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60Ü2 Börsenblatt s, d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ov 113, 17. Mai 1S12. kums gewahrt werden. Eine Erhöhung der Rabatte müßte aber zu einer Erhöhung der Bücherpreise führen, und diese kann nicht im Interesse des Buchhandels liegen, weil sie die ohnehin nicht große Kauflust des Volkes verringern würde, während alles auf die Steigerung des Büchcrkonsums an« kommt. Daß die Bücherprcise in Deutschland zu hoch wären und daß sich hieraus eine geringe Aufnahmefähigkeit des Publikums erkläre, ist unrichtig. Im Gegenteil, die Bücher« Preise sind in den letzten 20 Jahren im allgemeinen heruntec- gegangen trotz der gesteigerten Ansprüche an den Material« wert und an die Ausstattung der Bücher. Das Buch, das in Massen produziert werden kann, ist bei uns ebenso billig wie sonstwo. Die Zahl derjenigen Bücher aber, die in Massen hergestellt werden, ist im Wachsen begriffen. Die mehr und mehr hervortrctende Neigung, Bücher, die sonst als Einzelwerk erscheinen, in Form von Vcreinspublikationen, auch im An schluß an Zeitschriften zu veröffentlichen, ohne daß ein Ver< ein dabei Pate gestanden hat, sind ein unerfreuliches Symptom für die starke Überproduktion und die damit verbundene sinkende Absatzfähigkeit populärwissenschaftlicher Werke. Je weniger es dem Verlage möglich ist, die Bezugs- b edingungen zu verbessern, um so mehr muß er ein wachsames Auge darauf haben, daß die Zahl seiner Ver kaufsvermittler nicht ins Ungemessene wächst, solange nicht eine besondere Verlagsrichtung ihn nötigt, auf einen weiteren Ver mittlerkreis Bedacht zu nehmen. Denn je geringer der Um satz des einzelnen Sortimenters wird, desto weniger kann er sich dem Vertriebe der Literatur widmen; er muß an allem, auch am Personal sparen und sinkt auf eine Stufe hinab, die der Verlag unter keinen Umständen wünschen kann. Der Ver legerverein hat daher sein Augenmerk auf die Vertriebsorten des Grosso- und Barsortiments gerichtet und hofft, gemeinsam mit dem Börsenverein die Auswüchse, die sich hier gebildet haben, zu unterbinden, ohne diese Geschäftsakten, die dem modernen Verkehr nun einmal entsprechen, unmöglich zu machen. Eine Umfrage im Kreise unserer Mitglieder über ihre Lieferungsbedingungen an die Barsortimente und ihre Stellungnahme zum Barsortiment ist Anfang des Jahres 1912 ergangen, das Resultat ist aber noch nicht verarbeitet. Die durch die Geschäftsstelle zu erledigenden Ar beiten haben sich im letzten Jahre durchaus nicht vermindert, denn das Ein- und Ausgangsbuch weist mit 7803 Nummern gegen 7019 im Vorjahre eine Zunahme von 784 Nummern nach. In dieser Zahl sind Eingänge wie: Fragelisten, An meldungen zum Mahn- und Einzugsverfahren, Frage bogen u. a. m. selbstverständlich nicht mit enthalten. An die Rechtsauskunftsstelle sind in der Zeit vom Januar bis Dezember 1911 88 Anfragen gerichtet worden, wovon 11 Anfragen als zur Beantwortung nicht geeignet ab gelehnt werden mußten. Demnach konnten 77 Anfragen von der Rechtsauskunftsstelle beantwortet werden. Hieraus geht hervor, daß sich unsere Rechtsauskunfts stelle eines sehr regen Zuspruchs erfreut, und cs ist erklärlich, daß die Kosten für die Gutachten eine Höhe erreicht haben, die in gar keinem Verhältnis zu der Einnahme, also der von den Mitgliedern zu zahlenden Entschädigung steht. Der Vor stand hat sich daher genötigt gesehen, den Betrag, den die Mitglieder für ein Gutachten zu entrichten haben, von 2 auf 5 zu erhöhen, und eine Bekanntmachung darüber bereits in Nr. 253 der »Mitteilungen« erlassen. (Hier folgen Mitteilungen über die weiteren Einrichtungen des Vereins, die nur für die Mitglieder von Interesse sind.) Leipzig, 9. April 1912. Freiexemplare zwecks Prüfung Der Sortimenter sieht in jedem unnötig abgegebenen Freiexemplar eine Schädigung seiner geschäftlichen Interessen — nicht mit Unrecht, denn jedes unnötig abgegebene Frei exemplar bekommt gerade der, der in erster Linie Interessent des Buches ist, also Käufer sein müßte. Der Verleger oersucht gleichfalls eine unnötige Ausdehnung der Freiexem plare zu verhüten, da auch er mit Rechl der Überzeugung ist, daß jedes unnötig abgegebene Freiexemplar seine geschäft lichen Interessen schädigt. Er gibt aber jetzt im allgemeinen mehr Freiexemplare ab als früher, da die Besprechungen in Zeitungen und Zeit schriften keineswegs so erfolgreich für ihn sind, wie sie sein sollten. Das kommt besonders in Betracht für die so genannten Volksschriften und für die Bücher, die in irgend einem Zusammenhang mit der Volksbildung stehen. Immer neue Gruppen haben sich gebildet, die die Neu erscheinungen daraufhin prüfen, ob sie für die Jugend, für die Schule oder sonst für Zwecke der Volksbildung geeignet sind. Und diese Prüfung ist durchaus notwendig, da die be treffenden Stellen bei dem gewaltig anwachsenden Angebot von Büchern keineswegs die Möglichkeit haben, auf Grund der vor handenen Besprechungen die nötige Sichtung oorzunehmen. Es ist also durchaus in der Ordnung, daß solchen Prüfungs gruppen Freiexemplare überlassen werden, da es für den Verleger ja viel wertvoller ist, wenn eine solche Gruppe, die in ihrem Bezirk die maßgebende Autorität ist, die Bücher für geeignet hält und ihrerseits weiter empfiehlt, als wenn eine Tageszeitung eine noch so gute Besprechung bringt. Nur darf das nicht ausarten. Und es scheint mir so, als ob wir jetzt da angelangt sind, wo eine Verstän digung zwischen beiden, zwischen Verlegern und den prüfenden Organisationen, geschaffen werden muß. Man begnügt sich heute nicht mehr damit, einzelne größere Organisationen mit solchen Prüfungen zu betrauen, sondern es bilden sich jetzt fast in jeder Stadt solche Gruppen, die es ablehnen, ein Buch aufzunehmen und zu empfehlen, wenn sie es nicht selbst gelesen oder geprüft haben. Und noch mehr. Nicht bloß eine in jeder Stadt, sondern es gibt jetzt schon eine ganze Reihe von Städten, in denen drei oder vier derartiger Gruppen an der Arbeit sind. Rechnen wir noch die zahlreichen Aus stellungen von Büchern hinzu, die ja für die Verbreitung des Buches äußerst wertvoll sind, die aber alle ein Frei exemplar vom Verlag einsordern — und auch hier hat jetzt beinahe jede größere Stadt eine eigene Ausstellungs organisation —, so läßt sich leicht berechnen, daß das jetzt schon und in Zukunft noch viel mehr zu Schwierigkeiten führen muß. Und zwar in erster Linie für den Verleger. Ich habe einmal alle Prüfnngsgruppen und Ausstellungs- orzanisationen in Deutschland zusammenzustellcn versucht, die alle nur dann das Buch in ihr Verzeichnis aufnehmen, bzw. empfehlen und ausstellen, wenn der Verlag ihnen ein Freiexemplar zuschickt, die es also in der Hand haben, die Verbreitung eines Buches aufzuhalten, wenn sie es nicht in ihr Bücherverzeichnis aufnehmen und es nicht ausstellen. Wenn der Verleger an alle diese Gruppen Freiexemplare verschicken wollte, so machte das ungefähr eine Auslage von 1000 Stück aus. Das ist naturgemäß reichlich viel und steht in keinem Verhältnis zu dem Preise des Buches, denn das ist ganz besonders dabei zu berücksichtigen, daß es alles sogenannte billige Bücher sind, in dem Preis bis zu 3 Und ge rade von diesen Prüfungsgruppen und Ausstellnngsorgani- sationen geht ja die Forderung aus, die Bücher möglichst billig herzuftellen. Die Billigkeit wird aber zum mindesten