Volltext Seite (XML)
269, 18. November 1889. Nichtamtlicher Teil. 6111 Nichtamtlicher Teil. Technische Rundschau im Buchgewerbe. 1889. Nr. 1l. Zunächst möchte» wir einen Blick in die Zukunft werfen nnd insbesondere die Herren Besitzer von Musikalien- Verlags und Sorti nie ntsgesch ästen bezw. von Musikalien-Lcihanstalten aus eine neue Erfindung aufmerksam mache», die möglicherweise i» absehbarer Zeit für sie von Bedeutung wird. Wir meinen das Grammophon von E. Berliner in Washington. (Dentsches Patent Nr. 45 048. Der Erfinder wohnt zur Zeit in seiner Vaterstadt Hannover, Hedwigstraße 6.) Wir dürfen als bekannt voraussetzen, daß drei Erfinder, der eben genannte Berliner, Tainter nnd Edison, fast gleichzeitig mit Apparaten austraten, welche Laute gleichsam aufspeichern und, so oft gewünscht wird, getreu und namentlich mit gleicher Klang farbe wieder z» Gehör bringen sollen. Phonograch heißt der Edisonsche Apparat, Graohophon der Taintersche und Gram mophon der Apparat von Berliner. Edison wie Tainter be dienen sich im wesentlichen zur Erreichung des Zieles gleicher Mittel nnd es weichen ihre Apparate nur in Einzelheiten ab. Träger der Laute sind hier Walzen, welche wir am besten mit den Walzen der Musikdose» und Drehorgel» vergleichen möchten. Diese Walzen, welche aus Seife nnd Wachs bestehen, haben für den Buch- nnd Musikalienhandel unseres Erachtens keine Be deutung, weil sic sich nicht vervielfältigen lassen und kaum sehr widerstandsfähig sein möchten. Ganz andere Wege hat Berliner mit seinem Grammophon cingeschlagen. Der Stichel seines Apparats gräbt sich nicht in eine Wachswalze ein, sondern arbeitet genau wie eine Radier nadel. Er schabt, mit anderen Worten, auf eine mit Aetzgrund überzogene Zinkplatte Wellenlinien ein, welche den Schwingungen der mit dem Stichel verbundenen Membran entsprechen. Diese Schwingungen aber sind wiederum der getreue Ausdruck der auf die Membran cinwirkendcn Schallwellen (menschliche Stimme, Ton von Instrumenten cc.). Die Platten werden nach beendeter Aufnahme ebenso behandelt wie Radierungen, d. h. es werden die bloßgelcgten Stellen mit Säure vertieft, was einige Minuten in Anspruch nimmt. So entsteht eine Platte, welche in einen be sonderen Apparat, das Hör-Grammophon, gebracht, die emvfangencn Laute wieder von sich giebt, sobald man die Platte in den Apparat legt und durch die Hand oder durch ein Uhrwerk in Drehung versetzt. Also eine singende oder redende Radierung. Besonders wichtig ist es nun für die Zwecke des Buchhandels, daß nian die Platten auf galvauoplastischem Wege beliebig vervielfältigen kann; ja es bietet die Photographie die Mög lichkeit, das Phvnvgramm oder die Schallplatte zu vergrößern, die Vergrößerung in eine Heliotypie zu verwandeln, und dadurch den To» derart zu verstärken, daß eine größere Versammlung ihn zugleich hören kann. Berliner geht sogar noch weiter. Er macht von seinen Schallplatte» auf der Kupfertrnckpresse Ab drücke auf Papier, die man nachher mittels Heliotypie wiederum in Platten mit vertieften Linien verwandeln kann. Das Grammophon unterscheidet sich weiter vom Phono graphen durch die Trennung des Aufnahme- von dem Wiedergabe- Apparate, eine Trennung, die schon deshalb geboten erschien, weil der Laie in der Regel außer stände ist, Platten zu ätzen. Dies nluß besonderen Anstalten Vorbehalten bleiben. Die Trennung hatte zur Folge, daß Berliner ein Hör-Grammophon für etwa 100 ^ abgeben kann, während der Phonograph mindestens 600 ^ kostet. Die Platten selbst kommen auf 2—3 ^ zu stehen. Die Verwertung des Grammophons durch den Buch- und besonders den Musikalienhandel denken wir nun uns etwa wie ^ folgt: Die Geschäfte, die den neuen Zweig in die Hand nehmen, verkaufen und verleihen einmal Hör-Grammaphone, sodann aber Platten mit beliebten Musikstücken, Vorträgen von berühmten Sängern oder Deklamatoren, Reden hervorragender Männer rc. Möglicherweise würden auch gut Vortragende Schriftsteller einen Vorteil darin finde», ihre Wecke auch auf diesem Wege, und nicht mehr bloß mittels Druckerschwärze bekannt zu machen. Wir legen jedoch das Hauptgewicht auf die Wiedergabe von Musik, »veil Grainmopbon wie Phonograph natur gemäß gesungene oder gespielte Noten stets besser wieder geben werden, als gesprochene Laute. Wer, ivie wir, Ge legenheit hatte, beide Apparate zu hören, wird unserer An sicht wohl beipflichten. Die Schallplatte ist darin der Dreh orgel, der Musikdose und allen mechanischen Musikinstrumenten überlegen, daß sie, wie gesagt, die Klangfarbe des Originals wiedergiebt. Dieser Umstand dürfte ihr an sich schon zum Siege verhelfen. Wir kommen nun zu den neuerdings ausgegebenen Patenten ans der Klasse Druckerei: Patent Nr. 49 339 wurde Albert Stolzenwald in Berlin auf einen neuen Titelschriftkasten ecteilt, dessen wir bereits einmal ermähnten. Die jetzige Auf bewahrungsweise dieser Schriften zwischen langen Holzleisten hat de» Nachteil, daß die zurückbleibendcn Typen Umfallen, sobald man eine größere Zahl aus der Reihe zum Gebrauche heraus nimmt. Ten Uebelstand beseitigt der Genannte durch Zwischen wände aus dünnem Blech, Stachelspatien geheißen, welche zwischen den Leisten so verteilt werden, daß immer eine kleine Gruppe von Typen gleichen Schristzeichens von den Plättchen begrenzt wird. Diese Spatien werden mittels der Stacheln festgehalten, die man in das Holz des Kastens eindrückt. Der Schließapparat von I Egle in Mülhausen (Elsaß) ermöglicht es, jede Schriftform, ohne Anwencmng von Aussüll material, einznpressen, indem die Längs- nnd Querstege sich zu einem beliebig großen Quadrat znsammensügen lassen. (Patent Nr. 49 331.) — Unter Nr 49 36l ließ sich Harvey Dalziel in London eine Unterlage für Stereotypplatten und Gal vanos patentieren. Diese Unterlage besteht aus Gußeisen und ist, zur Erzielung eines geringeren Gewichts, hohl. Sie trägt an ihrer obere» Seite Greiser oder Ansätze, welche die Platten festhalten. Die Weltfirma Edg. König in Kloster Oberzell erhielt unter Nr. 49265 ein Patent ans eine Schön- und Wiederdruck- maschine mit einem schwingenden Drnckeylinder. Die beiden Druckflächen sind hier ans nur einein Cylinder getrennt an geordnet, so daß die Zurichtungen getrennt gemacht werde» können. Ferner steht der Cylinder in unmittelbarem Eingriffe mit der Zahnstange des Fundaments und macht, von dieser bewegt, eine stets hin- und herschwingende Bewegung. Der Schöndruck wird ans dem Hinwege und der Wiederdruck aus dem Rückwege gedruckt. Die Tiegeldruckpresse der Schnellprcssenfabrik von Albert L Co. in Frankeuthal (Nr 49 243) hat eine Einrichtung, welche es ermöglicht, dem schwingenden Drucktiegel, während des Ganges der Maschine, eine solche Stellung zu geben, daß der Druck gegen die Form aufgehoben, das Papier also nicht bedruckt ivird. Der Tiegel ist demgemäß verstellbar. — I. Missong in Höchst a/M. erhielt unter Nr. 49 375 ein Zusatzpaient zu Nr. 43 544, d. h zu der ihm patentierten Einrichtung zum Zu führen der Papierbogen a» Druckmaschinen. . Der Zusatz be trifft die Anpassung der Einrichtung an sehr schnell gehende Maschinen, namentlich an Rvtationspressen, und soll dem etwaigen Reißen des Papiers Vorbeugen. Folgendes Verfahren zum gleichzeitigen Drucken mehrerer Farben hat sich P. I. Haass in Mainz unter No. 49 597 patentieren lassen. Der Erfinder will »mit nur einmaligem Drucke und auf ein nnd derselben Platte farbigen Druck mit schwarzen Konturen in beliebig vielen Farben« Her stellen. Er verwendet hierzu poröse Körper in der Form von