Volltext Seite (XML)
^ 42, 20. Februar 1908. Fertige Bücher. Börsenblatt s, d. Dtschn. Buchhandel. 2077 Verlag von Egon Fleischel Sl Co., Berlin. Wir versandten Rundschreiben über folgende Neuheiten: Zosua Kerften Roman von Ernst Heilborn. Geheftet M. 5.—; gebunden M. 6.50 Dieser Roman bietet den Entwicklungs gang eines Jünglings, den es rastlos drängt, Klarheit über sich selbst zu gewinnen. Er kennt seine Eltern nicht und vermag es nie zu erkunden, wer sie gewesen. In der weltabgekehrten Häuslichkeit einer ties reli giösen Witwe ausgewachsen, sieht er seine Empfindungskraft zu voller Gemütstiefe geweckt. Als er später erfährt, daß er kein Anrecht auf die Frau besitzt, in der er die Mutter liebte, steht er dem Leben doppelt verwaist gegenüber. An die bewegten Bilder studentischen Treibens schließen sich farbenreiche Schilde rungen mondäner Künstlerkreise. Wie dort die Duellsrage, wird hier ein phantastisches Fest zum Ausgangspunkt seelischer Kon flikte. Immer steht Iosua Kersten inner lich vereinsamt unter frohen, geschäftigen Menschen und verfällt mehr und mehr in Zwiespalt mit sich. In der Enge einer Kleinstadt, darauf angewiesen, sich selbst sein Brot zu schaffen, lernt er es, über die Arbeit des Tages die eitle Selbstqual zu vergessen. So reift er zum Manne, so ge winnt er sich später die verlorene Iugend- geliebte wieder. Der Charakter des Helden ist mit feiner psychologischer Kunst geschildert. Mehr als eine der Gestalten aus diesem Buche lebt sich dem Leser ins Herz Der Wirklichkeit sind ihre Härten nicht genommen, aber hinter den wechselnden Alltagserscheinungen zeichnen sich die bleibenden Linien zeitlosen Seins. Das Buch vom Jäger Mart Roman von Hans von Hoffensthal Geh. M. 4.—; geb. M. 5.50 Der Dichter von „Maria Himmelfahrt" und „Helene Laasen" beschert seinen vielen Freunden in seinem dritten Roman wieder eine Geschichte aus Tirol, die den ganzen Zauber und die bestrickende Eigenart dieses feinsinnigen Poeten atmet. Wir sehen einen alten Edelmann, der nur daraus denkt, seinen Besitz zu vergrößern und abzurunden, ihm gegenüber steht der schwer arbeitende Bauer, der mit jeder Faser seines Herzens an dem ererbten Besitz hängt — auf der einen Seite den Sohn des Edelmannes, Offizier und Müßiggänger, als Schürzenjäger berüchtigt, hochmütig und adelsstolz, daneben seinen Iugendkameraden, den Sohn des Bauern, geraden Sinnes, grüblerisch veranlagt. Wie der alte Edel mann den Vater, so stürzt der junge den Sohn ins Llnglück, indem er ihm das Mäd chen seiner Liebe zu rauben sucht. — Alle Gestalten sind lebenswahr ohne Karikatur gezeichnet, der Mensch steht gegen den Menschen, und die Schicksale, die sich dramatisch knüpfen und spannen, lösen sich menschlich und harmonisch. Den starren Charakteren der Männer stehen als ver söhnendes Element die Frauen gegenüber, die die Wunden zu heilen oder zu lindern suchen, die sich die Männer geschlagen. Das Buch zeigt, daß Hoffensthal nicht stillsieht, sondern rüstig vorwärts schreitet auf dem Wege, der zum Gipfel der Kunst führt. Zettel zur gefl. Benutzung in der Anlage. Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 7K. Jahrgang. 271