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Redaktioneller Teil. ^ 125, 31. Mai 1918. rend er sich kaum der Einsicht verschließen wird, daß in einzelnen Fällen eine Preiserhöhung durchaus gerechtfertigt ist. Aller wird hier natürlich auf die Besonderheit der Umstände ankommen, sodaß man sich auf den Wunsch genauer Prüfung beschränken muß, bei der tunlichst der ganze Betrieb als eine Einheit aus zufassen wäre und alle diejenigen Artikel auszuscheiden hätten, deren Preiserhöhung das Gesamtergebnis nur unwesentlich be einflussen würde. Daß die Gangbarkeit dieser Artikel durch eine Preiserhöhung nicht gewinnt, ist zu selbstverständlich, um be sonders unterstrichen zu werden. Wo eine Preiserhöhung durch geführt werden kann oder muß, sollte der Verleger vor allem für ausreichende Bekanntgabe des veränderten Preises sorgen und alles tun, um den Sortimenter dem Publikum gegenüber zu der neuen Berechnung zu legitimieren. Denn es ist nach unserem Dafürhalten für das Ansehen des Sortiments in der Öffentlichkeit sicher ein Gewinn, namentlich im Hinblick auf das große Interesse, das sich jetzt überall dem Buche zuwendet, wenn er nicht mit dem Odium spekulativer Preistreiberei belastet wird, der sich so manche Berufsstände während des Krieger schuldig gemacht haben. Daher muß sein Ehrgeiz darauf gerichtet sein, nicht nur durchge- halten, sondern auch die ihm vorgeschriebenen Preise eingehalten zu haben. Folgerichtig ist daher auch in den Mittelpunkt der Re solution die Bitte gestellt, »bei der Erhöhung der Netto- und La denpreise der anerkannten Notlage des Sortiments Rechnung tra gend, wo es irgend möglich ist, den Buchhändlerrabatt zu ver bessern«. Große Aufgaben harren nach dem Frieden des Sortiments. Viele werden ihren Betrieb auf vollständig neue Grundlagen ^ stellen, mit mancher alten Gewohnheit brechen und sich Neue rungen unbequemen müssen. Tahin gehören nicht nur die Ab schaffung des Kundenrabatts und des Kreditgebens, sondern auch dt« Einführung des Scheckverkehrs, der doppelten Buchfüh rung u. a. kaufmännischer Einrichtungen, die eine größere Über sicht und Bewegungsfreiheit und damit die Möglichkeit besserer Ausnutzung geschäftlicher Vorteile geben. Auch wird der Buch händler, wenn er die Zeichen der Zeit recht versteht, ganz neue Käuferkreise zu gewinnen suchen müssen, und zwar sowohl die Schichten, die der Krieg emporgetragen, der ihnen mit dem neu erworbenen Reichtum auch die Pflicht auf Förderung der Kultur — der eigenen wie der ihrer Volksgenossen — nahegelegt chat, als auch diejenigen, denen draußen im Felde das Buch zu einer Quelle der Freude und des Genusses geworden ist. Sie dauernd zum Buche herllberzuziehen, ihnen den Wert und die Bedeutung einer kleinen, ihren Verhältnissen und Neigungen entsprechenden Bibliothek klarzumachen, wird eine der vornehm sten Aufgaben des Buchhandels nach dem Kriege sein, aus der sich ganz von selbst die Notwendigkeit ergibt, in stärkerem Maße auf das Buch in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Die Presse wird daher weil mehr als bisher herangezogen werden müssen, um aus Bücher in ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit hinzuweisen und erfolgreich den Kampf mit den Dingen aufnehmen zu können, die bisher als Gegenstände des Nutzens und Vergnügens einen allzu breiten Raum im Leben unseres Volkes eingenommen haben. Auf diese Erweiterung unseres Absatzgebietes wird beson ders auch deshalb Gewicht gelegt werden müssen, weil voraus sichtlich die Teuerung auch nach dem Kriege anhalten und uns damit vor die Notwendigkeit der Bewilligung höherer Gehälter stellen wird. Nimmt man zu alledem noch die sich aus der Neu ordnung unseres gesamten Wirtschaftslebens ergebenden Schwie rigkeiten allgemeiner Natur, wie sie nach jedem Kriege zu be obachten sind, so wird man es begreiflich finden, daß organisa torische Bestrebungen einzelner Berufsstände in der gegenwärti gen Zeit auf besonders günstigen Boden fallen. Von diesen Ge sichtspunkten aus wird man auch die anläßlich der diesjährigen Ostcrmesse erfolgte Gründung der Deutschen Buchhändlergilde zu beurteilen haben, obwohl die Bestrebungen zur Schaffung einer Sondervcrtretung des Sortiments — nur um eine solche handelt es sich — viel weiter zurückreichen. Spricht man indes , von der glänzenden Organisation Deutschlands in diesem Kriege, so vergißt man meist, daß die Grundlagen, auf denen sie sich auf- ^ 688 baut, in der Zeit vor dem Kriege zu suchen sind, und zwar in den Vereinen und Genossenschaften, an denen wir ja so reich sind. So wird man auch den neuen Sorlimenterverein als ein Kriegskind bezeichnen, zumal er ja tatsächlich auch erst in der Kriegszeit, und zwar am 19. Mai 1916 das Licht der Welt er blickt hat. Obschon seine Wiege in Leipzig stand, wird das Kind doch in Berlin erzogen und von vornherein mit allem ausgestaltet werden, was zu einem Leben großen Stils gehört: Geschäfts stelle, Geschäftsführer, Syndikus, Vereinsblatt usw. Man war llbcrharlpt sehr gebefreudig bei der Gründung, und wenig hätte gefehlt, um den vorgeschlagenen Vereinsbeitrag von ./k 24.- aus ,/k 30.— zu erhöhen. Mehr als bei einer in ihren Zielen und der Art ihrer Durchführung deutlich erkennbaren Vereinigung bedeuten bei der Gründung eines neuen Vereins Namen ein Programm. In wieweit dies auf die Deutsche Buchhändlergilde zutrifft, mögen die Leser selbst aus der Zusammensetzung des Vorstandes er sehen, dem die Herren Paul Nitschmann als I. Vorsitzender, Albert Diederich als 2. Vorsitzender, Otto Paetfch als 1. Schrift führer, I. H. Eckardt als 2. Schriftführer und Ernst Schmersahl als Schatzmeister angehören. Von ihnen ist nur der Letztgenannte in der buchhändlerischen Öffentlichkeit noch nicht hervorgetreten, während die anderen Herren als Vertreter des Sortiments des öfteren von sich reden gemacht haben. Wir haben uns bereits eingehend mit dem neuen Verein und seiner Stellung zur Organisation des Buchhandels in ihrer gegenwärtigen Verfassung kurz vor seiner Gründung beschäftigt (vgl. Bbl.Nr. 111) und darauf hingewiesen, daß es von der Art, wie er seine Aufgaben auffasse, abhängen werde, ob und inwieweit der Börsenverein in der Lage ist, ihn in seinen Bestrebungen wirk sam zu unterstützen. Nimmt man das Wort für die Tat, so wird man nicht sagen können, daß die erste Tat des neuen Vereins, die Namengebung, den Wunsch auf eine solche Unterstützung erkennen lasse, da trotz der Bedenken, die der Vorstand des Börsenvereins gegen die Bezeichnung einer Sondervertretung als Deutsche Buchhändlergilde geltend gemacht hat, nicht nur daran festge halten, sondern auch noch die ursprünglich in dem Satzungsent wurf enthaltene einschränkende Erläuterung des Namens: »Ver tretung des deutschen Sortiments« fallen gelassen worden ist. Wie aus der Programmred« des Herrn Nitschmann hervorging, wird die Gilde außer den schon bekannten Ausgaben (Bekämpfung des Auchbuchhandels, Zurückgewinnung verloren gegangener Ab satzgebiete usw.) hauptsächlich Fragen der praktischen Wirtschaft ihr Augenmerk zuwcnden, gemeinschaftliche Einkäufe, Herstellung von Drucksachen, Versicherungen aller Art, Herausgabe von Kre ditlisten usw. übernehmen, sowie genossenschaftliche Unternehmun gen, wie die eines Kommissionsgeschäfts, eines Barsortiments für Brotartikel usw., ins Auge fassen. Auch will sic die Interessen des Sortiments in der Öffentlichkeit wahrnehmen und sowohl enge Fühlung mit der Presse und den Organen anderer Wirt schaftsverbände suchen als auch in Eingaben an Staats- und städtische Behörden für das Sortiment eintreten. Das ist ein weites Feld, würde der alte Fontane sagen, und Skeptiker wer den vielleicht finden, daß weniger mehr wäre, zumal zwischen Lipp' und Kelchesrand oft noch «in recht weiter Weg ist. Aber auch von denjenigen, die einen Zusammenschluß des Sortiments als ein durchaus erfreulicher Zeichen der Zeit begrüßen, werden viele in diesem Programm eine Überspannung der Aufgaben eines Sortimentervereins erblicken, aus der sich sehr leicht ein Organisationsbewußtsein herausbilden könnte, das dem Inter esse der Gesamtheit des Buchhandels entgegensteht. Der Bör senverein als die berufene Vertretung des Buchhandels wird da her um so sorgfältiger darüber Wachen müssen, daß in der Öffent lichkeit, hervorgerufen durch die volltönendeFirmierung des neuen Vereins, nicht Verwirrung gestiftet und auf die Interessen der buchhändlerischen Allgemeinheit die erforderliche Rücksicht ge nommen wird. Im übrigen wird man die Entwicklung der Dinge abwarten müssen .... Über die Stellung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine haben wir uns bereits früher ausgesprochen, so daß wir uns hier auf den Hinweis beschränken können, daß Herr Prager in dankenswerter Weise sich bereit erklärt hat (Dresden und Mün«