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1928 Nichtamtlicher Teil. 57, 9. M-irz 1900. Skabitschervskijs, Wundts, Brehms, Herzens, Lombrosos, Mantegazzas, Mills, Niemeyers, Wards, Flammarions Werke heraus. Unter seinen Kinderschriften sind die Bearbeitungen nach Andersen, W. Scott, Dickens, Cervantes und Feydeau hervorzuheben. Seine »Bibliographische Bibliothek« enthält 168 Bändchen zu 25 Kopeken, seine »Populär-wissenschaftliche Bibliothek« 40 Bände und seine illustrierten Kinderschriften 104 Bände. Auch gab er eine »Bibliothek nützlicher Kennt nisse«, eine juridische Bibliothek, eine Puschkin- und eine Lermontow-Bibliothek heraus. Man kann dreist behaupten, daß durch den Tod dieses gebildeten und arbeitsamen Mannes nicht nur der russische Buchhandel, sondern die gesamte russische Volksbildung einen empfindlichen Verlust erlitten hat. Pawlenkow gehörte zu den seltenen russischen Männern, die, gänzlich mittellos, ohne jegliche materielle Unterstützung erstaunliche Erfolge erzielten. Er begann seine verlegerische Thätigkeit ohne Betriebskapital und hatte gegen Ende der achtziger Jahre einen Umsatz von ca. 20 000 Rubel. Kurz vor seinem Tode belief sich sein Jahresumsatz auf 220 000 Rubel, und seine Verlagsartikel bestanden aus ca. 700 Bänden und Bändchen, die einen Wert von etwa 3 Millionen Rubel repräsentieren. Das Meikwürdige an der Thätigkeit dieses Mannes war, daß er keine eigentlichen Gehilfen hatte und daß kein einziger von seinen Verlagsartikeln ein rein spekulatives Gepräge trug. Er hatte stets nur die Ver breitung von nützlichen Kenntnissen im Auge und ver schmähte es, nur um des Gewinnes willen Bücher zu ver legen, lehnte daher auch alle Anträge ab, die ihm zwar großen Gewinn versprachen, aber mit seinen Prinzipien unvereinbar waren. Als er starb, war es ihm ein großer Trost, sagen zu können, daß er nie ein Buch herausgegeben habe, dessen er sich schämen müsse und dessen Verbreitung er vor Gott und Menschen nicht verantworten könne, das nicht einen Beitrag zur Aufklärung seines Volkes ge liefert habe. Pawlenkow war ein einfacher und bescheidener Mann, ein Feind der Reklame und des Phrasentums, selbstlos und durchaus nicht ehrgeizig, dabei aber energisch und sehr arbeit sam. Trotz seiner schwachen Gesundheit gelang es ihm durch angestrengte physische und geistige Arbeit, glänzende Resultate zu erzielen. Wer nun seine, für Rußland so nützliche und wertvolle Thätigkeit fortsetzen wird, weiß man nicht. Wahr scheinlich wird das Geschäft liquidiert werden, und man meint, der Erlös werde teils dem Litteraturfonds überwiesen, teils zur Errichtung von Volksbibliotheken verwendet werden. Kleine Mitteilungen. Telegraphische Postanweisungen. — Die Handels- und Gewerbekammer zu Dresden hat beim Staatssekretär des Reichspostamts beantragt, H 20, Absatz III der Postordnung da hin abzuändern, daß das Telegramm, das eine telegraphische Post anweisung enthält, in die Hände des Empfängers übergeben wird, der Empfänger aber auf einem postseitig mit der Wert summe und dem Namen oder der Firma und dem Wohnorte des Absenders versehenen Vordrucke über den Empfang des Geldes Quittung giebt, die von der Post zurückbehalten wird, oder daß wenigstens, ähnlich wie bei den gewöhnlichen Postanweisungen, der Empfänger einen postseitig abgestempelten Abschnitt erhält, aus dem der Name und der Wohnort des Absenders und der Tag der Absendung zu ersehen sind. Der Verkehr empfinde es als Uebelstand, daß das Telegramm zurückbehalten werde, so daß der Empfänger keinen Beleg darüber, daß, wieviel und von wem er Geld empfangen habe, eventuell auch keinen Nachweis in den Händen behalte über die im Telegramm zum Ausdruck gelangende Verfügungsbestimmung des Geldes. Der Poll verbleibe als Beleg die Vorschrift, bezw. auch das Aufnahmeband in Verbindung mit der Quittung des Empfängers. — Die Handelskammer zu Leipzig hat sich dieser Eingabe angeschlossen. Protestbewegung gegen die -llsx Heinze«. (Vgl. Nr. 54, 55, 56 d. Bl.) — In München hat sich, wie hier schon gemeldet, ein Komitee gebildet, um der allgemeinen Verstimmung über die Reichstagsbeschlüsse zweiter Lesung zur sogenannten -llex Heinze-, bezw. gegen diejenigen Paragraphen des Gesetzentwurfs, die die Kunst und Litteratur mit erheblichen Einschränkungen bedrohen, Ausdruck zu geben. Auf seine Aufforderung sollte am 7. d. M. eine Protestversammlung im Bürgerlichen Bräuhause dort ab- aehalten werden. Bericht darüber steht noch aus. Als Mitglieder des Komitees sind folgende Namen genannt: Max Bernstein, Ed. Beyrer, O. I. Bierbaum, Helene Boehlau, Or. M. G. Conrad, Louis Corinth, K. H. Doescher, M. Dülfer, O. Falkenberg, Prof. A. Fink, Prof. Walter Firle, Raoul Frank, Ed. Fuchs, Prof. Or. Furtwaengler, Martin Greif, Leo Greiner, N. Gysis, Max Halbe, Karl Hcnckell, Or. Georg Hirth, Hoffmann v. Vestenhoff, Korfiz Holm, Prof. A. v. Keller, Ör. G. Keyßner, Franz v. Lenbach, H. v. Lingg, Prof. Or. Lipps, Prof. Gras du Moulin, Prof. vr. Muncker, A. Oppenheim, F. Freiherr v. Ostini, Bruno Paul, F. v. Rezniceck, Jos. Ruederer, Prof. W. o. Ruemann, Toni Rupprecht, Gg. Schaumberg, Jul. Schaumberaer, W. v. Scholz, Raffael Schuster-Woldau, Secession (Verein bildender Künstler), Or. Sinzheimer, Max Slevogt, Edgar Steiger, I. G. Stollberg, C. Strathmann, Prof. Franz Stuck, Prof. F. v. Ilhde, Or. K. Voll, H. v. Weber, Or. A. Weese, W. Weigand, Prof. vr. Weltlich, Prof. Zügel. — Wegen der drohenden Veränderung und Erweiterung des § 184 des Strafgesetzbuches hat auch der Senat der königlichen Akademie der Künste zu Berlin, der statutenmäßig be rufen ist, als künstlerischer Beirat des Ministers das Kunst leben zu beobachten und im Interesse desselben Anträge zu stellen, im Interesse der Kunst seit langem Erörterungen ge pflogen und seine zum Schutze der Kunst notwendigen Vor schläge und Anträge dem Minister unterbreitet. Dem Vernehmen nach empfiehlt der Senat u. a. dringend, zu erwirken, daß zu den Orten, oie dem öffentlichen Verkehr dienen, weder private noch öffentliche Kunstausstellungen gehören, auch wenn sie im weitesten Umfange dem Publikum zugänglich sind, daß die Polizeiorgane durch eine kurze Belehrung auf die Bedeutung der neuen Bestim mungen besonders hingewiesen werden, und endlich, daß den Polizeibehörden ein kunstsachverständiger Beirat gegeben wird, der nicht bloß der Polizei, der Staatsanwaltschaft, sondern auch den Gerichten als maßgebender Sachverständiger zur Seite stehen soll. Beschwerde wegen Warenhandels in einem Post amte. — Der -Detaillisten-Verband für Hessen und Waldeck- in Kassel hat nach vergeblicher Beschwerde beim Retchspostamt die nachfolgende Eingabe an den Reichstag gerichtet: -Im hiesigen Postamt I (zu Kassel) ist ein -Marken-Ver- kaufsstand- errichtet für den Verkauf von Postwertzeichen, wohl aus dem Grunde, um dem Publikum Erleichterungen und -Zeit ersparnis- beim Einkauf von Postwertzeichen zu schaffen. In diesem Stande betreibt eine Dame, die von dem Postamt be soldet wird, den Verkauf der Postwertzeichen. Neben diesem Verkauf hat die Dame einen Verkauf von Ansichtskarten, Blei stiften, Stahlfedern, Siegellack, Federhaltern, Briefbogen u. s. w.; sie hat auch diesen Gewerbebetrieb behördlich angemeldet. Wenn nun jener Marken-Verkaufsstand geschaffen ist, um dem Publikum Erleichterungen zu schaffen, so ist das vollständig illusorisch, denn allein das Aussuchen von Ansichtskarten er fordert sehr viel Zeit. Aber besonders müssen wir dagegen protestieren, daß derartige Unternehmungen in einem öffentlichen Staatsgebäude geduldet werden und den Gewerbetreibenden durch staatlich angestellte Beamte derartige Konkurrenz bereitet wird. Wir bitten deshalb den hohen Reichstag, dahin wirken zu wollen, daß der Verkauf der erwähnten Gegenstände im Postgebäude zu Kassel verboten wird.- Verbot einer buchhändlerischen Ankündigung in Oesterreich. — Das k. k. Landesgericht Wien in Strafsachen als Preßgericht hat auf Antrag der k. k. Staatsanwaltschaft erkannt, daß der Inhalt der nichtperiodischen Druckschrift (Flugblatt) mit der Aufschrift: -Haben Sie schon gelesen?-, enthaltend die An preisung einer Broschüre der Fürstin Odescalchi, geb. Zichy, in seiner Gänze das Verbrechen nach ß 64 St. G. begründe, und es wird nach H 493 St. P. O. das Verbot der Weiterverbreitung dieser Druckschrift ausgesprochen. Wien, am 1. März 1900. Frankreichs Papier-Erzeugung. — Dem -lllovitsur äs la papstsris kranyaiss- entnimmt die Papierzeitung folgende An gaben des Herrn Failliot, Berichterstatters für die Papier-Abteilung auf der Pariser Weltausstellung 1900, die sich im amtlichen Aus stellungskatalog finden: 395 Fabrik-Firmen erzeugen in Frankreich auf 588 Papier maschinen annähernd 450 000 Tonnen Papier und Pappe jährlich.