uäieal6 ein Werk staatlicher Fürsorge. Der Convent, welcher alles Privilegienwesen abschafste, gab auch den Buchhandel frei. Unter dem ersten Kaiserreich trat keine Aenderung des Prin zips, sondern nur insofern eine Modifikation ein, als der Betrieb des Buchhandels vom Besitze eines Lrevot äo. librairs abhängig gemacht wurde. Das Kaiserreich kümmerte sich jedoch mit Ausnahme des Loyalitätseides nicht viel um die Bedingungen, wie und von wem das Urovet. zu erlangen sei. Dasselbe gerieth nachgerade als nichtsbedeutende Formalität so in Mißachtung, daß es oft gar nicht mehr nachgesucht wurde. Thatsächlich war demnach der Buchhandel in Frankreich freigegcbcn. Damit hatte derselbe aber allen Halt verloren, und eine Gcschästsanarchie ist seitdem eingerissen, welche neben dem Mangel an entsprechender Leistungsfähigkeit, worunter die französischen Schriftsteller schwer leiden müssen, Auswüchse zeigt, wie sie die Geschichte des deutschen Buchhandels etwa nur im acht zehnten Jahrhundert verzeichnet. Es ist ein wunderbares, aber wenig erbauliches Bild, welches man empfängt, wenn man die Schriften eines Werdet, He'brard u. A. liest, die über den französi schen Buchhandel geschrieben haben. Jeder dieser Fachmänner gibt seinen politischen Standpunkt zu erkennen; der eine ist Royalist, der andere Republikaner, doch Alle stimmen darin überein: wenn jemals der französische Buchhandel ans seinem Dilemma heraus kommen soll, so muß sich der Staat seiner annehmen. Ohne staatliche Vorsehung kann eben der Franzose auch in solchen Dingen nicht fertig werden. Von irgend einer bestimmten und konsequent geltend gemachten Grundaussassung und demnach von einem System des französischen Buchhandels kann Niemand reden, der mit diesen Worten einen deutlichen Begriff verbindet. Der Ausgangspunkt ist kaufmännisch- waarenhändlcrisch, aber mit einer starken Hinneigung zur Leutsch- buckchändlerischen Geschäftsaussassung. Reben dem direkten Vertrieb seitens der Verleger, sei cs mittelst an's Publicum verbreiteter Kataloge, sei es mittelst der Colportage, ist ähnlich unseren Con- ditionssendungen das Versenden sn äüpot französischer Brauch, freilich ohne durchgreifende Bedeutung und ohne jene zeitgemäße Entwickelung und organische Durchbildung, wodurch dieser Brauch erst bei uns zum Träger eines Geschäftssystems geworden ist. Be zeichnend ist es auch, daß von jeher eine Anzahl der ersten Pariser Verleger in Leipzig ihre ständige Vertretung gehabt und sich dabei vollständig dem deutschen Brauche angeschlossen haben, höchstens mit der Modifikation der Halbjahresrechnung, während die in Leipzig vertretenen englischen Verleger mit dem deutschen Buch handel gewöhnlich nach englischen Grundsätzen verkehren. In Frank reich ist sogar ernstlich der Versuch gemacht worden, den Buchhandel stricte nach Art des deutschen zu organisiren. Der Pariser Nenouard und Andere haben in dieser Richtung längere Zeit sehr nachdrücklich gewirkt, jedoch so wenig mit durchschlagendem Erfolg, als der kürz lich allzn früh verstorbene Turiner Verleger Pomba, der seinerseits energisch bestrebt war, den deutschen Einrichtungen in Italien Bahn zu brechen. Ich halte es auch gar nicht für möglich, die deutschen Ein richtungen, wie ab und zu immer von neuem im Auslande versucht wird, so ohne Weiteres zu copiren. Die Gründe für diese Meinung ziehe ich nicht sowohl aus ausländischen Verhältnissen, als aus der geschichtlichen Beobachtung deutscher Verhältnisse. In Deutschland selbst hat sich nämlich das Conditionsgeschäft mit eiserner Noth- wendigkcit und wie eine Art Naturgesetz aus dem ehemaligen Ehange- geschäft und der zwiespältigen Stellung entwickelt, worin Nord- und Süddeutschland kam, als diese Verkehrsform aus triftigen Gründen vom Norden anfgegeben worden war. Von einem bewußten Er kennen und Wollen, namentlich in der organischen Fortbildung des Conditionsgeschäfts (direkter Verkehr zwischen Verleger und Sorti menter, Nabattirung, Creditwesen, Disponenden rc.) ist von allem Anfang an nicht viel zu entdecken, umsomehr fallen der stete Widerspruch und die beständigen Klagen über den Verfall des Buch handels auf, welche seitens unserer Geschäftswelt die Entwickelung des Conditionsgeschäfts von Hause aus begleitet haben. Wenn aber diese Geschäftssorm in ihrem Ursprungslande trotz der greif baren Vortheile, die sie tagtäglich zeigt, aus soviel widerstreitende Meinungen unter Praktikern und Theoretikern von jeher gestoßen ist und noch immer stößt, wie soll man dann im Auslande das nöthige Verständniß dafür wecken können, welches um so durch greifender zu geschehen hätte, als man dort behufs der allseitigen Einführung des Conditionsgeschäfts erst mit dem Hergebrachten tabula rasa machen müßte, und die mit der neuen Geschäftsweise verknüpften Vortheile doch vorläufig nur Wechsel auf die Zukunft sein könnten. Allein was nicht mit einem Mal zn decretiren ist, das kann allmählich die Zeit bringen. Denn in jedem Buchhandelder Welt, wenn er nur auf den Namen eines solchen Anspruch zu machen hat, schlummern, wenn auch unbewußt und versteckt, die Keime des Conditionsgeschäfts. In einigen kleineren Literaturländern, in Holland und den nordischen Staaten, sind dieselben längst zu einer Art Entwicklung gelangt. (Fortsetzung folgt.) Für den Weihnachtstisch. Unter dieser Aufschrift hoffen wir dem Verlagshandel eine er wünschte Gelegenheit zu bieten, über hervorragende Erscheinungen, die sich für den Weihnachtstisch eignen, und zwar namentlich solche, welche ihrer Natur nach nicht allgemein versandt werden tonnen, ein sachkundiges und prägnantes Referat zu veranlassen, welches den Sortimentshandel in den Stand setzen soll, sich ein möglichst sicheres Urtheil für seine Verschreibungen zu bilden. Die Redaktion ist sich wohl bewußt, welche Verantwortlichkeit sie mit der Einrichtung dieser neuen Rubrik dem Buchhandel gegenüber ans sich nimmt, und wird es daher weder an der gehörigen Sorgfalt, noch an der rechten Ge wissenhaftigkeit fehlen lassen, um derselben den Verlaß und das Ansehen zu sichern, welche zu dem beabsichtigten Nutzen durchaus erforderlich sind. Zunächst liegt uns vor: Hosemann-Album. Sechs Aquarellen. In eleganter Lein wand-Mappe mit Goldpressung. Hoch 4. Farbendruck und Verlag von Meinhold L Söhne in Dresden. 3 Thlr. (Nur aus feste Rechnung.) Sechs anziehende, jedes eine andere Stimmung wiederspiegelnde und doch alle in gleich individueller Charakteristik übereinkommende