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8442 Döpenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. 183, 8. August 1SV8 exemplar zu liefern hat, und das Sortiment würde ebenfalls einen Vorteil haben, insofern, als eine größere Anzahl von Bibliotheken Bücher, die sie jetzt als Pflichtexemplare be kommen, kaufen müßten. Würde noch der Vorschlag des Herrn Essel born Gesetz, daß die Königliche Bibliothek solche Pflichtexemplare innerhalb zweier Jahre nur innerhalb der Bibliothek benutzen lassen darf, so, meine ich, könnte sich auch der Verlagshandel mit einer solchen Regelung befreunden. Freilich würden die Berliner Sortimentshandlungen die Leidtragenden sein; aber auch sie würden nicht ganz leer ausgehen, da wenigstens eine Anzahl von Büchern von der Königlichen Bibliothek in noch einem Exemplar angeschafft werden müßte. Diese Zeilen sind schon vor einigen Monaten geschrieben. Inzwischen haben die Verhandlungen des sächsischen Land tags stattgefunden, in denen die Wiedereinführung der Pflicht exemplare für Sachsen (dort schüchtern Studienexemplare genannt) gefordert wird. Ich habe mich gefragt, ob ich nunmehr die Veröffentlichung nicht unterlassen solle. Ich unterlasse sie trotzdem nicht, möchte aber noch einen Zusatz machen. Mein Vorschlag, der sich an die Ausführungen Esselborns anlehnt, bezweckt nicht die Wiedereinführung der Pflicht exemplare an sich, sondern die Abgabe eines Exemplars an eine Zentralstelle, wohl am besten an die Königliche Bibliothek in Berlin, zur Sicherung des gesamten deutschen Schriftschatzes für ewige Zeiten. Zu erreichen ist ein solches Ziel nur durch den Zwang der Abgabe, denn wie ich schon aus- geführl habe, wird niemals so viel Geld für Bibliothekszwecke flüssig gemacht werden, um die gesamte deutsche Produktion zu erwerben. Da in den meisten deutschen Staaten der Verlag mehr als ein Pflichtexemplar abzugeben hat, würde in der Hergabe nur eines Exemplars eine Erleichterung für den Verlagsbuchhandel liegen. Dieser Vorteil wäre ein doppelter: einmal brauchte der Verleger nur ein Exemplar kostenlos herzugeben, zweitens hätte er die Aussicht, daß das zweite Exemplar, das er bisher umsonst geliefert hat, ihm jetzt abgekauft wird. Ebenso hätte das Sortiment dann den Vorteil, den Verkauf des bisherigen zweiten Pflichtexemplars zu vermitteln. Würde dem Verleger nun noch für teurere Bücher ein Entgelt in der Zahlung der Hälfte des Laden preises gewährt, so meine ich, daß auch der deutsche Verlag im Interesse der Erhaltung aller Denkmäler unseres Schrift tums das Opfer auf sich nehmen könnte. Ist es doch weniger die Wahrung wirtschaftlicher Interessen, die die Pflichtexem plare im Verlage so unbeliebt machen, als das Gefühl, einer Sonderbesteuerung unterworfen zu sein, die geradezu den Charakter einer Enteignung hat. Die Ungerechtigkeit, die dem Institut der Pflichtexemplare anhaftet, ist oft genug ge kennzeichnet worden, so jetzt wieder in dem Artikel von Hölscher, der im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel in Nummer 137 vom 16. Juni dieses Jahres abgedruckt ist. Freilich mögen sich die Bibliothekare die Verwirklichung einer Deutschen Zentralbibliothek nicht gar zu leicht um stellen. Es gehören dazu erhebliche Mittel, die vorläufig das Deutsche Reich kaum wird aufbringen können. Wie lange selbst der Neubau der Königlichen Bibliothek in Berlin aus reichen wird, wenn die gesamte deutsche Produktion in ihm aufgespeichert werden soll, ist eine Frage, die ich nur streifen will. Dazu kommen die Kosten für das Einbinden der Bücher, da ja die Buchbinder einen Pflichteinband für das Pflichtexemplar unentgeltlich nicht liefern werden, ferner für die Bibliothekare und die Hilfskräfte zur Aufnahme, Auf stellung usw. Diese Arbeiten erfordern Summen, über deren Höhe wohl bisher niemand eine Berechnung aufgestellt hat. Endlich — wenn man wirklich eine Vollständigkeit der Pro duktton mit allen den kleinen Schriften, die gar nicht in den Buchhandel kommen und mit denen so schön für die Idee der Pflichtexemplare auch in dem sächsischen Landtag Propa ganda gemacht worden ist, erreichen will — wird man einen umfassenden Überwachungsdienst mit ausreichendem Personal aufstellen müssen, der erstens alle die kleinen Schriften auf- stöbert und zweitens ihre Ablieferung mit Güte oder mit Gewalt erzwingt. Und das wird keine geringe Arbeit sein! Den sächsischen Landtag ging nun freilich die Schaffung einer Deutschen Nationalbibliothek nichts an; diese Idee würde ihn wohl auch sehr kühl lassen, ihn interessiert ledig lich, daß seit Aufhebung der Pflichtexemplare in Sachsen die Königliche Bibliothek in Dresden und die Universitäts- Bibliothek in Leipzig in ihren Leistungen mit der Zunahme der sächsischen Bücherproduktion nicht haben Schritt halten können. Daß dies lediglich beweist, daß die nötige äiliAsnti», die bei Aufhebung des Zwanges hätte aufgewendet werden müssen, nicht aufgewendet ist, mit andern Worten, daß die Mittel, die infolge der Aufhebung des Zwanges zur Ausgleichung hätten bereitgestellt werden müssen, nicht bereitgestellt sind. Auf diese Erklärung ist niemand gekommen, wohl weil der Ausweg, die Pflichtexemplare wieder einzuführen, als ein ungleich bequemerer und für den sächsischen Finanzminister, wenn auch nicht für den Verlag, erheblich schmerzloserer vorgezogen wurde. Das wäre ja nun freilich ein Familienzwist, der den außersächsischen Buchhandel erst in zweiter Linie an ginge. Denjenigen, der die Idee einer großen Deutschen Bücherei für ein erstrebenswertes Ziel hält, geht es aber näher an. Die Wiedereinführung des Pflicht exemplarzwanges in Sachsen würde die Schaffung einer Deutschen Zentralbibliothek unmöglich machen, sie würde dieser Idee den Todesstoß ver setzen. Also auch aus diesem Grunde muß ich den Be strebungen des sächsischen Buchhandels, sich der Wieder einführung des Pflichtexemplars in Sachsen mit allen Mitteln zu widersetzen, den besten Erfolg wünschen. * * » (Fortsetzung folgt.) Kleine Mitteilungen. Penstonrversicherun« -er Privatangestelltrn t« Österreich. (Vgl. Nr. 177 d. Bl.) — Die Österreichisch-Ungarische Buchhändler- Correspondenz veröffentlicht folgende Kundgebung des Zentralverbandes österreichischer Kaufleute über die Anmeldung zur Pensionsoersicherung der Privatangestellten und die bevorstehende Novellierung des Gesetzes. Der Präsidialrat des Zentralverbandes österreichischer Kauf leute hat in einer Dienstag, den 14. Juli stattgehabten Sitzung folgende Resolution einhellig beschlossen- Resolution: Mit außerordentlicher Verwunderung wurde in kauf männischen Kreisen der Erlaß des Ministeriums des Innern ausgenommen, der dle Anmeldung der versicherungspflichtigen Angestellten durch die Prinzipalität für die nächste Zeit anordnet, trotz der herrschenden völligen Unklarheit über den Umfang der Versicherungspflicht, welcher zudem durch die geplante Novellierung sicherlich verändert werden wird, trotzdem nach dem klaren Wortlaute des Gesetzes eine Pflicht zur Anmeldung erst am 1. Januar 1909 besteht. Speziell der Kaufmannschaft, welche nach wie vor die klare Ausscheidung der kaufmännischen Angestellten verlangt, deren Lebensoerhältnissen die Versicherung in gar keiner Weise ent spricht, und welche von der Novellierung endlich Klarheit über den Umfang des Gesetzes erwartet, ist es infolge der Vagheit und Unbestimmtheit der gesetzlichen Bestimmungen und der